Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
einer Grimasse stöckelte sie ins Wohnzimmer zurück und schenkte sich noch ein Glas Wein ein. Wenn sie so weitermachte, war sie voll, wenn er endlich auftauchte. Er hätte zumindest anrufen und ihr sagen können, wann er kam. Oder ob er kam. Vielleicht war er ja so erschöpft vom Rumsitzen auf einem Filmset, wo überall Männer in dicken Werkzeuggürteln und wichtigen Mienen herumstanden, dass er beschlossen hatte, sich noch eine Nacht auf dem Land zu erholen.
Um sich abzulenken, zog sie einen weiteren »Liebe Marion« -Brief heraus.
Liebe Marion , hieß es da.
Ich habe mich in den Mann meiner besten Freundin verliebt. Natürlich habe ich ihm meine Gefühle noch nicht gestanden, aber aus seinem Verhalten schließe ich, dass er ähnlich empfindet. Er berührt manchmal meine Hand, wenn er mir ein Glas Champagner reicht, oder küsst mich auf den Mund, wenn wir uns nach einer Dinner-Party voneinander verabschieden. Jetzt weiß ich nicht, ob ich nur an mich denken und mich mit diesem Mann einlassen oder zu meiner Freundin halten und ihr von den Gefühlen ihres Mannes erzählen soll. Was würden Sie mir raten?
In gespannter Erwartung, »Lancelotti«
Clare nahm sich eine Hand voll Cashewkerne aus der Schale auf dem Couchtisch (»O ja, ich hab immer eine Schüssel frischer, sündteurer Knabbersachen rumstehen.«). Cashews waren die reinsten Kalorienbomben, aber sie war kurz vorm Verhungern. Sie nahm noch einen kräftigen Schluck Wein.
Liebe »Lancelotti«, tippte sie.
Was für eine absurde Frage. Natürlich sollen Sie die Finger vom Ehemann Ihrer »besten Freundin« lassen, wenn sie wirklich Ihre Freundin ist. Aber auch selbst, wenn nicht. Zuerst einmal wäre da Ihre Selbstachtung – wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie gerade die Ehe eines anderen zum Klo runtergespült haben? Und dann wäre da noch der betreffende Mann. Wieso um alles in der Welt wollen Sie sich mit jemandem einlassen, der seine Frau mit ihren besten Freundinnen betrügt und noch schlimmer, sie über ein harmloses Glas Champagner begrabscht? Klingt für mich nach einem reichlich fragwürdigen Charakter.
Sparen Sie sich Ihre romantischen Gefühle für jemanden auf, der sie mehr verdient. Manche Männer sind es einfach nicht wert, dass man wegen ihnen eine gute Freundschaft aufs Spiel setzt. Ja, einige sind nicht mal eine schlaflose Nacht wert. Also, meine Liebe, vergessen Sie Mr. Grabscher, und suchen Sie sich einen netten Mann mit Integrität. Er wird Ihnen sicher auffallen, denn er ist groß, dunkel, gut aussehend, und er kennt die Bedeutung eines freundschaftlichen Bussis auf die Wange, wenn es um IHRE Freundinnen geht. Und er wird Ihnen über den Weg laufen, wenn Sie’s am wenigsten erwarten. Sagt man jedenfalls.
Sie hatte sich gezwungen, während des Schreibens nicht auf die Uhr zu schauen, in der abergläubischen Hoffnung, dass er auftauchen würde, sobald sie aufhörte, dauernd auf die Uhr zu sehen.
Aber um 23:30 Uhr war immer noch keine Spur von ihm. Wütend, gelangweilt, hungrig und entmutigt fragte sie sich, ob sie bei ihm zu Hause anrufen sollte.
Natürlich würde es nicht gut aussehen, wenn sie ihn anrief; das würde ihm das Gefühl geben, verfolgt zu werden. Männer mussten glauben, dass sie die Jäger waren, denn sonst verlor die »Beute« beträchtlich an Attraktivität.
Clare fischte ihr Exemplar von Der Traummann aus dem
Gefrierfach und blätterte es durch, bis sie auf das Kapitel »Unnahbarkeit« stieß. Sie hatte beschlossen, in dieser Beziehung endlich einmal alles richtig zu machen, und Der Traummann – wie finde (und behalte!) ich ihn war ein internationaler Bestseller, also mussten die Autorinnen Bescheid wissen. Entweder das, oder sie hatten sich ihren Weg in die Oprah-Winfrey-Show mit Zähnen und Klauen erkämpft, was auch auf eine Art Talent schließen ließ.
Clare lehnte sich gegen den Küchenschrank, wobei sie von einem Bein aufs andere trat, um es sich in den hohen Absätzen etwas bequemer zu machen, und las.
UNNAHBARKEIT: Niemand hat Lust, etwas so Abgedroschenes und Manipulatives wie »die Unnahbare« zu spielen. Aber es geht hier schließlich um die lebensverändernde Erfahrung, den Traummann zu finden und nicht wieder zu verlieren. Die Wahrheit ist nun mal – ob es uns gefällt oder nicht -, dass Männer wie Kater sind. Sie mögen es nicht, wenn man hinter ihnen herjagt. Sie hüpfen gern auf den Schoß von jedem, der sie nicht zu mögen scheint. Das dürfen Sie nie vergessen, wenn es um den
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