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Susannah - Auch Geister koennen kuessen

Titel: Susannah - Auch Geister koennen kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot Yvonne Hergane-Magholder
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einschließlich meiner Mutter – sie nicht sehen können.
    Ich hab bisher noch niemanden getroffen, dem es so geht wie mir. Jedenfalls hat noch niemand zugegeben, Geister sehen zu können.
    Was zur zweiten Lektion führt, die ich an jenem Tag vor vierzehn Jahren gelernt habe: Auf lange Sicht ist es besser, nicht zu sagen, dass man einen Geist gesehen hat. Oder mehrere, wie in meinem Fall.
    Meine Mutter hat an dem Nachmittag damals wohl kaum begriffen, dass es ein Geist war, auf den ich da zeigte und wegen dem ich aufgeregt brabbelte. Wahrscheinlich hat sie gedacht, ich wollte ihr etwas zu der Maus sagen, die sie mir am selben Morgen abgeknöpft hatte. Sie sah jedenfalls nur stoisch die Treppe hoch und sagte nickend: »Hm-hm. Okay, Suze. Was möchtest du denn heute zu Mittag essen? Gebackenen Käse? Oder Thunfisch?«
    Ich hatte auch nicht wirklich damit gerechnet, dass sie genauso reagiert wie auf die Maus – sie hatte nämlich in diesem Moment damals gerade das Neugeborene einer Nachbarin im Arm gehalten und beim Anblick der Maus in meinen Armen einen schrillen Schrei losgelassen und noch viel mehr geschrien, als ich erklärt hatte: »Guck mal, Mommy, jetzt hab ich auch ein Baby.« (Was sie, wie mir später klar wurde, nicht verstanden haben kann, schließlich hatte sie auch nicht verstanden, was ich über den Geist gesagt hatte.)
    Aber ich hätte zumindest erwartet, dass sie das Wesen, das da oben auf dem Treppenabsatz schwebte, wahr nahm. Immerhin bekam ich doch zu jedem Ding, das mir so begegnete, vom Hydranten bis zur Steckdose, Er klärungen geliefert. Warum also nicht auch zu dem Wesen an der Treppe?
    Aber als ich kurz darauf am Tisch saß und an meinem gebackenen Käse mümmelte, wurde mir klar, dass meine Mutter deswegen keine Erklärung für das graue Ding hatte, weil sie es selber nicht hatte sehen können. Für sie war es gar nicht da gewesen.
    Als Zweijährige findet man das nicht wirklich merkwürdig. Damals war es für mich nur ein weiterer Aspekt, der Kinder von Erwachsenen unterschied. Kinder mussten ihr Gemüse aufessen, Erwachsene nicht. Kinder konnten auf dem Karussell im Park fahren, Erwachsene nicht. Kinder konnten graue Wesen sehen, Erwachsene nicht.
    Und obwohl ich erst zwei Jahre alt war, verstand ich, dass das kleine graue Ding an der Treppe etwas war, worüber man einfach nicht sprach. Niemals. Mit niemandem.
    Also sprach ich nie mehr darüber. Ich hab nie jemandem von meinem ersten Geist erzählt, auch nicht von den anderen Hunderten von Geistern, die mir im Laufe der folgenden Jahre über den Weg liefen. Was hätte es da auch zu sagen gegeben? Ich konnte sie sehen. Sie sprachen zu mir. Meistens konnte ich nicht verstehen, was sie sagten und was sie wollten, und dann gingen sie irgendwann weg. Ende der Geschichte.
    Wahrscheinlich wäre es bis in alle Ewigkeit so weitergegangen, wenn mein Vater nicht eines Tages plötzlich gestorben wäre.
    Ja, einfach so. Gerade noch war er da gewesen, hatte in der Küche gestanden und gekocht und wie immer Witze gerissen und am nächsten Tag war er weg.
    Und er würde – wie mir jeder in den darauffolgenden Wochen versicherte, die ich auf der Treppe vor unserem Haus auf seine Heimkehr wartete – nie wieder zurückkommen.
    Natürlich glaubte ich ihnen nicht. Wieso auch? Mein Dad und nicht zurückkommen? Waren die alle doof oder was? Klar, vielleicht war er gestorben. Das hatte ich schon kapiert. Aber deswegen würde er doch trotzdem auf jeden Fall zurückkommen. Wer sollte mir denn sonst bei den Mathehausaufgaben helfen? Wer sollte samstags ganz früh mit mir aufstehen und mir belgische Waffeln backen und mit mir Zeichentrickfilme gucken? Wer sollte mir, wie versprochen, das Autofahren beibringen, sobald ich sechzehn war? Mein Dad war vielleicht tot, aber ich würde ihn garantiert wiedersehen. Ich sah doch jeden Tag einen Haufen Toter. Wieso also nicht auch meinen Vater?
    Und ich sollte recht behalten. Ja, Dad war tot, daran gab es keinen Zweifel. Er war an einer schweren Gehirnblutung gestorben. Mom hatte ihn feuerbestatten und seine Asche in einen antiken deutschen Bierkrug füllen lassen, so ein Ding mit Klappdeckel. Mein Dad hatte Bier immer sehr gemocht. Sie stellte den Krug ganz weit oben aufs Regal, wo die Katze nicht drankam, und manchmal ertappte ich sie dabei, wie sie mit ihm redete.
    Was mich richtig traurig machte. Ich meine, klar, man kann es ihr nicht verdenken. Wenn ich's nicht besser gewusst hätte, hätte ich vermutlich auch mit dem

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