Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
Gefühl, als würde sich eine gigantische Faust um ihr Herz krallen. »Du meinst, es hat keinen Zweck mehr?«
»Nein, ich meine, es kann nie mehr so sein wie früher. Alles ist anders geworden. Wenn wir’s nun vermasselt haben?«
»Nein, nein, keineswegs! Es muss nicht vermasselt sein«, sagte Daisy eifrig. »Ich bin echt ein Trampel, so egoistisch und stur. Und ich will überhaupt nicht, dass es wieder so wird wie früher, sondern will nach vorne schauen. Mit dir!«
»Und du sagst das jetzt nicht nur, weil dein Dad heute früh gestorben ist und du dich total mies fühlst?«
»Ich fühle mich mies, aber in einem anderen Zusammenhang. Dads Tod lässt mich die Dinge einfach neu sehen.« Daisy rieb Chumps Bauch mit einem beschuhten Fuß. »Ich habe erkannt, wie kostbar und wie begrenzt die Zeit ist, die wir haben. Obendrein unwiederbringlich! Dad wollte nur aus dem Krankenhaus raus und wieder nach Hause; er wollte nur sein eigenes, bescheidenes Leben leben dürfen, und das war nicht viel verlangt. Aber aus irgendeinem Grund wurde ihm das verwehrt. Mir war nie klar, wie endgültig der Tod ist – das klingt blöd, ich weiß, aber man kriegt wirklich keine zweite Hoffnung. Im einen Augenblick hatte er noch die Chance zu überleben, und in der nächsten war alles futsch, aus, kein Zurück mehr. Ich will keine Zeit mehr vergeuden. Wenn ich weiterleben darf, im Gegensatz zu Dad – dann will
ich wenigstens das Beste daraus machen. Ich will großartige Dinge: angefangen mit einer großartigen Tom-Daisy-Ehe.«
»Und was ist, wenn wir keine Kinder bekommen? Wenn du es wieder mal satt hast? Denn das wird kommen«, warnte Tom.
»Nächstes Mal werde ich durchhalten. Ich wollte immer wissen, was nach den Dürreperioden geschieht, nach den langweiligen Zeiten – ob sich all die Mühe und Plackerei wirklich lohnt. Das weiß ich jetzt und bejahe das auch. Wenn du’s noch mit mir aushältst?«
Es folgte eine lange Stille, und Daisy verkniff sich unwillkürlich das Atmen.
»Im Klartext: Ich darf jeden alten Morgenmantel tragen, den ich will?«, fragte Tom.
Daisy stieß ein Lachen aus, das halb wie ein Schluchzen klang. »Ganz bestimmt. Wen schert es, was für einen beknackten Morgenmantel du anhast? Und ich verspreche, nie wieder die Fernbedienung zu erwähnen. Aber diese Bohnen, all die Dosen im Schuppen, die würde ich doch sehr gerne einer Wohltätigkeitsorganisation spenden. Sie liegen uns jetzt lange genug auf der Leber.«
»Einverstanden«, grinste Tom. »Vorausgesetzt, wir finden eine, die zweihundert Dosen Baked Beans haben will.«
Chump rollte sich auf den Rücken, und seine weichen weißen Brusthaare schimmerten im schwachen Schein der Mondsichel.
»Ich liebe dich wirklich«, gestand Daisy. »Und ich sehe, was für ein wunderbarer Mann du bist.«
»Ich liebe dich auch, Daise. Und ich möchte gern, dass du das weiterhin spürst. Versprichst du mir, dass du’s mir rechtzeitig sagst, wenn du wieder einmal unglücklich wirst?«
»Der einzige Mensch, der für mein Glück oder Unglück verantwortlich ist, bin ich selber«, sagte Daisy fest.
Dann merkte sie, wie ihr erneut die Tränen über die Wangen
kullerten. »Obwohl, manchmal wirft einem das Leben schon ganz schöne Brocken in den Weg und dann muss man mit dem Schlamassel fertig werden.«
»Aber nicht allein!«
Tom beugte sich zur Seite und schlang den Arm um sie, zog ihren Kopf unter sein Kinn, sodass sie das stetige Pochen seines Herzens hörte. Still saßen sie unter den Sternen da, und Daisy empfand das erste Mal seit langer, langer Zeit ihr Schweigen wieder als friedvoll.
EPILOG
DIE ANDERE SEITE DER MEDAILLE – Zwei Schwestern tauschen und verraten uns ihr Geheimnis. Welche hat das bessere Los erwischt?
Verve , Ausgabe März
Als Verve -Redakteurin Clare Calloway uns anvertraute, dass ihre Schwester ein besseres Leben führt als sie selbst, wollten wir mehr wissen. (Und es gab zusätzlich einen Vorwand, uns zu einem Cappuccino zusammenzusetzen, was uns in unserer hektischen Redaktion immer willkommen ist.) Clare behauptete, dass ihre Schwester, Isobel Ashton, Hausfrau und Mutter von zwei Kindern, das große Los gezogen hat. Alles, was sie den lieben langen Tag tun musste, nachdem sie vor fünf Jahren aus der Jobtretmühle ausgestiegen ist, war, sich um ihre zwei wundervollen Kinder, Ellen, vier Jahre alt, und den kleinen Alex, elf Monate, zu kümmern.
»Einfach paradiesisch«, behauptete Clare, unser viel beschäftigtes Karriere-Girl.
Aber
Weitere Kostenlose Bücher