Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
vielmals entschuldigend, rasch auf die Bühne, schnappte sich ihre beiden Perkins und trachtete danach, sie schnellstmöglich vom Ort ihrer Schande zu entfernen. Vor der Studiotür angekommen, riss ihnen der Tonassistent die Mikros herunter, und Gavin, der womöglich noch fahriger wirkte als zuvor – falls das überhaupt möglich war -, schubste sie förmlich in den Lift hinein.
Sobald die Lifttüren zu waren, lehnte sich Daisy an die Wand und schloss die Augen.
»Na also«, meinte Mrs. Perkin selbstgefällig. »Das lief doch recht gut, oder? Sehr gut sogar. Finden Sie nicht, Daisy?«
»Im Vergleich wozu? Einem Autounfall?«, murmelte Daisy.
»Wie bitte, meine Liebe?«
Daisy blickte Mrs. Perkin und Samantha an. »Wirklich
eindrucksvoll, ja«, sagte sie mit einem entschlossenen Lächeln. »Und ich bin sicher, dass wir alle etwas aus dieser Erfahrung gelernt haben.«
»O ja«, bestätigte Mrs. Perkin. »Sammy wirkte anfangs ein bisschen nervös, aber zum Glück war ich ja da, um ihr zu helfen. Konnte doch nicht zulassen, dass meine Sammy im Fernsehen blöd rüberkommt.«
Mrs. Perkin tätschelte Samantha liebevoll die Wange, und Daisy merkte zu ihrer kompletten Überraschung, dass sie es vollkommen ernst meinte – sie hatte Samantha beigestanden, so wie sie es eben verstand. Unter diesem gigantischen Busen schlug ein Mutterherz, genauso voller Liebe wie jedes andere.
Daisy versuchte, sich vorzustellen, wie man es schaffte, das Wohl eines anderen so vollkommen über das eigene zu stellen. Das Muttersein musste wirklich eine sehr, sehr umwälzende Erfahrung sein, wenn es dazu führte, dass man nicht mehr selbst das Zentrum seines Universums war, sondern jemand anderes. Wahrscheinlich ungefähr wie damals, als die Leute feststellen mussten, dass nicht die Sonne um die Erde kreist, sondern die Erde um die Sonne.
»Können wir jetzt zu MacDonald’s gehen, Mama?«, quengelte Samantha.
Mrs. Perkin breitete die dicken Arme aus. »Sicher, Püppchen. Aber nur, wenn du dir einen Junior Burger ohne Pommes bestellst. Vergiss nicht, bikini-fit !«
Als Daisy außer Atem in den Warteraum der Privaten IVF-Klinik Sydney platzte, saß Tom bereits auf einem der blauen Plastikstühle, die Zeitschrift ›Eltern‹ offen auf seinem Schoß.
»Entschuldige, ich bin spät dran«, keuchte sie. »Bin noch von einem Anruf von Nell aufgehalten worden.« Sie gab ihm einen Schmatz auf die Wange.
»Spielt wohl eh keine Rolle. Wahrscheinlich müssen wir sowieso ziemlich lange warten«, meinte er düster und wandte seine Aufmerksamkeit wieder einem Artikel über die Vorund Nachteile von kurz hintereinander geborenen Geschwistern zu, durch den er sich gerade kämpfte.
Daisy warf sich auf den leeren Stuhl neben ihm und blickte sich um. Tom hatte Recht, der Warteraum war gerammelt voll. Es gab zwar einige Pärchen, die nebeneinander saßen, doch die meisten Plätze waren von einzelnen Frauen belegt. Es sah aus wie in den meisten Wartezimmern – weiße Wände, eine lange Theke, hinter der Empfangsdamen, die als Arzthelferinnen verkleidet waren, herumsaßen, und in einer Ecke ein Fernseher, in dem Sendungen über Fitness und ›Lifestyle‹ liefen. Eine Ecke des Wartezimmers bildete die Spielzone mit vielen bunten Spielsachen. Daisy fand das nett, auch wenn die Ecke im Moment nicht benutzt wurde. Direkt darüber hing eine große Pinnwand voller Fotos von Säuglingen und Briefen, zumeist auf himmelblauem oder rosa Briefpapier.
Daisy erhob sich und schlenderte dorthin, um einen genaueren Blick darauf zu werfen. »Danke, IVF-Klinik Sydney! Von Madeleine Jane«, stand auf einem Blümchenbriefpapier, daneben ein Foto von einem pausbäckigen Baby. »Für Doktor Bill, der geholfen hat, mich zu machen!«, stand auf einer anderen Karte, diesmal mit Teddybären bedruckt. Diese Menge von Babys – dicke, dünne, rotgesichtige, grimmige, grinsende, verquollene und schläfrige – war ziemlich verwirrend. Nun ja, zumindest schien die Klinik auf eine beachtliche Erfolgsrate verweisen zu können, dachte Daisy. Sie holte tief Luft.
Als sie wieder neben Tom Platz nahm, sah sie, dass er im Moment in einen Artikel vertieft war, in dem es darum ging, wann die rechte Zeit war, mit dem Töpfchentraining anzufangen. Daisy hatte Tom eigentlich von dem Fiasko mit den
Perkins erzählen wollen; doch nun merkte sie, dass sie eigentlich gar keine Lust dazu hatte. Irgendwie war es ihr zu mühsam, eine lustige Geschichte daraus zu fabrizieren. Stattdessen langte
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