Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Sven.«
Aber sie blieben nicht sitzen, als sie ihre Mahlzeit genossen hatten. Im Hafenviertel war noch Betrieb. Joshua stieß Sven an und zeigte auf eine Gruppe Betrunkener an der nächsten Ecke. Sie umarmten sich lallend und klopften sich immer wieder auf die Schultern.
»Der mit der braunen Jacke ist der Henry Sage!«, sagte Joshua.
Sven drehte sich sofort um und ging zur nächsten Querstraße zurück, um auf Nebenwegen zum Kai zu kommen. Aber hinter sich hörte er noch die lallende Stimme des Schiffsarztes.
»He, du Deserteur! Kolonistenpack!«
Aber über diesen verbalen Kraftakt kam der Betrunkene nicht hinaus. Ein schneller Blick zeigte Sven, dass er noch an der Ecke stand und mit seinen Saufkumpanen grölte.
»Sie sollten sich einen Bart wachsen lassen, damit man Sie nicht so schnell erkennt«, empfahl Kapitän Rickes, als er ihm den Zwischenfall berichtete. Sonst war Mr Rickes nicht beunruhigt. »Bis der nüchtern ist, sind wir längst auf und davon.«
Aber vor dem Auslaufen lagen noch Stunden harter Arbeit. Sie verholten nach Mitternacht an ihren alten Liegeplatz am Rande von Saint John. Die Auswahl der Leute mit der guten Nachtsicht bewährte sich. Nur ihre Aufmerksamkeit bewahrte sie vor dem Zusammenstoß mit einem unbeleuchteten Kutter, der ohne jedes Licht im Hafen segelte.
»Verdammtes Schmugglerpack!«, knurrte Kapitän Rickes.
Sven musste schmunzeln. Und was sind wir?, dachte er.
Die acht Kanonenrohre lagen schon am Kai. Ein Ladebaum stand bereit. Sie zogen ein Rohr nach dem anderen mit Taljen empor, brachten es an Bord und ließen es auf die Lafetten herunter. Es war eine langwierige und schwere Arbeit, die nicht ohne Quetschungen ablief. Aber schließlich waren alle Kanonenrohre an ihren Positionen und sicher vertäut.
Nun mussten sie noch die Pulverfässer und die Netze mit den Kugeln,Kettengeschossen, Traubenkugeln und Schrapnells laden. Das war einfacher, da die einzelnen Güter nicht so schwer waren, aber es kostete Kraft und Zeit. Als Sven endlich die letzte Position abhaken konnte, taten selbst dem bärenstarken Joshua die Muskeln weh.
»Lassen Sie ablegen und Segel setzen, Mr Larsson. Kurs auf die offene See und genügend Abstand vom Festland!«
Sie steuerten in die Morgendämmerung hinein. Die Freiwache schlief, als sie auf der Höhe von Yarmouth eine britische Sloop sichteten. Aber Sven ließ Kapitän Rickes nicht wecken.
»Wir ändern den Kurs. Die sind sieben Meilen entfernt. Da sind wir bald außer Sicht«, erklärte er dem Bootsmann, und der nickte.
Es war ein herrliches Gefühl, so ein schnelles Schiff zu segeln. Die Wache erledigte ihre Tätigkeiten an Bord. Die Nähe eines britischen Schiffes schien keinen zu beunruhigen. Und nach drei Stunden gab die Sloop auf.
Die Besatzung der Freedom konnte sich darüber nicht freuen, da alle Mann den Kanonendrill über sich ergehen lassen mussten. Und das war nun kein Scheinexerzieren mit Holzkanonen mehr, nein, jetzt mussten wirklich die Rohre ausgekratzt, gewischt und mit Kartuschen und Kugeln geladen werden. Die viele Zentner schweren Kanonen mussten an Deck vor- und zurückgezogen werden. Und immer wieder rief Sven, dass sei alles viel zu langsam.
»So eine Schinderei habe ich noch auf keinem Schiff erlebt«, maulte ein junger Matrose.
Ein anderer lachte ihn aus. »Wenn du für die Unabhängigkeit bist und Prisengeld haben willst, dann musst du dich schon mehr schinden.«
Der Drill setzte sich am dritten Tag fort. Am nächsten Tag wollte Sven Scharfschießen üben. Als er das Mr Rickes vortrug, fügte er hinzu: »Vorher müssten wir die Kanonen aber noch überprüfen, ob die Rohre nicht schadhaft sind. Wenn ein Rohr explodiert, trauen sich die Leute für lange Zeit kaum noch an die Kanonen, und die Feuergeschwindigkeit sinkt dramatisch, erzählte mir der britische Feuerwerker immer wieder.«
Der Kapitän blickte ihn unfreundlich an. »Mr Larsson, ich kenne den Meister in der Gießerei persönlich. Der dreht mir keinen Ausschuss an.«
»Das glaube ich gern, Sir. Aber Haarrisse kann man nicht sehen, und ich habe gehört, dass die Rohre nicht auf dem Schießplatz erprobt wurden, weil sie ein wenig neben der offiziellen Produktion gefertigt wurden. Dann kann niemand garantieren.«
»Na gut! Dann erproben Sie«, knurrte der Kapitän.
Sven ließ immer nur ein Rohr mit der anderthalbfachen Pulverladung füllen und einen Wollpfropf einrammen. Die Kanone wurde hinten und an den Seiten mit Weizensäcken eingerahmt. Dann
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