Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Balken trugen, hielten sich bis zum letzten Moment in Deckung. Dann rannten sie gegen die Tür, fielen hin, als der Balken die Tür zerschmetterte, rafften sich auf und liefen davon.
Kapitän Biddle hatte seine Pistole gezogen, prüfte die Zündpfanne und ging auf die Tür zu. »Ich komme, Green!«
Adam ging drei Schritte hinter ihm und hielt seine Pistole auch schussbereit.
Im Inneren des Hauses stand Green inmitten der anderen Meuterer und zielte mit einer Muskete auf den Kapitän. Biddle richtete die Pistole auf ihn und sagte kalt und nachdrücklich: »Wenn du die Muskete nicht fallen lässt, Green, dann sterbt ihr alle einen furchtbaren Tod!«
»Das war eine verteufelte Situation, sage ich euch«, erzählte Adam später den Freunden, als er wieder an Bord war. »Ich sah genau, wie Green den Kapitän anvisierte. Aber der regte kein Glied, sondern starrte den Kerl nur über den Pistolenlauf an. Und dann zitterten dem Green die Hände. Schließlich konnte er die Muskete nicht mehr halten und warf sie auf den Boden. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Der Käpt’n drehte sich nur um und sagte zu mir: ›Abführen, die Kerle!‹, und ging voraus zum Boot. So etwas von Kaltschnäuzigkeit ist mir noch nicht begegnet. Er wischte sich aber dann doch die Hände an der Hose ab. Sie waren wohl schweißnass.«
Hornet und Wasp waren zum Geschwader gestoßen, aber es dauerte noch zwei Tage, bis ihnen der Wind das Auslaufen in den Ozean erlaubte. Der Delaware spülte noch immer Eisschollen in das Meer, aber sie wurden immer seltener.
Sven stand an Deck und bewunderte die Schiffe mit ihren prallen Segeln. Das Flaggschiff Alfred mit seinen 24 Kanonen segelte voraus. Ihm folgten die Columbus mit 20, die Cabot mit 14, ihre Andrea Doria auch mit 14 Kanonen, die Sloop Providence mit zwölf und die Sloop Hornet mit zehn sowie die Schoner Wasp und Fly mit je acht Kanonen.
»Eine ganz schön stattliche Flotte«, sagte Adam zu Sven, aber der brummte nur und verglich die Segelmanöver ihres Schiffes mit denen der anderen.
Es rumpelte am Bug von Eisschollen, und ihr Schiff begann in den Wellen zu stampfen. Ein junger Matrose würgte und hielt sich die Hand vor den Mund.
»Kotz über die Reling, du Landei!«, brüllte Adam. »Aber an der anderen Seite, doch nicht gegen den Wind!«
Ein Melder kam angerannt und bat die Leutnants und den Bootsmann in die Kajüte des Kapitäns. Kapitän Biddle hielt ein Schreiben in der Hand und empfing seine Offiziere mit unbewegter Miene.
»Meine Herren, befehlsgemäß habe ich den versiegelten Befehl nach dem Auslaufen geöffnet. Der Befehl legt fest, dass wir zur Insel New Providence in den Bahamas segeln. Treffpunkt für Schiffe, die die Fühlung zum Geschwader verlieren, ist Abaco.«
Der Erste Leutnant platzte heraus: »Alle redeten doch von der Chesapeake Bay.«
Mr Biddle schaute unwillig auf. »Redereien und Befehle sind zweierlei. Wir haben uns an Befehle zu halten.«
Aber der Machtspruch des Kapitäns konnte die Gerüchte unter Deck nicht stoppen. Die einen meinten, der Kommodore sei ein Angsthase und fürchte den Kampf gegen Dunmores Schiffe, zu denen auch eine Fregatte gehören sollte. Die anderen priesen den Kommodore, weil ein Handstreich gegen die Nachschublager der Briten Aussichten auf Prisengeld eröffnete.
Sven war es gleichgültig, wohin sie segelten, aber er wunderte sich,dass der Kommodore die Freiheit hatte, die Befehle des Marinekomitees so abzuändern.
Dann hatte er keine Zeit mehr, darüber zu grübeln. Ein Sturm kam auf, der erste, den sie mit diesem Schiff zu bestehen hatten. Adam lief herum und rief seine Anweisungen, damit alles fest vertäut und verschalt werde. Die Segel wurden geborgen. Sven sah, dass manche Matrosen in der rauen See ihre Angst kaum beherrschen konnten und sich verzagt festklammerten. Die erfahrenen Seeleute machten ihnen Mut, stützten sie auch hier und da, und schließlich standen nur noch die Sturmsegel. Die wachfreie Mannschaft war unter Deck verschwunden.
Kapitän Biddle wachte im gewachsten Mantel neben dem Rudergänger. »Das Barometer ist ziemlich stark gefallen. Schauen Sie zur Sicherheit noch einmal die Vertäuung der Kanonen nach, Mr Larsson. Wer weiß, ob Sie später dazu kommen.«
Sven prüfte bei jeder Kanone nach, ob sie dreifach gesichert war und ob die Taue richtig stramm saßen. Bei der dritten und vierten Steuerbordkanone musste er nachzurren lassen und nahm sich vor, den Geschützführern ein paar böse Worte zu
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