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Susanne Barden - 03 in New York

Susanne Barden - 03 in New York

Titel: Susanne Barden - 03 in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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Kleine Mädchen schoben mit würdiger und mütterlicher Miene ihre Puppenwagen durch die Grünanlagen oder lotsten eine Horde kleinerer Kinder über eine Hauptverkehrsstraße, während der heiße Atem vorbeiflitzender Wagen die kleinen nackten Füße anblies.
    Susy war oft ganz entsetzt, wenn sie mit ihrer Tasche am Arm vorüberging und beobachtete, wie unbedenklich und vertrauensvoll sich die kleine Gesellschaft in die Gefahren des Großstadtverkehrs stürzte. Daß es überhaupt noch Kinder in den Slums gab, lag offenbar nur daran, daß sie außerordentlich flink waren.
    Eines Tages kam ein Brief von Connie, in dem sie mitteilte, daß ihre Hochzeit am neunzehnten August stattfände, und zwar in der »Kleinen Kirche um die Ecke« in New York. Susy schrieb sofort an Bill. Bald darauf überraschte er sie mit der Nachricht, daß er Brautführer bei der Hochzeit sein werde. Froh erregt nahm sie Hut und Mantel und machte einen langen einsamen Spaziergang - obwohl sie schon den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war.
    Die große Stadt verwandelte sich in einen Backofen. Die Schwestern schleppten sich über glühendes Pflaster, dessen Hitze durch die Schuhsohlen drang. Der Hut hinterließ einen roten Streifen auf der Stirn, und auf dem Ärmel bildeten sich von den Lederriemen der schweren Tasche feuchte Streifen.
    In den Häusern staute sich die Hitze fast unerträglich. Die Bewohner hielten sich tagsüber auf der Straße auf, wo wenigstens hin und wieder ein kühler Luftzug vom Fluß her zu spüren war. Nachts schliefen sie auf Dächern und in Parks. Aber die Kranken lagen keuchend in der schweren stickigen Luft der Zimmer und warteten sehnsüchtig darauf, daß die Schwester ihnen ihre Leiden ein wenig erleichterte.
    Susy und Kit arbeiteten in dem ganzen Kreis, mal in diesem Bezirk, mal in jenem - wo immer eine Schwester Hilfe brauchte, Urlaub hatte oder krank war. Sie schickten unzählige Leute zur Erholung in die Berge, aufs Land oder ans Meer. Sie sandten blasse, unterernährte Kinder in Ferienlager und freuten sich, wenn sie braungebrannt und gekräftigt zurückkehrten. Sie kämpften mit Schwierigkeiten und erlebten Enttäuschungen.
    Und doch erlebten die Mädchen mehr Erfreuliches als Unerfreuliches; sie waren glücklich in ihrer Arbeit. Manchmal sehnten sie sich nach dem Tag, an dem sie endlich ihren eigenen Bezirk haben würden, an dem sie durch eine Straße gehen und sagen könnten: »Hierher gehöre ich. Diese Leute gehören zu mir.«
    Sie hatten bereits das Gefühl, als hätten sie nie woanders als in New York gelebt. Die große Stadt war ihnen ebenso vertraut geworden wie der Inhalt ihrer Taschen. Sie liebten die schlanken Türme der Wolkenkratzer; sie liebten die engen Schluchten der Straßen, die üppigen Schaufenster der Läden, die Theater, die Ufer des Flusses, auf dem behäbige Fähren durchs Wasser schäumten, kleine Schlepper dahineilten und große Ozeandampfer mit Ebbe und Flut aus- und einfuhren.
    Aber eines Tages wurde Susy aus ihrer glücklichen Stimmung gerissen - und zwar durch einen Brief von Bill.
    »Ich habe gerade Nachricht von Phil Sander über die Hochzeitsfeierlichkeiten erhalten«, schrieb er. »Und ich muß dir gestehen, daß mich der blasse Neid gepackt hat. Warum darf Phil im nächsten Monat das Mädchen seiner Träume heiraten, während ich meine Tage in Gesellschaft eines alternden, steifbeinigen Terriers verbringen muß? Was ist das für ein Leben, frage ich dich? Susy, Liebes, laß uns ebenfalls heiraten! Ich will mit dir zusammenleben. Auch du schreibst, daß du mit mir zusammenleben willst. Warum also nicht gleich - sofort? Ich brauche dich. Außerdem bin ich plötzlich altmodisch geworden und finde, daß der Platz einer Frau neben ihrem Mann ist. Dein Platz sollte neben mir sein, Susy. Bitte, laß uns heiraten! Jetzt, sofort! Ich liebe dich so sehr.«
    Susy wurde schneeweiß im Gesicht. Den offenen Brief in der Hand, ging sie in den Garten hinaus und ließ sich in einen Liegestuhl fallen. Dort las sie den Brief noch einmal langsam und sorgfältig durch. Dann starrte sie mit blinden Augen vor sich hin.
    Nach ein paar Minuten kam Kit lebhaft und lachend in den Garten, um Susy eine drollige Bemerkung Mariannas zu wiederholen. Als sie die reglose Gestalt im Liegestuhl sah, brach ihr Gelächter ab. »Was ist denn los, Susy?«
    Susy bewegte sich nicht. »Alles ist los«, antwortete sie tonlos. Kit setzt sich neben sie. »Willst du mir nicht sagen, was es ist?«
    Susy blickte auf. »Wenn

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