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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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Moderne Eltern wussten, wie wichtig es war, ein gewisses Individualleben zu bewahren, auch nachdem man ein paar Kinder in die Welt gesetzt hatte. Ansonsten müsste man ja der Tatsache ins Auge sehen, dass man – Gott bewahre! – alt wurde.
    Das Problem war nur, dass die Kiddys nicht kommen wollten. In ihrem Freundeskreis knallte eins nach dem anderen heraus, wie die Sektkorken an Silvester, wohingegen es Daisy und Tom nun schon seit drei Jahren ›probierten‹. Daisy konnte das Wort nicht mehr hören, ebenso wenig die dummen Frotzeleien wohlmeinender Bekannter, die sie wegen ihres sorglosen – weil kinderfreien – Lebens aufzogen.
    »Wird’s nicht allmählich Zeit, dass Sie sich ein paar Erben zulegen?«, hatte ihr Zahnarzt sie neulich halb scherzhaft gefragt, als sie zur Routineuntersuchung bei ihm war. »Immer nur lange ausschlafen und zwei Einkommen verprassen geht doch auch nicht, meine ich.« Sie hatte sich förmlich an den Stuhllehnen festkrallen müssen, um ihm nicht das Zahnsteinentfernungsinstrument in eins seiner haarigen Nasenlöcher zu rammen.

    Daisy hatte es satt, irgendwelche Freunde auf der Geburtsstation zu besuchen und sich entzückt über den schrumpeligen, missgelaunten Nachwuchs zu äußern. Sie wollte diejenige sein, die dort lag und mit einer lässigen Handbewegung auf das Plastikwägelchen mit dem Säugling verwies. Warum dauernd anderer Leute Babys in den Armen halten? Nicht, dass sie ihnen etwa den Nachwuchs neidete, nein – sie konnte nur schwer einsehen, wieso nicht endlich sie an der Reihe war.
    Ihr anfangs nur vager Wunsch, Kinder zu bekommen, hatte sich mit den Jahren zu einer tiefen Sehnsucht ausgewachsen. Sie wollte alles, die ganze Spannbreite der Erfahrungen – das lebhafte Strampeln des Babys in ihrem Bauch, das winzige, verhutzelte Neugeborene mit dem Flaumköpfchen, das quietschfidele, unbändige Kleinkind. Manchmal, wenn sie in zynischer Stimmung war, dachte sie, dass sie es vielleicht einfach nicht ertragen konnte, bei etwas zu versagen, was anderen scheinbar so mühelos gelang. Noch öfter aber sehnte sie sich nach dieser bedingungslosen, alles durchdringenden Liebe, wie sie Eltern mit ihren Kindern zuteil wurde, wie ihr jedermann versicherte. Ja, sogar die schlaflosen Nächte wünschte sie sich, und Flecken vom Bäuerchen auf dem Pulli.
    Aber wenn ihr noch einmal jemand empfahl, sie solle sich einfach entspannen und es würde schon klappen, dann bekäme sie einen Schreikrampf.
    Also lebten sie und Tom noch immer in ihrem viel zu großen Haus mit den vielen Gästezimmern, schauten abends viel zu viel fern und genehmigten sich jedes Wochenende einen ausgiebigen Brunch in ihrem Stammbistro an der schicken Strandpromenade von Sydney, wo sie in trauter Zweisamkeit die Beilagen der Sonntagszeitungen austauschten und jeder drei Cappuccinos schlürfte.
    Es war keine schlechte Ehe: Sie hatten selten Streit, Tom
käme nie auf den Gedanken fremdzugehen. Na ja, es war nur einfach so, dass Daisy insgeheim die schreckliche Überzeugung hegte, der Sinn einer Ehe läge nun einmal darin, eine Familie zu gründen, denn wozu sollte man sonst heiraten? Wozu das Küsschen an der Haustür, der ganze Ehealltag, wenn man nie morgens beim Aufwachen das Geräusch eifrig tapsender Füßchen in der Diele hörte?
    Das Zimmer, dem Daisy nun zustrebte, hieß früher ›das Kinderzimmer‹. Darin lag ein hübscher Teppich mit einem dezenten Stiefmütterchenmuster; in einer Ecke stand ein altmodischer Schaukelstuhl mit einer hohen, geraden Lehne, den Daisy einmal ersteigert und mit viel Mühe abgebeizt und erneut auf Alt getrimmt hatte – was ihr, wie sie fand, recht gut gelungen war, vorausgesetzt man schaute nicht zu genau hin. Doch im Lauf der Zeit waren beide stillschweigend übereingekommen, das Zimmer nicht mehr so zu nennen. Jetzt hieß es einfach ›das vierte Gästezimmer‹. Ein schmales Holzbett stand noch darin sowie eine große Zedernholztruhe, in der Daisy ihre alten Partykleider und den etwas ramponierten Hochzeitsschleier aufbewahrte, weil sie fand, dass das wundervolle Sachen zum Verkleiden abgäben.
    Sie warf sich auf das Bett, rollte sich zur Wand und zog die Beine an, die linke Hand zwischen die Knie geschoben. Jetzt nur noch schlafen, schlafen und alles, vor allem diesen albtraumhaften Tag, einfach für eine Weile vergessen …
    Kurz darauf klingelte erneut das Telefon und Daisy rappelte sich stöhnend hoch. Das war die Schattenseite ihres Traumjobs: Als Inhaberin einer kleinen

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