Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
Vom Netzwerk:
sie auch nach einer Zeitschrift und musste nochmals an das Telefonat mit ihrer Mutter denken.
    Nell, energiegeladen wie immer und voller Pläne für die Jubiläumsfeier, hatte sogar über Weihnachten reden wollen.
    »Aber Weihnachten ist doch noch Monate weg«, hatte Daisy protestiert.
    »Man kann nie zu früh mit Planen anfangen. Ich dachte, ich mache heuer mal eine Gans«, meinte Nell tatendurstig.
    »Eine Gans!«, rief Daisy verblüfft. »Du bist einfach nicht zu bremsen, Mama. Und wie geht’s Dad?«
    »Hat immer noch diesen Husten«, gab Nell beiläufig Auskunft, »aber du Liebes? Du hast letztes Mal so müde ausgesehen.«
    Doch Daisy wollte sich nicht aushorchen lassen. »Mir geht’s prima, wirklich«, sagte sie fest.
    Natürlich ging es ihr alles andere als prima; sie hatte eine Scheißangst vor dem, was sie vielleicht gleich erfahren würden, ganz zu schweigen von dem Mut, den sie fürs Blutabnehmen und die Spritzen aufbringen musste. Der Himmel mochte verhüten, dass sie jemals eine ernsthafte Krankheit bekam, wie zum Beispiel Krebs. Daisy dachte oft, dass sie wahrscheinlich der erste Mensch wäre, der aus Angst vor Spritzen und dergleichen jegliche Behandlung verweigern würde.
    Als es bereits eine Viertelstunde über die Zeit war, begann Tom unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. Nach einer weiteren Viertelstunde warf er immer wieder besorgte Blicke auf seine Armbanduhr und brummelte vor sich hin. Als er schließlich anfing, mit den Fingern in die andere Handfläche zu trommeln, glaubte Daisy, es nicht länger ertragen zu können.

    Da blickte eine der Möchtegern-Schwestern am Empfang auf und zwitscherte: »Mr. und Mrs. Change? Dr. Bovis hat jetzt Zeit für Sie. Zimmer drei.«
    Daisy krampfte sich der Magen zusammen; sie erhob sich und griff nach Toms Hand. Er grinste ihr aufmunternd zu. Eine feine Haarsträhne fiel ihm in die Stirn. »Bitte anschnallen. Es geht los«, flüsterte er.
    »Ich glaube, ich hab ein kleines bisschen Scheißangst«, stammelte sie.
    »Wir können ja immer noch Nein sagen, wenn’s uns nicht passt.«
    »Abgemacht.«
    Hand in Hand marschierten sie zum Zimmer drei.
    Zu ihrer Enttäuschung war der Raum bis auf jede Menge blitzblanker, wuchtiger Möbel leer. Ein großer polierter Holzschreibtisch. Ein paar bequeme Klubsessel mit lavendelfarbenen Lederbezügen. An den Wänden jede Menge höchst offiziell aussehender Zeugnisse in glänzenden Messingrahmen. Und diskret an eine Wand geschoben eine Liege, auf der Manschetten lagen, wie sie fürs Blutdruckmessen verwendet wurden. Aber kein IVF-Spezialist, um sie mit einem fachmännischen Händedruck zu begrüßen und ihnen zu sagen, dass er all ihre Träume wahr machen werde.
    »Das ist doch Zimmer drei, oder?«, fragte Tom zweifelnd.
    »Stand jedenfalls an der Tür.«
    Sie nahmen auf den Ledersesseln Platz, und Daisy stellte ihre Handtasche genau neben ihrem rechten Fuß ab. Sie wischte ein wenig Dreck von einem Schuh. Tom trommelte in seine Handfläche.
    Plötzlich flog die Tür auf, und ein Luftzug wehte herein.
    »Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie warten ließ.«
    Eine laute, weittragende Stimme. Eine Stimme voller Tatendrang und Vitalität. Und überraschend jung dazu – eine
Stimme, die ebenso gut über eine Gruppe von Felskletterern hinwegschallen könnte, die sich soeben von einer Wand abseilen, oder über eine Firmenmannschaft, die nach der Arbeit noch Basketball trainierte.
    »Dr. Bill Bovis«, schmetterte er. »Aber Sie müssen mich Bill nennen. Und Sie sind wohl Mr. und Mrs. Change. Tom und Daisy, nicht wahr?«
    Tom sprang aus dem Sessel. »Tom. Wie geht es Ihnen?«, sagte er und reichte ihm eine große Pranke.
    Daisy erhob sich ebenfalls, streckte die Hand aus und warf einen ersten Blick auf den Mann, der nun, wie sie es sich seit Wochen erträumte, mit einem Zauberstab wedeln und alles in Ordnung bringen sollte, was nicht in Ordnung war.
    Er sah nicht älter als fünfundzwanzig aus, ein kräftiger junger Mann mit einem kurzen, dichten Mecki-Schnitt, der aussah wie ein glänzendes dunkelbraunes Seehundsfell. Sein Mund hatte sich zu einem breiten Lächeln verzogen, in dem fast zu viele weiße Zähne blitzten. Für den Winter eher ungewöhnlich, war er tief gebräunt. Daisy stellte sich sofort vor, wie er lange Urlaubstage in den Tropen verbrachte, mit einer Brieftasche voll von den Träumen anderer Leute.
    Bill ergriff ihre Hand und schüttelte sie energisch. Seine Handfläche fühlte sich samtweich und glatt an

Weitere Kostenlose Bücher