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Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst

Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst

Titel: Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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das Narkosezimmer, um ihren Tisch zu überprüfen. Es würde natürlich alles vorbereitet sein, und sie konnte kaum noch etwas tun. Aber sie fühlte das Bedürfnis, sich davon zu überzeugen, daß nichts fehlte. Es erschien ihr wie eine Art Treuegelöbnis zu Herrn Tait.
    Sie musterte den Tisch mit aufmerksamen Augen. Wenn sie mit dem Bürsten fertig war, wollte sie noch ein paar Nadeln, Nadelhalter und Katgut hinzufügen. Vielleicht sollte sie auch noch ein zweites
    Paar Gummihandschuhe bereithalten. Sie würden wahrscheinlich nicht gebraucht werden, aber es konnte nichts schaden, sie in Reserve zu haben - für alle Fälle.
    Nachdenklich bürstete sie sich Hände und Arme. Warum mußte es ausgerechnet Dr. Carlson sein, der heute operierte? Sie hatte noch nie mit ihm zusammen gearbeitet, wußte aber aus Erzählungen, daß er schwierig und anspruchsvoll war. Fräulein Lester würde sie nicht aus den Augen lassen. Wenn immer Dr. Carlson einen Wutanfall bekäme, würde sie natürlich denken, sie wäre schuld daran. Susys Augen füllten sich vor Nervosität mit Tränen, die ihr die Wangen hinunterliefen, als ihr noch etwas anderes einfiel. Augenblicklich waren alle Operationsschwestern beschäftigt, aber einige würden gewiß frei sein, bevor Herrn Taits Operation beendet war. Wenn Fräulein Lester aus irgendeinem Grund unzufrieden war, würde sie Susy während der Operation durch eine andere Schwester ablösen lassen.
    Und Susy hatte Herrn Tait doch versprochen, die ganze Zeit über bei ihm zu bleiben! Sie mußte ihr Versprechen halten, komme was wolle.
    Susy klammerte sich nur noch an diesen einen Gedanken. Sie dachte nicht mehr an ihren Ruf als Krankenschwester. Der war sowieso dahin, wenn sie Dr. Carlson assistieren mußte. Die Hauptsache war jetzt, daß es ihr gelang, bei dieser Operation durchzuhalten. Vielleicht, wenn Dr. Carlson guter Laune war —
    Aber Dr. Carlson war durchaus nicht guter Laune. Das sah Susy sofort, als sein gewaltiger Körper mit dem roten Gesicht in der Tür des Operationssaales erschien. Er warf einen kurzen Blick auf Herrn Tait, der unter der Obhut der Narkoseschwester schlummerte, und sagte dann mit unheimlicher Freundlichkeit zu den beiden Operationsschwestern und den Assistenzärzten Dr. Sutton und Dr. Parker, er erwarte, alle so ungeschickt wie gewöhnlich zu finden.
    Die Assistenzärzte wechselten einen Blick. Die Narkoseschwester sah mit unverhohlenem Mitleid zu Susy hin.
    Fräulein Lester half Dr. Carlson in den Operationsmantel und band ihm die Maske um. Der große Mann riß schnaubend seine Gummihandschuhe vom Tisch und streifte sie über, ohne Susys Hilfe abzuwarten. Fräulein Lester, die noch nervöser als Susy zu sein schien, warf ihr einen mißbilligenden Blick zu.
    Nun musterte Dr. Carlson den Tisch der Assistenzärzte. Immer noch schnaubend, nahm er ein Instrument in die Hand, prüfte es und warf es mit einem vernichtenden Blick auf Dr. Parker beiseite. Dann kam Susys Tisch an die Reihe.
    »Wo sind meine Nadelhalter?«
    »Hier unter dem Tuch.«
    »Was ist das?«
    »Das sind Ersatzhalter für den Fall, daß etwas passieren sollte. Ich dachte ...«
    »Das Denken überlassen Sie bitte mir! Es wird nichts passieren.«
    »Ach, du lieber Gott!« hauchte die zweite Operationsschwester.
    Dr. Carlson wandte sich schwerfällig um und durchbohrte den zitternden Krankenpfleger fast mit den Augen. »Wer ist das?« Fräulein Lester erklärte hastig, das Personal wäre knapp, und sie hätte daher einen neuen Mann für Dr. Carlsons Operation nehmen müssen. Es täte ihr sehr leid, aber sie wäre überzeugt, daß er seine Sache gut machen würde.
    Dr. Carlson schnaubte wieder. Dann wandte er sich dem Patienten zu. Sofort veränderte sich sein ganzes Wesen. Plötzlich war der große Mann besorgt, sanft und freundlich, aber nur für kurze Zeit.
    »Sind Sie imstande, den Patienten unter Narkose zu halten, bis ich mit der Operation fertig bin?« fragte er die Narkoseschwester mit grimmiger Miene.
    Sie sah ihn beleidigt an. »Ja, gewiß.«
    Er lächelte boshaft. »Na, Jungens, dann reißt euch gefälligst ein bißchen zusammen!« Er nahm das kleine Messer in die Hand.
    Es entstand ein langes Schweigen. Susy, die nur daran dachte, daß Herrn Taits Leben in den Händen des Arztes lag, reichte diesem aufmerksam Gazetupfer und Klammern. Dr. Carlson war einer der besten Chirurgen, denen Susy jemals zugeschaut hatte. Bewundernd beobachtete sie seine Hände, die sich geschickt, zart und mit unglaublicher

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