Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
besprechen.«
Sven hatte sich so auf Spaziergänge allein mit Sabrina gefreut. Sie würde seine Küsse nicht abwehren können. Aber er hatte nicht mit seiner Schwester Ingrid gerechnet.
»Es gehört sich nicht, dass ihr beiden hier unter einem Dach ohne jede Aufsicht zusammenlebt. Das schadet dem Ruf von Sabrina, deinem, Sven, und dem unserer ganzen Familie. Wir sind doch keine hergelaufenen Wilden. Dein Onkel meint auch, du solltest deine Verlobung in einer Weise öffentlich machen, die der Stellung der Familie angemessen sei.«
Sven musste sich setzen und konnte erst gar nichts sagen. War das seine Schwester, die kesse Ingrid, die sonst auf Konventionen pfiff und immer mit dem Mund vorneweg war?
»Sag mal, bist du noch normal, Ingrid? Was hast du dich sonst über die spießigen Bürger amüsiert, mit ihren Visitenkärtchen, ihren Zeitungsanzeigen, ihren Blumenkränzchen und ihrem albernen Gequatsche. Und nun führst du dich hier wie eine Gouvernante auf. Wir sind doch nicht am britischen Hof. Sabrina und ich sind erwachsene Menschen, müssen unseren Platz im Leben einnehmen und können sehr gut ohne Aufpasser leben.«
Ingrid schüttelte den Kopf. »Ich gebe ja zu, Sven, dass ich oft respektlos dahergeredet habe. Aber wenn es jetzt um das Schicksal der beiden liebsten Menschen geht, die mir geblieben sind, dann muss ich doch weiter denken. Wir leben nicht mehr in Einars Tal! Wir sind keine Kinder mehr. Und unsere Gesellschaft lässt ihre informellen Anfänge immer weiter hinter sich. Wir sind keine Siedlerkolonie mehr. Wir sind auf dem Weg zu einem eigenen Staat. Schau dir doch nur die Sitzungen des Kontinentalkongresses in Philadelphia an. Das sindkeine lockeren Bürgerversammlungen, das sind sehr zeremonielle Parlamentssitzungen. Und wenn ihr beide in der kommenden Gesellschaft eine Rolle spielen wollt, dann dürft ihr nicht einfach zueinanderhoppeln wie die Feldhasen. Dann müsst ihr Regeln beachten und an eure künftige Rolle denken.«
Sabrina war hinzugekommen und hatte Ingrids letzte Argumente gehört.
»Liebe Ingrid! Wir werden uns nicht wie die Karnickel benehmen, aber auch nicht so gekünstelt wie die neureichen Wichtigtuer, die überall in den Vordergrund drängen. Wir wollen Sitte und Anstand wahren und in aller Natürlichkeit guten Geschmack beweisen. Sven und ich werden besprechen, wie wir unsere Verlobung anzeigen. Zunächst war uns wichtig, dass wir unseren Eltern ausführlich Nachricht gaben und ihren Segen erbaten. Die anderen können warten. Du solltest bei uns nicht die Lehrerin herauskehren.«
Ingrid hielt sich etwas zurück, aber viel Alleinsein war Sabrina und Sven nicht vergönnt. Es wäre auch unnatürlich gewesen, sich nun von Ingrid und dem Hauspersonal ständig zu isolieren. Nur an drei, vier zärtliche Küsse konnte sich Sven erinnern, als er auf dem Rückweg ins Übungslager war.
Der Sommer ging allmählich in den Herbst über. Rekrutengruppe nach Rekrutengruppe durchlief das Übungslager. Bis Oktober sollten ein Dutzend Kanonenboote in Dienst gestellt werden.
Adams Kanonenboot galt als Muster für alle anderen und hatte an der Mündung des Delaware schon Boote der Royalisten verjagt.
Für Sven war der Drill Routine geworden, der seinem Denken Raum für die widerstrebenden Erwägungen gab. Seine Liebe zu Sabrina beschäftigte ihn, seine persönliche Zukunft, die er nicht als Drillmeister in der Sumpflandschaft am Schuylkill sah, und die politische Gestaltung der amerikanischen Kolonien.
Seine Gefühle für Sabrina waren noch inniger geworden, seit er mit ihr von einer gemeinsamen Zukunft träumte. Die Eltern hatten in ihrem Brief begeistert auf die Verlobung der beiden reagiert und ihnenalles Gute gewünscht. Sabrina war klug und reizvoll. Sie war auch leidenschaftlich, dessen war sich Sven sicher. Aber wenn er sich an die leidenschaftlichen Stunden erinnerte, die er in Bordellen in Lissabon und in der Karibik erlebt hatte, dann fiel es ihm schwer, sich so etwas mit Sabrina vorzustellen.
Es war ja vieles so berauschend gewesen, dass er noch in Erinnerung daran stöhnte. Aber so etwas machten anständige Frauen doch nicht. Oder doch? Musste man ihnen nur Zeit lassen und sie langsam in die Welt dieser Lüste einführen? Und so erfahren war er darin ja auch nicht.
Sabrina hatte angedeutet, dass sie annahm, dass er sexuelle Erfahrungen hatte. Sie schien das eher für selbstverständlich zu halten. Aber wie weit würde sie die Erfahrungen teilen wollen? Er war
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