Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Topf gekriegt hätten.
    Doch die Frauen, die hier auf dem Rasen herumstanden, schienen zumindest gewillt, freundlich zu sein. Clare stellte fest, dass sie sogar so etwas wie Besitzerstolz auf Alex empfand, der in seinem roten, handgestrickten Pulli und dem dazu passenden Mützchen dahockte und alles und jeden angrinste.
    »Was für ein süßer kleiner Kerl«, sagte eine Mutter. Die Frau, die ungefähr im gleichen Alter wie Clare war, hatte ein offenes, frisches Gesicht und trug ihr honigblondes Haar in
einem Pferdeschwanz, der Clare an die Cheerleader in den Mädchenromanen erinnerte, die sie als Teenager geradezu verschlungen hatte.
    Clare war einen Augenblick lang versucht, so zu tun, als wäre sie Alex’ und Ellens Mutter, kam dann jedoch zu dem Schluss, dass man sie sowieso überführen würde. Ein paar von diesen Frauen kannten Iso mit Sicherheit. Im Übrigen konnte es sehr gut sein, dass sich diese strahlend gesunde junge Frau über irgendwelche einschüchternden Geburtswehen-Geschichten unterhalten wollte.
    »Ich bin nur ihre Tante«, gestand Clare. »Ich passe zwei Wochen lang auf Alex und seine Schwester Ellen auf.«
    »Die glücklichen Eltern«, lachte die Frau.
    Clare wollte gerade antworten, als sie Kindergekreisch, das vom Spielplatz herüberdrang, ablenkte.
    »O nein, das ist Ellen«, murmelte sie. »Könnten Sie kurz auf Alex aufpassen?«
    Die Frau nickte, und Clare stürzte sich ins Getümmel. Auf dem Spielplatz wimmelte es wie auf einem Ameisenhaufen. Sie fand Ellen unter der Schaukel, wie sie sich mit einem anderen kleinen Mädchen herumbalgte. Beide quiekten wie zwei kleine Ferkel.
    »Ellen!« Clare griff zu und zog die beiden Mädchen auseinander. Gleichzeitig langte ein zweites Paar Hände nach dem anderen Mädchen.
    »Jessica!«, donnerte eine Stimme.
    Clare, die sich mit Ellen auf den Armen aufrichtete, sah sich unversehens Auge in Auge mit einem Mann. Offenbar der Vater des kleinen Mädchens.
    »Tut mir Leid. Ich wusste nicht, was los war«, sagte Clare.
    »Dann sollten Sie sich nicht entschuldigen«, erwiderte er grinsend.
    Überrascht nahm sie ihn genauer ins Auge. Ein Mann in diesem Meer von Frauen und Kindern war recht ungewöhnlich.
Er schien in jeder Hinsicht durchschnittlich zu sein: eher jungenhaft, nicht allzu groß, hellbraune Haare. Nur seine Augen, die waren bemerkenswert, wie Clare irritiert feststellte. Die Sorte, die immer zu strahlen schien. Sie hasste solche Augen. Zumindest hatte sie nie begreifen können, warum einige Menschen solche Scheinwerferchen besaßen, während der Rest der Menschheit, genauer gesagt Clare Calloway, sich mit stinknormalen, stumpfen Glupschern begnügen musste.
    »Sie hat mich geschubst«, jammerte Ellen und begann sich auf Clares Armen zu winden.
    »Hab ich nicht«, jaulte prompt das andere Mädchen, das sich an die Beine seines Vaters klammerte.
    »Hast du doch«, entgegnete Ellen.
    »Genug«, mischte sich der Vater ein. »Wenn etwas schlimmer ist als zwei Mädchen, die miteinander raufen, dann ist es dieses blöde, einfallslose Hast-du-doch-hast-du-nicht-Zeug. Ich finde, ihr solltet euch jede bei der anderen dafür entschuldigen, dass ihr nicht friedlich miteinander gespielt habt.«
    Jessie, ein stämmiges kleines Mädchen mit einem zwar unmodischen, aber praktischen Bob-Haarschnitt, schob trotzig die Unterlippe vor.
    Der Mann beugte sich zu ihr nieder und sagte leise: »Nun komm schon, Prinzessin, du weißt doch, was sich gehört.«
    »Okay«, grummelte das kleine Mädchen. »Entschuldigung.«
    Clare, die von der ruhigen und doch autoritären Art, in der dieser Mann mit seiner Tochter umging, beeindruckt war, setzte Ellen ab und drehte sie herum, sodass sie das andere kleine Mädchen ansehen musste.
    »Jetzt bist du dran«, sagte sie.
    Ellen lächelte plötzlich. »Entschuldigung, Jessie. Willst du als Erste auf die Schaukel?«
    Das andere Mädchen nickte vergnügt, und die beiden hüpften davon.

    »Wieder eine Weltkrise in letzter Minute durch Friedensgespräche abgewandt«, sagte der Mann lachend zu Clare. »Wie wär’s mit einer Tasse Tee?«
    Clare stimmte sofort zu, doch dann fiel ihr schuldbewusst ein, dass sie Alex in der Obhut einer Wildfremden zurückgelassen hatte.
    »Ich muss bloß rasch den Kleinen holen«, informierte sie ihn kurz.
    Nachdem sie Alex und den Buggy von der freundlichen Dame mit dem Pferdeschwanz abgeholt hatte, sah Clare, dass Jessicas Vater bereits zwei Styroporbecher mit Tee, eine Platte Kekse und zwei Klappstühle