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Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)

Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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wollen."
    Er deutete mit dem Kopf auf den Horizont hinter dem Meer.
    "Weißt du warum?"
    Radmar zuckte mit den Schultern, aber ihn interessierte diese Frage auch nicht so sehr.
     
    Am Abend klopfte es an der Hütte. Jemand schlug heftig mit der Faust gegen die Tür. Radik rechnete fest damit, dass es sich um den erwarteten Alarm handeln würde und war überrascht, seinen Bruder zu sehen.
    "Womar geht es sehr schlecht! Er verlangt nach dir! Beeile dich!"
    Mehr sagte Ivod nicht, bevor er sich hastig wieder auf sein Pferd schwang. Radik hetzte in den Stall, legte Kuro den Sattel über und eilte seinem Bruder hinterher.
    In der Hütte brannten viele Lichter. Womar lag unter einem dicken Fell auf seiner Bank, während Watira ihm mit einem Tuch die Stirn wischte.
    "Trotz des Felles friert er", flüsterte Ivod, "Er hat seit gestern nichts mehr gegessen und auch das Trinken fällt ihm schwer."
    Radiks Blick verschwamm, seine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, wodurch die Kerzen wie Sterne funkelten. Langsam kniete er sich neben die Bank und griff behutsam nach den Händen des Alten, die kalt und kraftlos waren.
    "Du? Radik?"
    Man merkte, wie er sich anstrengen musste, um verständlich zu sprechen. Noch schwerer fiel es ihm, nun den Kopf zu wenden.
    "Du musst dich ausruhen", sagte Radik mit belegter Stimme.
    "Ja. Bald."
    Eine ganze Weile saß Radik einfach da. Er bemühte sich, sein Weinen zu unterdrücken, aber die Tränen liefen ihm unentwegt über das Gesicht.
    "Könntest du ihn nicht dazu bringen, etwas zu essen?", flüsterte Ivod Radik ins Ohr.
    Radik sah Womar an. Dessen Anspannung wich einer Zufriedenheit. Jetzt spürte er, dass die Hände des Alten die seinen fest hielten, mit einer Kraft, die er ihm nicht mehr zugetraut hatte. Radik schüttelte den Kopf und sein Bruder verstand.
    "Ich habe nicht viel", sagte Womar nun und Radik wusste nicht, wie er diese Worte deuten sollte.
    Der Alte zog langsam und mühevoll die Decke zurück. Auf seiner Brust erblickte Radik die Bibel.
    "Es hindert dich beim Atmen", meinte Radik besorgt.
    "Oh, nein. Dadurch wird alles leicht", erwiderte Womar und zog Radiks Hand zu dem Buch, "Nimm sie."
    Radik griff nach der Bibel. Das Berühren des warmen Ledereinbandes erinnerte ihn daran, wie er dieses Buch das erste Mal in Händen gehalten hatte. Damals wusste er noch überhaupt nicht, was ein Buch ist und was all die merkwürdigen Zeichen darin bedeuten sollen.
    Womar versuchte, seinen Kopf zu heben.
    "Versprich mir, dass du …"
    Er röchelte und begann, leicht zu hüsteln. Watira trat hinzu und wischte ihm mit einem Tuch über die schweißnasse Stirn.
    "Kaila? Hier? … meine … also doch … ihr beide …"
    Watira war irritiert, fast erschrocken, aber Radik fasste sie am Arm und bedeutete ihr, einfach neben ihm stehen zu bleiben.
    Womar lächelte zufrieden, seinen Blick in die Höhe gerichtet. Das Röcheln war verstummt. Behutsam legte Radik seine zitternde Hand auf die Stirn des Alten. Dort zeichnete er langsam ein Kreuz. Anschließend schloss er ihm die Augen.
    Im nächsten Moment flog die Tür auf.
    "Sie kommen!"
    Radik brauchte einen Moment, bis er richtig begriff. Er erhob sich langsam und blickte ungläubig auf den, der die alarmierende Botschaft überbrachte – es war Granza.
     
     

Belagerung

    Als Kaila vom Boot sprang und mit ihren nackten Füßen im warmen, feuchten Sand landete, wurde ihr leichter und schwerer zugleich. Diesen Augenblick hatte sie so lange herbeigesehnt, wenn sie in den Nächten wach gelegen und an Flucht gedacht hatte. Doch was würde nun werden? Alle Hoffnungen, die sie mit diesem Moment verbunden hatte, erschienen ihr nun plötzlich trügerisch.
    Sie bemerkte nicht, dass Christian sie, obwohl die Situation wahrlich andere Aufgaben für ihn bereit hielt, keinen Moment aus den Augen ließ und versuchte, ihr Verhalten auf irgendeine Art zu deuten. Ihn beschlich eine merkwürdige Angst, sie hier zu verlieren. Verlieren? Er hatte sie ja noch gar nicht gewonnen.
    Nur Radmar bewahrte sich seine Unbedarftheit und war schon mächtig gespannt auf das bevorstehende Abenteuer. Neugierig beobachtete er, wie die vielen Männer aus den Booten stiegen, ihre Ausrüstung ordneten, Späher losschickten und insgesamt den Eindruck der Unbesiegbarkeit vermittelten. Gleich würde es womöglich zum Kampf kommen. Vom Feind war allerdings weit und breit nichts zu sehen. Also konnte Radmar sich erstmal etwas umsehen. Am Strand fand sich eine kleine Sandhöhle. Hier hatten

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