Svantevit - historischer Roman (German Edition)
einem kleinen Dorf im Norden Jütlands", sagte der Mann, ohne den Kopf zu heben.
"Habt ihr dort eine Kirche?", fragte Waldemar weiter.
"Wo denkt Ihr hin, mein König. Das nächste Gotteshaus befindet sich in Aalborg, einen guten Tagesmarsch südlich entfernt."
"Aber ihr seid doch Christenmenschen?"
"Allesamt getauft!", bestätigte der Soldat.
"Wie kommst du dann dazu, Odin anzurufen?!", wollte der König in strengem Ton wissen.
"Es war ein Fehler!", beteuerte der Mann, "Ich wollte des Herrn nicht spotten!"
Waldemar gab wiederum ein Zeichen und der Soldat wurde weggeführt.
"Er ist ein einfacher Mann aus einem kleinen Dorf", wandte sich der König an den Bischof.
"Wir brauchen aber ein Exempel!"
"Lässt sich dem niederen Stand Gott nicht besser durch Großmut, Vergebung und Gnade näher bringen denn durch zügellose Strenge?"
"Ich füge mich eurer Order! Was soll nun mit dem Mann geschehen?"
"Sein Anteil an der Beute soll der Kirche übergeben werden", wies Waldemar an.
Anschließend ging er einige Schritte vor und wandte sich an die versammelten Soldaten.
"Männer, hört mich an! Wir streiten hier nicht nur im Interesse Dänemarks sondern auch für unseren christlichen Glauben! Ihr führt die Waffenzeichen auf euren Bannern, doch könnte dort ebenso gut das Kreuz stehen, an welchem Jesus Christus der Erlöser zu Tode kam!"
Er machte eine Pause und blickte langsam um sich.
"Wer aber heidnische Bräuche pflegt und unchristliche Worte im Munde führt, macht sich mit unseren Feinden, den gottlosen Wenden, gemein und soll wie diese behandelt werden! Denn jedermann ist unser Gegner, der nicht an den einen Gott glauben will und gar seiner spottet! Ab sofort werden jedem Zweifler die Worte des Herrn mit der Peitsche gepredigt!"
Waldemar wusste natürlich, dass viele Obodriten inzwischen selbst zum Christentum übergetreten waren und ihr Fürst Niklot sich vor mehr als zehn Jahren hatte taufen lassen. Aber die Gleichsetzung aller Feinde mit den Heiden und aller Heiden mit den Feinden schien ihm eine angemessene Warnung an die Männer.
Dem Schuldigen wurden sodann fünfzig Peitschenhiebe auf den Rücken verabreicht, wobei Bischof Absalon mit eindrücklichen Worten betonte, dass er diesmal noch großzügig gewesen sei und die Strafe künftig deutlich härter ausfallen werde.
Die Truppen zogen weiter nach Osten, dem Fluss Warnow entgegen, an dessen Mündung sich die Siedlung Roztoc befand. Wichtiger aber noch als dieser Ort, in die man ohne Gegenwehr eindrang, war die nahe gelegene Burg. Diese wollte Waldemar unbedingt einnehmen und so wurden alle Vorbereitungen für einen Angriff getroffen.
Die Handwerker zimmerten einige Belagerungsmaschinen. Es entstanden Rammböcke, die man mit provisorischen Rädern versah. Wichtig war vor allem auch die große Verkleidung aus Holzlatten, hinter welcher die Angreifer Schutz vor heranzischenden Pfeilen suchen sollten.
Die Burg war gut befestigt, aber nicht mit größeren Burgen zu vergleichen, in denen Fürsten Zuflucht suchten. Einige Palisaden sollten anstürmende Feinde aufhalten und so ermöglichen, dass die Bogenschützen, welche oben auf dem Wehrgang postiert waren, diese ins Visier nehmen konnten. Direkt um die Burg herum führte ein Wassergraben, der aber nur hüfttief und mit wenigen Schritten zu durchwaten war. Doch wiederum würden die Angreifer hier aufgehalten und so ein Ziel der Verteidiger werden.
Wie sich bald herausstellte, war die gesamte Umgebung leicht morastig, so dass die Belagerungsmaschinen nur mühsam nach vorne gebracht werden konnten. Einzig der Weg, welcher direkt zum Burgtor führte, wies einen festen Untergrund auf.
"Wie viele Bogenschützen mögen dort oben lauern?", fragte Waldemar.
"Mindestens zwanzig, höchstens hundert. Das lässt sich bei solchen kleineren Burgen, deren Besatzungsstärke womöglich schwankt, schlecht sagen", erwiderte Esbern.
"Deine Schätzung ist nicht sehr genau."
"Gehen wir einfach von der höchstmöglichen Anzahl aus, denn es gibt bekanntlich keinen schlimmeren Fehler, als den Feind zu unterschätzen", meinte Esbern gelassen, "Natürlich ist es auch möglich, dass von hier bereits Soldaten abgezogen wurden, weil der Löwe mit seinem Heer vor der Mecklenburg steht und Fürst Niklot bedrängt. Dort wird jetzt sicher jeder Mann gebraucht."
"Wir wollen dem Sachsenherzog in nichts nachstehen. Also lasst uns diese verdammte Burg einnehmen, und zwar so schnell es geht. Wie weit sind die Männer mit dem
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