Sushi Für Anfaenger
brummelte er entrüstet.
»Schönes Wochenende?«, fragte sie schneidend.
»O ja, es war wunderbar«, sagte Bill und hob zu einem ausführlichen Bericht an über Besuche, die seine Enkel bei ihm gemacht hatten und die er seinerseits bei seinen Enkeln gemacht hatte...
»Ich nämlich nicht«, unterbrach Lisa ihn.
»Das tut mir aber Leid«, sagte er teilnahmsvoll und fragte sich, was das wohl mit ihm zu tun haben könnte.
Das einzig Gute war, dachte Lisa, als sie mit dem Aufzug nach oben fuhr, dass sie ein paar Entscheidungen getroffen hatte. Wenn sie schon in diesem schrecklichen, entsetzlichen Land festsaß, dann würde sie ein Netz von Freunden aufbauen. Also, vielleicht nicht Freunde im eigentlichen Sinne, aber Leute, die sie »Darling« nennen und mit denen sie über andere Leute herziehen konnte.
Und sie würde mit jemandem schlafen. Einem Mann, präzisierte sie hastig. Die Neue Bisexualität, die sie in der März-Ausgabe von Femme zum Thema gemacht hatte, war nichts für sie eine unbeholfene Umarmung mit einem Model in der Met Bar war alles, wozu sie sich in der Lage sah. Sensibler Chic und Sex mit Frauen - das war nicht ihr Ding.
Das schreckliche Bedürfnis am Wochenende, Oliver anzurufen, war ein deutliches Zeichen dafür, dass sie einen Kerl brauchte. Aber wenn Jack sich mit Mai wie Burton und Taylor aufführen wollte, sagte sie sich mit wachsender Entschlossenheit, dann würde sie sich einen anderen suchen. Vielleicht würde ihn das zur Vernunft bringen. So wie es war, konnte es nicht weitergehen.
Natürlich war ihr klar, dass sie vielleicht nicht sofort den passenden Mann für eine Beziehung finden würde. Aber sie schwor sich, dass sie vor dem nächsten Wochenende, und das war das Mindeste, mit einem Mann schlafen würde.
Aber mit wem? Da war Jasper French, der gefeierte Chef- er hatte es unmissverständlich darauf angelegt. Aber er war zu grässlich. Dann war da Dylan, den sie mit Ashling gesehen hatte. Er war süß. Verheiratet, leider, sie würde ihm also nicht zufällig in einem Nachtclub begegnen. Vielleicht wäre es geschickter, wenn sie sich am Wochenende in einem Baumarkt herumtriebe.
»Großer Gott«, sagte sie laut und blieb stehen, als sie die Redaktion betrat. Überall lagen Champagnerflaschen, Becher, Alufolie und Drahtverschlüsse herum, und es roch wie in einem Pub. Offensichtlich hatte die Putzfrau es als nicht zu ihren Aufgaben gehörig betrachtet, die Reste der Feierei vom Freitagnachmittag wegzuräumen. Nun denn, aber Lisa würde nicht abwaschen, sie musste auf ihre Nägel Rücksicht nehmen. Das konnte Ashling machen.
Mit Neid und Verachtung stellte Lisa fest, dass alle anderen Mitglieder der Belegschaft zu spät kamen. Sie hatten drei wilde Tage durchgemacht. Sogar Mrs. Morley hatte, nach den zwei Bechern Champagner am Freitag, am Wochenende dem Alkohol kräftig zugesprochen.
Jetzt hatten sie mit den Nachwirkungen zu kämpfen - ein jeder war nörgelig und deprimiert, ganz besonders Kelvin, der bei der tragischen Suchaktion nach einem Kugelschreiber mit seinem Daumenring ein Loch in seinen aufblasbaren, orangefarbenen Rucksack gestochen hatte.
Während alle die schmutzigen Becher zu übersehen versuchten, wurden Vergleiche darüber angestellt, wie sich der Kater jeweils bemerkbar machte.
»Ich krieg es immer im Magen und nicht so sehr im Kopf«, vertraute Dervla O‘Donnell der Allgemeinheit an. »Und die Übelkeit gibt sich erst, wenn ich zwei Bacon-Sandwiches esse.«
»Nee, bei mir ist es Paranoia«, sagte Kelvin; zitternd wagte er einen verstohlenen Blick und senkte sofort wieder den Kopf.
Und sogar Mrs. Morley gestand: »Ich habe das Gefühl, mir würde jemand dauernd mit einem Dolch ins rechte Auge stechen.«
Wie gern hätte Lisa sich beteiligt, doch leider konnte sie nicht mitreden. Ihrem Unmut wurde die Krone aufgesetzt, als Mercedes, beladen mit Einkaufstaschen und behangen mit Airline-Anhängern, in die Redaktion rauschte. Offenkundig war sie über das Wochenende nach - man stelle sich das vor - New York geflogen. Verwöhntes Gör, dachte Lisa verbittert. Hatte die es gut. Und wie konnte es sein, dass alle darüber im Bilde waren, alle außer ihr?
Mercedes hatte den Auftrag gehabt, verschiedene Dinge zu besorgen: weiße Levis für Ashling - anscheinend kosteten sie in New York nur die Hälfte -, für Kelvin einen Stussy-Hut, den man in Europa nicht bekommen konnte, und eine Tüte mit Babe-Ruth-Schokoladenriegel für Mrs. Morley, die in den sechziger Jahren
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