Susannah Bd.3 - Auch Engel sind gefährlich
Ohne vorher anzurufen. Wenn ein Typ so etwas mit mir versuchen würde«, sie schnippte mit den Fingern, »dann wäre er ratzfatz weg vom Fenster.«
Ich zuckte mit den Schultern. An der Ostküste tickten viele Uhren anders. In der Großstadt tauchte man nicht einfach vor der Haustür eines anderen auf, ohne vorher angerufen zu haben. In Kalifornien galten solche »War gerade in der Gegend«-Besuche dagegen durchaus als akzeptabel, hatte ich festgestellt.
»Aber gib dir keine Mühe, ich nehme dir sowieso nicht ab, dass du auf den Kerl stehst«, fuhr Gina fort. »Ich weiß zwar nicht genau, was da zwischen euch läuft, aber mit erotischer Anziehungskraft hat es nichts zu tun.«
Ich dachte flüchtig daran, welche angenehme Überraschung Michaels unbekleideter Body gewesen war. »Na vielleicht doch?«, sagte ich seufzend.
»Ich bitte dich.« Gina reichte mir eine Handvoll Besteck. »Du und der Superfreak? Nie im Leben. Also, raus damit - was läuft da wirklich zwischen euch?«
Ich starrte auf das Besteck, das ich in die Spülmaschine stellte. »Ich weiß es nicht«, entgegnete ich. Ich konnte ihr doch unmöglich die Wahrheit sagen. »Es ist nur … Ich hab so das Gefühl, dass hinter diesem Unfall mehr
steckt, als Michael sagen will. Auch Mom scheint irgendwas zu wissen. Ist dir das auch aufgefallen?«
»Ja, allerdings«, meinte Gina, nicht gerade grimmig, aber auch nicht fröhlich.
»Deswegen … Ich muss ständig dran denken, was da wirklich passiert ist. In der Unfallnacht. Weißt du, das heute Nachmittag … das war nämlich keine Qualle.«
Gina nickte nur. »Das hab ich mir schon gedacht. Ich nehme an, das hat alles irgendwie mit dieser MittlerSache zu tun, was?«
»Irgendwie schon«, sagte ich unbehaglich.
»Okay. Schätze mal, das erklärt auch die Sache mit dem Nagellack neulich?«
Ich schwieg. Stumm steckte ich eine Gabel nach der anderen in die Plastikfächer der Spülmaschine. Dann die Löffel. Und die Messer.
»Also gut«, sagte Gina schließlich, drehte das Wasser ab und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. »Was soll ich tun?«
Ich blinzelte sie an. »Du? Was denn tun? Du sollst gar nichts tun.«
»Komm schon, ich kenne dich doch, Suze. Du hast letztes Jahr nicht deswegen neunundsiebzig Mal die Schule geschwänzt, weil du dir ein Frühstück im Mickey D’s gönnen wolltest. Ich weiß genau, dass du unterwegs warst im Kampf gegen die Untoten, damit diese Welt für Kinder ein Stückchen sicherer wird und so weiter. Also, wie kann ich mich einbringen? Soll ich dir Rückendeckung geben?«
Ich biss mir auf die Lippen. »Na ja …«, sagte ich zögernd.
»Hör zu, um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Jake hat gesagt, ich soll nachher mit auf seine Pizza-Runde - sehr verlockend, sofern man drauf steht, hinterher total dreckig und nach Pepperoni-und-Ananas-Pizza stinkend nach Hause zu kommen. Aber wenn du möchtest, kann ich auch hierbleiben und mit Brad abhängen. Er hat mich eingeladen, mit ihm sein absolutes Lieblingsvideo anzugucken.«
Ich sog entsetzt die Luft ein. »Doch nicht etwa Hellraiser III , oder?«
»Doch, genau den.«
Dankbarkeit wogte in mir auf und schlug über mir zusammen wie die richtigen Wellen, die mich heute beinahe verschluckt hätten. »Das würdest du für mich tun?«
»Für dich, liebe Suze, würde ich so ziemlich alles tun. Also, was soll ich machen?«
»Na gut.« Ich warf das Geschirrtuch beiseite, das ich in der Hand gehalten hatte. »Wenn du heute hierbleiben und so tun könntest, als läge ich oben mit Bauchkrämpfen im Bett, wäre dir meine Dankbarkeit bis in alle Ewigkeit gewiss. Wenn man Bauchkrämpfe sagt, traut sich keiner nachzufragen. Erzähl ihnen einfach, ich wäre in der Badewanne, und später kannst du sagen, ich wäre früh zu Bett gegangen. Und könntest du ans Telefon gehen, falls jemand für mich anruft?«
»Wie Ihr wünscht, Herrin der Dunklen Mächte.«
»Oh, Gina.« Ich packte sie bei den Schultern und schüttelte sie leicht. »Du bist echt die Beste. Die Allerbeste. Vergeude dich nicht auf meine Stiefbrüder. Du hast etwas viiiiel Besseres verdient.«
»Hey, du kapierst es einfach nicht, was?« Gina schüttelte erstaunt den Kopf. »Deine Stiefbrüder sind echt heiß. Na ja, der kleine Rotschopf natürlich nicht. Ach, und noch was …«, sagte sie, während ich schon zum Telefon eilte, um Pater Dominic anzurufen. »Du schuldest mir was für diesen Abend, klar?«
Ich sah sie an. »Du weißt doch, dass ich nur
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