Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
wurde. Dann blieb ihm das als regulärer Dienst erspart.
Sven genoss inzwischen auch die Augenblicke, die er mit Karl am »Robinson« übte. Karl las vor, fragte nach unbekannten Wörtern, und Sven korrigierte die Aussprache und erklärte den Zusammenhang derWörter. Karl wiederum fügte bei manchen Szenen seine seemännischen Kommentare an. Er war nur ein Jahr älter als Sven, fuhr aber schon seit zwei Jahren zur See.
In diesen Gesprächen merkte Sven auch, dass Karl bei allem Mangel an Schulbildung ein kluger und ehrgeiziger Bursche war. Er sparte seine Heuer und bat Sven, ihn in Philadelphia, wo es doch viele gute Buchhandlungen gab, beim Kauf einiger Bücher zu beraten, die sein Bild von den Völkern und ihrer Geschichte bereichern konnten.
Und Sven erhielt auch ganz praktische Einblicke in die Vielfalt der Bevölkerung in den Kolonien. Karl war praktisch auf einer deutschsprachigen Insel aufgewachsen, die nun von Generation zu Generation mehr von den Rändern her ausfranste. Sein Großvater hatte von schwedischen Inseln dieser Art erzählt. Andere Schiffsgefährten kamen aus schottischen oder irischen Kulturgruppen. Die Vielfalt der Kolonien war sehr groß. Aber im Widerstand gegen England bildete sich bei vielen jetzt so etwas wie ein übergreifendes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Als Sven abends müde von seiner Wache in das Logis kam, sagte ihm Mr Cliff, der Bootsmann: »Morgen passieren wir die Cayman-Inseln. Du hast in der ersten Hälfte der Morgenwache Ausguck, Sven. Danach hilfst du Adam, das Beiboot mit Schutzfarbe zu streichen.«
Die Cayman-Inseln waren eine Gruppe kleiner Inseln und Riffe, die keine weitere Bedeutung hatten. Als Sven den Mast aufenterte, ließ die Sonne schon das Meer glitzern und blenden, dass er immer wieder die Augen zukneifen und sie mit der Hand abschirmen musste.
Sie passierten Grand Cayman an Steuerbord, und Little Cayman war an Backbord mehr zu ahnen als zu sehen. Aber da war doch etwas! Sven schloss die Augen, schaute eine Weile auf die der Sonne abgewandte Steuerbordseite und fixierte dann wieder den Horizont bei Little Cayman. Das war ein Segel. Jetzt hatte die Sonne es angeleuchtet.
»Deck!«, rief er: »Segel backbord West zu Nord, etwa zwölf Seemeilen.«
»Wie ein Alter«, scherzte an Deck der Kapitän zu Mr Cliff, dem Bootsmann.
»Ja, er macht sich gut, Mr Preston, und lernt schnell. Aber jetzt sollten wir doch Mr Margot mit dem Teleskop hochschicken. Die Gegend ist nicht ganz geheuer.«
»Tun Sie das, Mr Cliff!«
Der Untersteuermann kam zu Svens Platz aufgeentert, ein Teleskop hinten im Gürtel eingeklemmt. »Rück mal zur Seite«, sagte er. »Wo hast du was gesehen?«
Sven zeigte ihm die Richtung und beschrieb, wo das Segel aufgeleuchtet hatte. Mr Margot stellte sein Teleskop ein und suchte. »Tatsächlich«, murmelte er nach einer Weile. »Ein Schoner, relativ groß. Hält auf uns zu. Mehr ist noch nicht zu erkennen. Ich sag dem Kapitän Bescheid und lass dir das Teleskop hier. Pass gut auf!«
Nach einer Weile kam Jan, ein erfahrener Seemann und anerkannt guter Ausguck. »Ich soll dich ablösen, Sven.«
Als Sven die Wanten hinabgeklettert war, winkte der Kapitän ihn zu sich. »Du hast gut aufgepasst, Sven. Aber jetzt wollte ich doch den Ausguck mit der meisten Erfahrung oben haben. Es hängt viel davon ab, wie bald er das Segel einschätzen kann.«
Sven ging der üblichen Tätigkeit nach und strich mit Adam die hintere Reling an. Aber bei aller Routine war bei den meisten eine Spannung zu spüren.
Dann kam der Ruf von oben: »Deck! Schoner hält weiter Kurs auf uns! Ist entweder ein Schoner der Flotte oder ein Pirat!«
»Mr Cliff, lassen Sie mal vier Strich nach Backbord abdrehen! Mal sehen, was er macht«, ordnete der Kapitän an.
Die Seeleute rannten und brassten die Segel neu. Dann gingen sie an ihre Arbeit zurück, warteten aber gespannt, was der Ausguck melden würde.
»Deck! Schoner ändert Kurs und hält wieder auf uns zu!«
Alle sahen sich bedeutungsvoll an. Der Kapitän rieb sich das Kinn. Dann winkte er dem Obersteuermann. »Mr Walker, es kann auch sein, dass er uns nur kontrollieren will, aber ich fürchte, es ist ein Pirat. Sorgen sie, dass alles für den Kampf vorbereitet wird. Ich hole mir meine Waffen aus der Kajüte. Lassen sie die Kanonen mit Kettengeschossen laden.«
Auf Pfiffe des Bootsmanns lief Sven zu seiner Kanone. Er wollte die Riegel der Verkleidung lösen.
»Finger weg!«, rief Adam. »Wir dürfen nur die dem
Weitere Kostenlose Bücher