Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
Vom Netzwerk:
billigen Fusel aus einer Plastiktüte runterkippte. Schließlich machte sich Daisy einen Becher Kaffee – nicht ohne ihn vorher sauber zu reinigen – und setzte sich, um ihre Gedanken zu sammeln.
    Da gab’s nur eins. Sie musste anfangen, hier sauber zu machen. Allein die Vorstellung, dass sie, Daisy, als Heimchen am Herd eine totale Versagerin, das Haus ihrer Mutter in Ordnung bringen sollte, erschien ihr undenkbar. Wie ein Tabubruch. Freud hätte seine Freude daran gehabt, wäre er an etwas so Prosaischem wie Hausputz interessiert gewesen.
Was er natürlich nicht war, wo er seine Zeit doch weitaus saftigeren Themen widmen konnte. Na jedenfalls, dachte Daisy, die ihren Kaffee austrank und die Tasse, ihren neuen Vorsätzen getreu, hinterher sofort gewissenhaft auswusch, war es immer noch besser, als den ganzen Tag im Krankenhaus herumzuhängen.
    Der Dreck war eine natürliche Folge. Nell verbrachte den ganzen Tag bei Rob im Krankenhaus und wenn sie nach Hause kam, stand ihr gewiss nicht der Sinn danach, den Besen zu schwingen oder sich darum zu scheren, ob die Tassen weißer als weiß waren. Als sie gestern Abend aus dem Krankenhaus zurückkehrten, war Daisy viel zu erschöpft gewesen, um die Milchkleckse auf dem Küchentisch und die Staubflocken auf dem Boden zu bemerken, die dort herumwirbelten wie Steppenläufer. Nell und Daisy waren einfach durch die Tür gestolpert und umgehend in ihre Betten gesunken, Daisy noch ganz mit den Gedanken beim Krankenhaus und die anstrengenden Besuche dort. Es kam ihr fast so vor, als würde dort jedes Leben aus einem herausgesaugt, in diesem endlosen Wirrwarr von cremeweißen Wänden und fleckigem Linoleum. Patienten wie Besucher wurden zu anonymen Figuren. Sobald sie die Station betrat, wurde aus ihr Die Tochter, so wie Nell Die Ehefrau wurde und Rob Der Patient. Wie drei Pappfiguren sahen sie aus, dachte Daisy, drei Pappfiguren um und in einem Krankenbett.
    Wenigstens hatte Rob diesmal ein Zimmer für sich. Daisy war nach Melbourne geflogen, hatte ihren Mietwagen abgeholt und war anschließend gleich in die Klinik gefahren. Wie schon beim letzten Mal, so saß Nell auch diesmal an Robs Bett, doch heute in ihrer typischen Freizeitkluft, einer Art besserem Jogginganzug. Ihre Züge wirkten irgendwie verkrampft. Sie sah aus, als könnte sie ewig an Robs Bett sitzen, aber auch jeden Moment vor Erschöpfung zusammenklappen. Komisch, dachte Daisy, dass beides zugleich möglich ist.

    Zum Glück war Nell da, denn sonst hätte sie ihren Vater nicht wiedererkannt. In diesen wenigen Wochen war Rob um zwanzig Jahre gealtert, sein dürrer Körper lag zusammengekrümmt unter der windigen Bettdecke, das Gesicht hohlwangig. Die meiste Zeit musste er eine Sauerstoffmaske tragen, und überall ragten Schläuche aus seinem Körper, einige, um die Flüssigkeit aus seinen Lungen abzuleiten, andere, um Antibiotika zuzuleiten. Daisy fiel unwillkürlich der total eingegipste Mann am Anfang von Catch 22 ein – wie die Schwestern seinen Urinbeutel wechselten und das Fieberthermometer in das Loch in seinem zugegipsten Gesicht hielten.
    Wenigstens glitt ein schiefes Strahlen über Robs Gesicht, als er Daisy erkannte. Mit zitternden, steifen Fingern zog er sich die Sauerstoffmaske herunter und flüsterte: »Mein Liebling.«
    Daisy war peinlich berührt, als sie das hörte. Ihr Vater hatte nie Liebkosungen benutzt. Ihrem richtigen Vater wäre das überhaupt nicht in den Sinn gekommen – dieser kranken Version schon.
    »Grüß dich, Dad«, sagte sie, beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Hast mich schon eine ganze Weile nicht mehr in Sydney besucht, also dachte ich, ich komme wohl besser zu dir. Was höre ich da von wegen Lungenentzündung?«
    Rob schenkte ihr ein trockenes Lächeln. »Hab mir scheint’s’nen Virus eingefangen«, krächzte er. »Und die pumpen mich so mit Medikamenten voll, dass ich schon nicht mehr weiß, wo vorn und hinten ist.«
    Nell legte die Hand auf sein Knie, das sich unter der Bettdecke abzeichnete. »Dann sieh besser zu, dass du schnell wieder gesund wirst, damit wir hier raus können.«
    »Ich versuch’s, Liebes.«
    »Und jetzt setz deine Sauerstoffmaske wieder auf«, fügte Nell streng hinzu.

    Rob schnitt eine angewiderte Grimasse. »Das verdammte Ding geht mir furchtbar auf die Nerven.«
    »Aber du brauchst sie.«
    In diesem Augenblick schwang die Tür auf und eine Frau schob mit einem ›huhu!‹ einen Essenswagen voller Tabletts herein. Daisy kannte die

Weitere Kostenlose Bücher