Sushi Für Anfaenger
Schuldgefühle und die Qualen erklären? »Ich habe auch an dich gedacht, Ashling«, sagte sie niedergedrückt. »Doch, aber es war alles so schwierig. Du denkst vielleicht, dass nur Menschen in Seifenopern Affären haben, aber auch normale Menschen haben Affären. Es passiert einfach.«
»Aber mir? Wie konntest du es mir antun?«
»Ich weiß auch nicht. Aber du warst noch nicht lange mit ihm zusammen, und ihr wart ja nicht verheiratet, und ich war so lange so unglücklich. Ich habe mich so gefangen gefühlt, als würde ich verrückt -«
»Versuch nicht, Mitleid bei mir zu erregen! Du hast alles«, sagte Ashling heftig. »Warum musstest du ihn mir wegnehmen? Du hast doch alles.«
Clodagh konnte nur sagen: »Manchmal ist alles eben nicht genug.«
»Wann hat es mit Marcus angefangen?«
»Als du in Cork warst«, sagte Clodagh steif. »Er hat mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer gegeben -«
»Bellez-moi.« Ashling freute sich über Clodaghs überraschten Gesichtsausdruck. »Du und die meisten anderen Mädchen in Dublin haben mal einen von diesen Zetteln bekommen. Warum hat er mich vom Zug abgeholt?«
Clodagh zuckte unglücklich mit den Achseln. »Vielleicht hatte er Schuldgefühle.«
»Und wie ging es weiter?«
»Am Montag ist er hier vorbeigekommen. Da ist nichts passiert. Er hat mit mir Tee getrunken, und als er ging, hat er seine Tasse ausgewaschen. Es war nur eine Kleinigkeit -«
»Er hat gesagt: ›Meine Mammy hat mich gut erzogen‹«, fiel Ashling ihr ins Wort. »Ja, ich fand das auch sehr charmant.«
»Er liebt mich«, verteidigte Clodagh sich.
Wahrscheinlich stimmte das, erkannte Ashling, als der Schmerz sich durch die Schutzhülle ihrer Wut stieß. »Wie ging es dann weiter?«
»Er hat mich zum Kaffee eingeladen...«
»Und dann?«
»Und dann... ist er am nächsten Tag wieder hier vorbeigekommen.«
»Und dann hat er nicht nur seine Tasse abgewaschen.« Dieses Gespräch findet nicht tatsächlich statt; ich bilde mir das nur ein.
Clodagh nickte und vermied es, Ashling anzusehen.
»Bist du mit ihm in Edinburgh gewesen?«
Wieder nickte Clodagh niedergedrückt.
»Ich hätte nicht gedacht, dass er dein Typ ist«, sagte Ashling und wurde sich bewusst, dass ihr Gesicht vor Schmerz und Wut verzerrt war. Wie sie sich eine glatte, würdevolle Maske wünschte!
»Ich hätte das auch nicht gedacht«, gab Clodagh zu. »Aber seit dem ersten Abend, als ich ihn in dieser Show gesehen hatte, mochte ich ihn. Ich wollte das nicht, ich konnte nichts dafür.«
»Und was ist mit Dylan?«
Clodagh ließ den Kopf hängen. »Ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht... Ashling, ich habe unsere Freundschaft verraten, und das tut bestimmt mehr weh als das Ende deiner, ehm, Liebschaft.«
»Da irrst du dich«, berichtigte Ashling sie zornig, »es tut mehr weh, meinen Freund zu verlieren.«
Clodagh sah in Ashlings blasses, wütendes Gesicht und sagte unsicher: »So habe ich dich noch nie gesehen.«
»Wie? Wütend? Das ist ja längst mal fällig.«
»Was meinst du damit?«
»Du hast das schon einmal gemacht«, sagte Ashling. »Dylan war erst mein Freund.«
»Ja, aber... er hat sich in mich verliebt.«
»Du hast ihn gestohlen.«
»Warum hast du denn nie was gesagt?«, sagte Clodagh, plötzlich heftig. »Warum musst du immer das Opfer sein?«
»Ich bin also schuld?« Ashling war unerbittlich. »Ich sage dir eins. Wegen Dylan habe ich dir verziehen, aber diesmal verzeihe ich dir nicht.«
54
Verdammt«, dachte sie, »ich glaube, das hier ist ein Nervenzusammenbruch.«
Sie sah sich im Bett um, in dem sie hingestreckt war. Ihr kraftloser Körper war längst fällig für ein Bad, die Bettwäsche hätte längst gewechselt werden müssen. Feuchte, zusammengeknüllte Taschentücher lagen auf der Bettdecke verstreut. Auf der Kommode verstaubte unangetastet ein Vorrat an Schokolade. Mehrere Zeitschriften, auf die sie sich nicht hatte konzentrieren können, lagen über den Fußboden verteilt. Der Fernseher in der Ecke strahlte unbarmherzig sein Tagesprogramm direkt in ihr Bett aus. Stimmt, es sah nach Nervenzusammenbruch aus.
Aber irgendwas war nicht richtig. Was war es?
»Ich hatte immer gedacht...«, versuchte sie. »Also, ich hatte mir immer vorgestellt...«
Und dann wusste sie es. »Ich hatte immer gedacht, es würde schöner sein ...«
55
Clodagh dachte, sie hätte einen Zusammenbruch; sie war sich dessen sicher, aber sie musste aufstehen und Molly von der Kindergruppe abholen. Als sie zurückkam, legte
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