Svantevit - historischer Roman (German Edition)
lernen."
"Die Probezeit ist nun eigentlich vorbei und jetzt musst du überlegen, ob du weiter als Schüler im Kloster bleiben möchtest. Nach alldem, was man uns erzählte, dürfte deine Entscheidung wohl feststehen", meinte die Mutter in fürsorglichem Ton.
Als Adalbert dennoch zögerte und etwas verlegen auf den Tisch guckte, fügte der Vater rasch hinzu: "Wir haben uns darauf geeinigt, dass du jederzeit wieder nach Hause kommen kannst, wenn es dir hier nicht mehr gefallen sollte."
"Gut", sagte Adalbert, der über dieses Angebot sichtlich erleichtert war.
Zwar hatte er das Elternhaus in den letzten Wochen kaum vermisst, doch weckte die Vorstellung, sich zum dauerhaften Hierbleiben zu verpflichten, in ihm Unbehagen.
Von Bruder Bernhardt erfuhr Adalbert hinterher, dass sein Vater dem Kloster eine ansehnliche Spende hatte zukommen lassen.
"Dies Geld kann die Abtei gut brauchen, da wir beabsichtigen, ein Glockengeläut für die Klosterkirche anzuschaffen. Zwar ist unsere wirtschaftliche Situation deutlich besser geworden, seit Bischof Absalon, der kluge Berater unseres Königs Waldemar, so vehement die Abgabe des Zehnten im Land durchzusetzen sucht, doch reichen diese Einnahmen nur für unsere leiblichen Bedürfnisse", erklärte Bernhardt seinem jungen Schützling, "So sind wir auf Spenden angewiesen, da viele Dinge, die für das Klosterleben notwendig sind, eine Menge Geld kosten. Seit langem hegen wir den Wunsch, die Liturgie mit dem Klang von Glocken anzureichern. Dank deines Vaters wird dieser Traum nun Wirklichkeit. Solltest du ein Bedürfnis, irgendein Begehr haben, so scheue dich nicht, mir dieses anzuvertrauen. Glaub mir, der Abt ist sehr daran interessiert, dich zufrieden zu stellen und damit letztlich deinem Vater einen Gefallen zu tun."
Adalbert legte auf eine besondere Behandlung aber keinen Wert und äußerte dies auch. Gleichwohl beruhigte es ihn, sich des Wohlwollens der Mönche versichert zu wissen.
Bei der Unterrichtung der Schüler legten die Mönche nicht nur großen Wert auf die Vermittlung von Wissen, sondern natürlich vor allem auch darauf, die Scholaren zu rechtschaffenen, redlichen und pflichttreuen Christenmenschen zu erziehen. Hierzu wurden immer wieder gern Geschichten von biblischen oder historischen Gestalten erzählt, die als leuchtendes Beispiel für ein tugendhaftes Leben gelten sollten.
Eines Tages fragten die Schüler, ob es nicht auch solche Sagen und Überlieferungen aus Dänemark gäbe, woraufhin Bruder Bernhardt zunächst keine klare Antwort wusste. Nachdem er sich mit den anderen Mönchen ausgetauscht und auch in einigen Büchern nachgeschlagen hatte, konnte er den Schülern zwei Sagen vortragen, beide hatten einen Königssohn zum Helden. Da war zum einen Amlet, der den gewaltsamen Tod des Vaters rächte und in der anderen Erzählung Uffe, welcher Dänemark mutig gegen einen mächtigen Feind verteidigte, nachdem er in Kindheit und Jugend wie ein nichtsnutziger Tölpel gelebt hatte.
Die Jungs waren sehr angetan von den Erzählungen und eiferten ihren neuen Vorbildern sogleich beim Spielen im Klosterhof nach. Sie hatten sich mit Stöcken bewaffnet, was die Mönche gar nicht gerne sahen und spielten nun die ihrer Meinung nach aufregendsten Szenen der Sagen nach, in teilweise recht freier Auslegung.
Jeder wollte gerne Amlet sein, wie er seinen Onkel, den Mörder seines Vaters, mit dem schwerwiegenden Vorwurf konfrontiert, um ihn sogleich im Kampf zu richten. Oder Uffe, der mit dem sagenhaften Schwert namens Skräp, welches er von seinem Vater übernommen hatte, gleich zwei seiner Feinde erschlägt.
Adalbert pflegte sich bei solchen Spielen zurückzuhalten oder zumindest nicht hervorzutun. Doch diese Geschichten hatten ihn sehr beeindruckt und so trat er bei der nächsten Gelegenheit vor und sagte, dass er nun auch einmal den Amlet darstellen wolle.
"Du bist doch gar kein Däne!", stießen ihn zwei der Jungen zurück, die im selben Moment ihre Ansprüche auf diese Rolle anmeldeten.
Adalbert war wie vor den Kopf geschlagen, denn er hatte fest geglaubt inzwischen voll akzeptiert zu sein. Er redete in ihrer Sprache mittlerweile nicht schlechter als die übrigen Schüler und konnte auch sonst keine Unterschiede feststellen. Viele andere der Jungen ergriffen daher auch sofort für ihn Partei, doch als sie ihm dem großen Stock hinhielten, welcher Amlets Schwert darstellen sollte, lief Adalbert fort, bevor man seine Tränen sehen konnte.
Nachdem er sich die Nase geputzt
Weitere Kostenlose Bücher