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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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nicht schon McDonald’s damit Werbung gemacht? Wenn nicht, dann sollten sie’s jedenfalls, dachte Clare.) Und außerdem waren kleine Mahlzeiten am Tag wichtig, um den Stoffwechsel in Schwung zu halten und die gerissenen weiblichen Fettzellen zu überlisten.
    Clare hätte einen Doktor in Diätwissenschaften machen können, wenn es so etwas gäbe (oder wenn sie in Amerika leben würde, wo es so etwas wahrscheinlich wirklich gab). Sicher wusste sie, dass Diätmachen absurd, kontraproduktiv und neurotisch war. Aber irgendwie konnte sie nicht anders. Sie hungerte ebenso reflexiv, wie sie atmete, obwohl sie schlau genug war, um einzusehen, wie lächerlich ihre Besessenheit mit dem Hungern war. Aber schließlich war jedermann von irgendwas abhängig, sagte sie sich, und es könnte schlimmer sein. Sie könnte alkoholabhängig sein, zum Beispiel, und Alkohol machte bekanntermaßen unheimlich dick.
    Dann fiel ihr ein, dass sie heute früh keine Zeit gehabt hatte, ins Fitness-Studio zu gehen, und mit einem schlechten Gewissen legte sie Messer und Gabel beiseite. Das Fitness-Studio gehörte zu ihrem Morgenritual: Ob wochentags oder am Wochenende, sie musste einfach auf den Stairmaster oder das Laufband, in ihrer unermüdlichen Jagd nach jener Nirvana genannten Fettverbrennungszone.
    Aber heute früh hatte sie es gerade mal so eben geschafft, sich für die Arbeit fertig zu machen. Ihr dunkelgrünes Kostüm mit dem neuen, knielangen Rock und dem kurzen Jäckchen war perfekt. Doch es war ihr schwer gefallen, ein Paar Ohrringe hervorzukramen, die sie sowohl professionell als auch kreativ aussehen ließen, und zu entscheiden, ob die dazu passenden Schuhe mit den Stilettoabsätzen ironisch und witzig wirkten oder sie eher als Modesklavin entlarvten.
    Ach, zum Teufel, wenn sie schon so viel Geld für diesen
hochkarätigen Brunch hingeblättert hatte, dann konnte sie ebenso gut auch etwas essen, sage sie sich und langte fresslustig nach einer Scheibe Vollkorntoast. In Anbetracht der horrenden Kosten für das Ticket konnte sie sich genauso gut auch eine zweite Tasse Kaffee leisten – scheiß auf die Cellulite. Im Übrigen ging es ihr dreckig; sie war deprimiert und verzweifelt. Und jeder wusste doch, dass man Kohlehydrate brauchte, wenn man verzweifelt war. Da ließ einem der Körper nun mal keine Wahl.
    Fiona dagegen kannte keine Diätsorgen. Wie gewöhnlich strich sie sich die Butter fingerdick aufs Hörnchen, ohne auch nur einen Funken schlechten Gewissens. Clare stellte sich die mollige und hübsche Fiona oft als robuste Milchmagd in einem dieser herrlichen Romane von Henry Fielding aus dem achtzehnten Jahrhundert vor: welliges, hellbraunes Haar, rosige Wangen, die Hände in die prallen Hüften gestützt.
    Fiona war Clares beste Freundin bei Verve , was hauptsächlich an ihrer herzerfrischenden Art lag, die ganze Welt als einen einzigen Witz zu betrachten, ihren Job eingeschlossen.
    »Ich hatte so hohe Ideale, als ich meinen Abschluss in Kommunikationswissenschaften machte«, seufzte Fiona beispielsweise mit gespieltem Ernst. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mein journalistisches Talent mal auf Artikel wie ›High-Tech-Haarentfernung‹ oder ›Wie schaffe ich es, dass meine Ferienwohnung genauso elegant wie ich aussieht‹ verschwenden würde.«
    So ungefähr das Einzige, was Fiona überhaupt ernst nahm, waren die drei Miniaturschnauzer, die sie über alles liebte und heftigst bemutterte. Alle drei schliefen nachts bei ihr im Bett, egal wer sich gerade darin befand. »Sie waren schließlich zuerst da«, beharrte sie, »und sie werden noch da sein, wenn der Kerl längst wieder verschwunden ist. Warum sollte ich sie also runterwerfen?« Überflüssig zu erwähnen, dass diese Einstellung
ihre Sexualpartner nicht gerade positiv überwältigte. Aber das machte Fiona nichts aus. In ihren Augen waren auch Männer eine große Lachnummer.
    Nach der sorgfältig modulierten Stimmlage von Gillian Sinclair zu schließen, näherte sie sich nun dem Ende ihres Vortrags. Clare wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Sprecherin zu, die gerade an ihr weibliches Publikum appellierte, den Journalismus davor zu bewahren, von einer Flutwelle versteckter Kameras, empörter Konsumenten, betrügerischer Handwerker, immer neuer Diäten, Unterwäsche und anderer Storys, die Produzenten dazu benutzen konnten, das blanke Hinterteil beiderlei Geschlechts zu präsentieren, erstickt zu werden.
    »Als Frauen ist es unsere Aufgabe, ja sogar unsere Pflicht, wenn

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