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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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mir hast du’s ja auch so gemacht.«
    »Aber ich bin doch wirklich deine Freundin.«
    »Das meine ich ja; es ist echt. Und das spüren die Leute. Deine Patienten schwören auf dich, und Lot Phinney, Ira Prouty und Martha Edgett ebenfalls.«
    Die Erwähnung von Martha Edgett erinnerte Susy daran, daß sie ihren monatlichen Bericht abliefern mußte. Vielleicht hatte Kit Lust, sie zu begleiten.
    Natürlich hatte Kit Lust mitzukommen. Sie wollte überallhin, sie wollte alle Menschen kennenlernen, die Susy kannte. Ihre Tage in Springdale waren so angefüllt mit Besuchen und Gesprächen, daß sie wie ein einziger Tag verflogen. Trotz all dieses Trubels entging es Kit nicht, wie schweigsam und ungesellig Marianna geworden war. Ende der Woche fuhr sie mit Susy nach Winslow, um sich im Krankenhaus vorzustellen. Auf dem Rückweg brachte sie die Sache dann zur Sprache.
    »Hör mal, Susy«, begann sie, während der Wagen eine schwierige Steigung erklomm, »was ist eigentlich mit Marianna los? Sie benimmt sich wie der Hauptleidtragende bei einem Begräbnis.«
    »Ich weiß auch nicht«, antwortete Susy ein wenig zerstreut, die Augen auf die schmale ansteigende Straße gerichtet. »Das arme Ding langweilt sich wohl. Sie schließt sich nicht leicht an - und ich bin immer so beschäftigt.«
    »Um Himmels willen, Susy, wach auf! Marianna langweilt sich nicht, sondern ist bis oben hin mit bitterem Groll geladen. Es kocht und brodelt geradezu lebensgefährlich in ihr. Wenn man fünf Minuten allein mit ihr im Zimmer ist, sieht man sich unwillkürlich nach einem Schlupfwinkel um, für den Fall, daß man bei einer Explosion nicht mehr rechtzeitig fliehen kann.«
    Susy war ganz erschrocken. »Ist das wirklich wahr? Freilich, sie war in letzter Zeit recht zugeknöpft ...«
    »Zugeknöpft! Sie ist geradezu unerträglich!« Dann fügte Kit etwas milder hinzu: »Ich weiß, daß du den Kopf mit anderen Dingen voll gehabt hast. Dennoch versteh ich nicht, wie dir das entgehen konnte. Siehst du denn gar nicht, wie sie sich verändert hat? Früher gab sie sich doch wenigstens Mühe, anständig zu sprechen. Jetzt spricht sie fast ebenso schlecht wie zu der Zeit, als sie zu uns kam. Sie ist in ihren alten Zustand zurückgefallen.«
    »Und ich bin ein Idiot«, sagte Susy kläglich.
    »Ja, das bist du. Nun streng mal ein bißchen dein Gedächtnis an. Seit wann ist Marianna so verändert? Oder weißt du das auch nicht?«
    »Ich fürchte nein. Anfangs hatte sie hier vor allem Angst, doch das hat sich mit der Zeit gegeben. Anne sagt, sie sei in der Schule nicht beliebt, aber das dürfte Marianna kaum stören.«
    »Nein, das ist sicherlich nicht der Grund«, meinte Kit nachdenklich. »Wir müssen sie fragen, Susy.«
    Die Aussprache mit Marianna fand noch am selben Abend statt. Sie hatte sich sofort nach dem Essen in ihr Zimmer zurückgezogen. Etwas später gingen die Freundinnen zu ihr hinauf, Maxi ernsthaft hinterhertrabend. Die Tür von Mariannas Zimmerchen war verschlossen. »Das wird ‘ne schwierige Sitzung«, flüsterte Kit.
    Susy klopfte an die Tür. »Marianna! Hast du was dagegen, wenn wir ein bißchen zu dir kommen?«
    »Keine Spur!« Mariannas Stimme klang rauh. Ihr sonst so leichter und beschwingter Schritt war langsam und schwerfällig, als sie zur Tür ging, um zu öffnen. Ihre knochige Gestalt steckte in einem Morgenrock. »Kommt herein«, sagte sie und kehrte zu ihrem Stuhl am Fenster zurück.
    Die Mädchen setzten sich aufs Bett und sanken lachend in das dicke Federbett. Maxi beobachtete sie mißbilligend. Da sie keine Anstalten machten, ihm hinaufzuhelfen, trabte er beleidigt zu Marianna und setzte sich neben sie. Sie beugte sich zu ihm hinunter und streichelte ihn. Einen Augenblick herrschte Schweigen.
    »Ich habe mich heute in Winslow vorgestellt«, sagte Kit schließlich. »Schade, daß du nicht mitkommen konntest, Marianna! Die Fahrt war herrlich.«
    Marianna brummte etwas und nahm Maxi auf den Schoß. Susy krampfte sich bei ihrem Anblick das Herz zusammen. »Was für ein Trottel ich doch gewesen bin!« schalt sie sich innerlich. Sie hatte eigentlich vorgehabt, allmählich zum Thema zu kommen, nachdem sie vorher ein wenig geplaudert hatten, verwarf diesen Plan jedoch sogleich. Marianna war nicht in Plauderlaune. In ihren Augen lag der alte harte Blick, den Susy von früher her kannte. Sie war bleich, und ihre braunen Haare standen ihr wie Stacheln vom Kopf ab. Nur ihre Hände, die mit Maxis langen seidigen Ohren spielten, waren

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