Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Feind abgewandte Seite abnehmen, um zu laden. Danach maskieren wir die Kanone wieder.«
»Warum?«, fragte Sven erstaunt.
»Mensch, wenn ein Pirat sieht, dass wir drei Achtpfünder an einer Breitseite haben, dann kommt er doch nicht näher. Dann segelt er uns aus und rotzt uns durchs Heck den Laden voll. Der manövriert doch ganz anders als unser dicker Pott. Chancen haben wir nur, wenn er rankommt und wir ihm die Segel wegpusten können.«
Gut, dachte Sven. Das leuchtet mir ein. Und er packte zu, um ihre Kanone mit Kettenkugeln zu laden. Das waren zwei Halbschalen, die durch eine Kette verbunden waren. Nach dem Abfeuern trennten sich die Halbschalen und spannten die Kette. Ein solches Geschoss konnte in der feindlichen Takelage viel mehr Schaden anrichten als eine Kanonenkugel, die durch ein Segel einfach nur durchschlug und ein Loch hinterließ.
Sie legten noch weitere Geschosse und zwei Kartuschen bereit. Dann maskierten sie die Kanonen wieder und duckten sich hinter den Aufbauten. Zwei gute Schützen waren mit ihren Rifles zum Mastkorb aufgeentert und hatten zwei Sandsäcke mit einem Tau hochgezogen. Nun hockten sie dahinter.
Andere hatten die Drehbassen geladen und aufgesteckt. Das waren die winzigen Kanonen, die an der Reling oder am Achterdeck mit einem eisernen Stiel in vorbereitete Löcher gesteckt wurden. Sie hatten nur Ladungen bis zu zwei Pfund und wurden mit einer Art Handgriff gerichtet. Ihre Ladung bestand meist aus Eisenstücken, um Enterer zu zerfetzen.
Sven sah den Kapitän wieder an Deck kommen. Er hatte sich einen Gurt umgeschnallt, in dem eine schwere Pistole und ein Säbel steckten. In der Hand hielt er eine Blunderbüchse. Er nahm die Sprechtrompete.
»Jan! Kannst du schon mehr erkennen?«
»Etwa hundert Tonnen! Jagdgeschütz am Bug! Mindestens zwei Kanonenan jeder Breitseite! Keine Flagge! Keine Uniformen von Offizieren zu erkennen! Tippe auf Piraten!«
Der Kapitän legte seine Blunderbüchse am Ruderhaus ab und ging an Deck zu den Matrosen. Bei jeder Gruppe hielt er an und sagte: »Leute, ihr wisst, worauf es ankommt. Kämpft wie die Löwen, dann schaffen wir es.«
Sven schlug das Herz bis zum Hals. Ob die anderen merkten, dass er Angst hatte? Er schaute zu Karl. Der lächelte ganz verkrampft. Adam hingegen schirmte die Augen mit der Hand ab und spähte zum Schoner hinüber. Drei Meilen war er noch entfernt.
»Er wird sehen, dass er die Windseite gewinnt. Dann kann er uns nach Belieben angreifen. Wir können nur auf Täuschung bauen und gut treffen«, sagte Adam.
Der Kapitän hatte ähnliche Gedanken. »Jonny und Bill, nehmt euch mal Sachen und hängt sie auf wie zum Trocknen. Er soll nicht denken, dass wir einen Verdacht haben.«
Der Schoner kam unerbittlich näher. »Ungepflegt sieht der aus«, schimpfte Karl. »Die Strolche scheinen nichts auszubessern.«
Dann krachte ein Schuss und schlug seitwärts von ihnen in die See.
»Brasst die Segel back, aber so, dass es erschreckt und durcheinander wirkt!«, rief der Kapitän. »Lockert dann die Geschützverkleidungen! Auf Befehl werft ihr sie nieder und rennt die Kanonen aus!«
Jetzt war der Pirat im Nu heran. Sven stand mit Karl und Adam hinter der Verkleidung ihres Geschützes. Adam lugte hervor. »Drei Neunpfünder an jeder Seite und am Bug einen langen Neuner als Jagdgeschütz. Volle Besatzung.«
Da brüllte ihr Kapitän: »Rennt die Kanonen aus! Feuer frei!« Der Bootsmann pfiff, so laut er konnte.
Sven und Karl lösten die Riegel und warfen die Holzwände nieder. Dann rissen sie mit Adam an den Tauen, um die Kanonen auszurennen. Adam hockte sich hin, linste über das Rohr und rief ihnen die Korrekturen zu. Sven wuchtete mit der Handspake, um die Richtung zu finden. Adam schlug den Holzkeil ein wenig tiefer, um die beste Höhenrichtung zu finden. Dann rief er: »Fertig!« Die beiden sprangenzur Seite. Adam stand auf, hielt die Lunte ans Zündloch und hüpfte wie ein Frosch aus der Bahn.
Mit lautem Krach löste sich ihr Schuss. Auch die beiden anderen Kanonen donnerten los. Aber da hatte Sven schon die Stange mit dem Wurm ins Rohr geführt, kratzte aus, drehte die Stange um und führte den Wischer ein. Als sie am Ruderhaus Hurra brüllten, führte Karl schon die neue Kartusche ein. Sven riskierte einen Blick zum Gegner und sah, dass dessen großes Schonersegel halb heruntergerutscht war.
Doch Adam fuhr ihn an: »Ramm fest!«
Sven stieß die Kartusche ins Rohr. Karl führte die neue Kettenkugel ein. Sven schob den Rammer
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