Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
sowohl Isobel als auch Clare eine Spur schuldbewusst, dass sie es kaum erwarten konnten, bis diese »Konferenz« vorbei war, damit sie endlich hier rauskamen und für den Rest des Tages nach Hause gehen konnten. Clare dachte träumerisch an eine gemütliche Tasse Kaffee und die Sonntagszeitung. Isobel stellte sich Ellens und Alex’ strahlende Gesichter vor, wenn sie zur Tür hereinmarschierte.
»Ich werde nicht lang bleiben«, sagte Isobel und starrte zur dampfverhüllten Decke hinauf. »Ich kann’s kaum erwarten, die Kinder wieder zu sehen.«
»Absolut«, erwiderte Clare, die ihre Augen geschlossen hatte. »Ich kann mir vorstellen, wie komisch du dich fühlen musst. Ich meine, sie nicht die ganze Zeit um dich zu haben.«
Isobel lächelte. »Immer wenn ich diese Woche dein Auto benutzt habe, musste ich mich dauernd umsehen, weil ich dachte, sie wären da. Es war richtig komisch. Man gewöhnt sich einfach so daran, den ganzen Tag mit ihnen zusammen zu sein.«
»Kann ich mir vorstellen«, pflichtete ihr Clare mitfühlend bei.
In der nun folgenden Stille strich sich Clare unbehaglich über den nackten Bauch. Sicher hatte sich all das gedankenlose Hineinfressen von Spaghetti Bolognese und übrig gebliebenen Fischstäbchen mittlerweile auf ihrer Figur niedergeschlagen … Sie hatte mit Leo vereinbart, sich heute Abend zu treffen, bevor sie sich aufmachte, eine zweite Woche lang so zu tun, als wäre sie eine Hausfrau und Mutter von zwei Kindern. Sie wollte nicht, dass er dachte, sie würde schwabbelig und aufgedunsen werden, weder physisch noch mental.
Doch in ihrem Inneren flüsterte eine hartnäckige Stimme, ob dies nicht möglicherweise das letzte Mal war, dass sie einander sahen. Das Band zwischen ihnen erschien ihr derart dünn und provisorisch, dass es ja eventuell gar nicht existierte. Komischerweise machte ihr das gar nicht so viel aus, wie sie vermutet hätte. Nach dieser Woche mit den Kindern erschien ihr Leo so fern und vage, so zweidimensional wie eine Comicfigur. Aber vielleicht änderte sich das ja wieder, wenn sie sich gegenüberstanden. Denn normalerweise funktionierte das: wider Willen fühlte sie sich dann zu ihm hingezogen, zu seiner tiefen, heiseren Stimme und diesem Ausdruck kühler Belustigung. Er hatte diesen Trick drauf, die Augen zu verengen und sie humorvoll glitzern zu lassen. Damit kriegte er sie immer wieder.
»Also«, unterbrach Isobel Clares Gedanken, »nun erzähl schon, wie’s gelaufen ist. Waren die Kinder brav? Hat Ellen Probleme mit ihrem Husten gehabt? Haben sie ordentlich gegessen?«
»Null Problemo. Besonders jetzt, wo ich Phil dazu gekriegt habe, den Arsch aus seinem Sessel zu erheben und ein bisschen mehr zu tun«, erklärte Clare. »Obwohl ich zugeben muss, dass ich Alex nicht mehr ins Babyrobics gebracht hab. Ich weiß wirklich nicht, wie du das aushältst, er hasst es dort.
Ich hab ihn stattdessen versuchshalber ins Schwimmbad mitgenommen, und das schien ihm Spaß zu machen.«
»Schwimmen?« Isobel hob den Kopf, damit sie ihre Schwester durch die Dampfschwaden hindurch ansehen konnte. »Also ich weiß nicht, er könnte sich eine Ohrenentzündung holen …«
Clare hob ebenfalls den Kopf und blickte Isobel mit einem spöttischen Grinsen an. »Also wirklich, Iso, du solltest Cassandra heißen. Das Schwimmbadpersonal hat mir versichert, dass sie größten Wert auf Hygiene legen, und es gibt dort sogar spezielle Schwimmkurse für Säuglinge. Vielleicht lässt du ihn ja mal mitmachen, wenn du wieder zurück bist. Er sieht einfach süß aus in seiner kleinen Badehose.«
»Kann ich mir vorstellen«, knautschte Isobel undeutlich heraus.
»Und wie steht’s mit dir?«, erkundigte sich Clare und legte sich wieder zurück. »Wie geht’s Barty-Cat? Hast du Colonel Eisenstrapse überlebt? Und Leo hat mich heute früh angerufen und erzählt, ihr wärt zusammen ausgegangen. Wie war’s?«
»Alles okay. Bart scheint’s gut zu gehen, soweit ich das beurteilen kann, obwohl ich sicher bin, dass er dich vermisst. Helen Hogan war gar nicht so schlimm. Aber leider hat sie mich gebeten, ›Liebe Marion‹ für die kommende Ausgabe zu übernehmen, und das verursacht mir eine Heidenangst. Ich hab Freitagnachmittag einen ersten Entwurf gefummelt, aber ich weiß, dass er katastrophal ist. Mir graut jetzt schon davor, ihr die Sachen nächste Woche vorlegen zu müssen.«
»Dann lässt sie dich also tatsächlich ran?«, fragte Clare. »Mein forscher Stil scheint ihr jedenfalls nicht
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