Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)
Gardisten gehöre und jedem der die Stute bei sich verberge drohe eine schwere Bestrafung. Dieses Vorgehen ließ die Befragten aber sofort misstrauisch werden und war im Hinblick auf die Mitteilungsfreudigkeit eher nachteilig. Und so erhielten Radik und Kaila eher einsilbige Auskünfte, die alle lauteten, man habe nichts gesehen und nichts gehört.
"Wir müssen anders vorgehen", meinte Kaila schließlich, "Stell dir vor, du hättest das Pferd irgendwo gefunden und mitgenommen. Da es keine wilden Pferde gibt und die Stute zudem Sattel und Zaumzeug trug, wäre dir klar, dass das Tier irgendwo entlaufen ist. Du willst es aber gern für dich behalten. Was würde dich dann bewegen, dieses Tier fremden Leuten zu zeigen?"
"Vielleicht, falls jemand ein Pferd kaufen möchte!"
"Genau. Allerdings ist es ungewöhnlich, dass jemand zu einem wildfremden Hof geht und fragt, ob jemand ein Pferd verkaufen möchte. Bei solchem Interesse geht man doch eigentlich zum Markt. Außerdem sind die Bauern, die das Pferd selbst nutzen wollen, zum Verkauf gar nicht bereit."
"Man muss nur einen guten Preis bieten. Ich glaube aber nicht, dass jemand hier aus der Gegend riskiert, das Pferd für sich zu behalten. Wenn man es nutzen will, sehen es auch andere Menschen. Ich bin fest überzeugt, dass derjenige, der das Tier mitgenommen hat, einzig Verkaufsabsichten hegt."
Da ihnen nichts anderes einfiel, fragten sie die Bauern nun also, ob diese ein Pferd zu verkaufen hätten, möglichst eine Stute, da diese friedfertiger seien. Die Antwort war überall dieselbe, auch wenn die Leute jetzt eher verwundert denn misstrauisch reagierten.
"Schaut euch meine Hütte an! Seht was ich am Leib trage! Mache ich den Eindruck wie jemand, der sich ein Pferd leisten kann?"
Der alte zahnlose Bauer lächelte die beiden nicht unfreundlich an.
"Oh ihr meint vielleicht, sieh da, dieser Mann spart an seiner Unterkunft und an seinen Kleidern, sicher nur, um sich ein Pferd halten zu können. Aber da muss ich euch leider enttäuschen."
Schließlich trafen sie auf einem größeren Gehöft einen Mann, der eine Stute anbot.
"Was habt ihr nur? Das Tier ist kräftig und gesund. Es wird alle Arbeiten zu eurer Zufriedenheit erledigen und kann euch obendrein noch viele kleine Fohlen gebären. Und der Preis ist eigentlich viel zu niedrig – aber sagt mir, was ihr zu geben bereit seid."
Radik und Kaila waren etwas verlegen, denn die Stute, mit dunklem, glänzendem Fell, machte wirklich einen guten Eindruck und das Angebot war mehr als günstig. Aber sie suchten nun mal ein ganz bestimmtes Tier. Der Mann drückte dem Pferd die Kiefer auseinander und forderte die beiden auf, sich die Zähne anzusehen.
"Das Tier ist jung, von bester Gesundheit und mit kräftigen Knochen ausgestattet", redete der Mann ratlos auf die beiden ein.
"Nein, danke. Wir fragen dann lieber noch mal woanders", meinte Radik schließlich betont höflich.
"Ihr habt mich nach einer Stute gefragt und ich biete euch eine Stute. Was habt ihr an dem Tier auszusetzen?"
"Vielen Dank für euer Bemühen", meinte nun auch Kaila in freundlichstem Ton zu dem Mann, dessen Verzweifelung langsam in Wut überzugehen schien.
Beide schwangen sich schnell auf ihr Pferd und ritten eilig davon, von derben Flüchen des Bauern begleitet.
Bei der flotten Gangart des Pferdes hielt sich Kaila an Radiks Schultern fest und den Bewegungen des Pferdes folgend drückten sich ihre warmen, weichen Brüste gegen seinen Rücken. Da fiel Radik wieder ein, wovon er des Nachts geträumt hatte.
Die weitere Suche blieb ergebnislos.
"Vielleicht ist die Stute auch wirklich niemandem hier in der Gegend aufgefallen. Sie ist ja, wie von wilden Tieren gehetzt, im vollen Galopp davongelaufen. Wie weit schafft es ein Pferd in einem Tag zu laufen?"
"Ohne Not wird das Tier dieses Tempo kaum über lange Zeit beibehalten haben. Außerdem bekommt es irgendwann einmal Durst und Hunger. In eines der vielen Wäldchen wird die Stute sicher nicht hineingegangen sein, denn das machen Pferde eigentlich nicht freiwillig."
"Dieses Tier war doch ohnehin nicht ganz normal", meinte Radik.
Um ihn etwas aufzumuntern sagte sie: "Von Wölfen kann das Pferd jedenfalls nicht gefressen worden sein, denn ich habe von einem mutigen Burschen gehört, der das letzte dieser Untiere im Winter erlegt haben soll."
"Ich glaube, es ist einfacher, einen Wolf zu töten, als ein irres Pferd ausfindig zu machen. Wir sind jetzt seit dem Morgen unterwegs und wenn wir vor der
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