Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Das Log hat eine Holzscheibe, die an einer Seite mit Blei beschwert ist und daher senkrecht im Wasser steht. Wenn ich die Scheibe ins Wasser werfe, bleibt sie an dem Ort liegen. Das Schiff segelt weiter, und mit einer dünnen Leine messe ich, wie viel in einer bestimmten Zeit durchläuft.«
»Das ist mir zu unbestimmt, Sven. Wie misst du die Zeit, und welche Bedeutung hat es, wenn ein bestimmtes Stück Leine durch deine Hand gerutscht ist?«
»Ich messe die Zeit mit der Sanduhr, die auf achtundzwanzig Sekunden eingestellt ist, Mr Walker. Und wenn in dieser Zeit sechs Knoten in der Leine durch meine Hand gelaufen sind, dann segeln wir mit sechs Meilen je Stunde, also mit sechs Knoten.«
»Hast du schon einmal mit dem Log gearbeitet?«
»Der Bootsmannmaat hat es mich einmal probieren lassen, Sir.«
»Dann hast du vielleicht gemerkt, was die Messung verfälschen kann.«
»Ja, Mr Walker. Das Holzscheit wird doch etwas mitgezogen, und zwar umso mehr, je fester ich die Leine fasse.«
Mr Walker war bis dahin zufrieden, wollte aber nun sehen, wie sich Sven in der Praxis anstellte. Er ließ ihn Sanduhr und Log holen,und dann musste er messen. Sven kam auf sieben Knoten, während Mr Walkers Kontrolle sechseinhalb ergab.
»Du hast die Leine locker laufen lassen, Sven. Warum hab ich dennoch einen halben Knoten weniger?«
Sven wusste es nicht.
»Du hast vergessen, dass wir immer einen halben Meter von der Länge der durchgelaufenen Leine abziehen, weil das Holzscheit nie fest stehen bleibt, sondern immer etwas mitgezogen wird. Nun sag mir noch, wann das Loggen besonders wichtig ist.«
»Wenn wir dichte Wolken haben und weder Sonne noch Sterne sehen können.«
Mr Walker schien mit Svens Vorkenntnissen zufrieden zu sein. Er sprach mit ihm noch über die Einteilung von Längen- und Breitengraden und empfahl ihm, im Kartenraum diese Dinge nachzulesen. »Dort findest du ›An universal dictionary of the marine‹ von William Falconer, das beste Buch über Navigation und Seemannschaft, das es gibt. Du darfst es nur dort lesen, denn es ist zu wertvoll, um irgendwo im Logis beschmutzt zu werden. Studiere es fleißig, dann weißt du, was wichtig ist.«
»Wisst ihr, er ist gar nicht so schlecht, wie ich dachte«, erzählte Sven seinen Kameraden. »Nun ja, er ist ernst und genau, aber nicht gemein.«
»Na ja«, meinte Adam. »Du sollst ihm ja dann auch Arbeit abnehmen. Warum sollte er dich dann gleich schikanieren?«
»Er hat auch gesagt, dass wir morgen Madeira erreichen und dass ich dann wieder mit euch gemeinsam Landgang habe.«
Karl winkte ab. »Funchal bietet nicht die Hälfte von dem, was Lissabon hat. Und so ein duftes Bordell findest du da nicht.«
»Da hat unser Sven keine Madam zum Unterhalten«, fügte Adam hinzu und griente vieldeutig.
»Ich hätte sowieso kein Geld fürs Bordell«, mischte sich Joshua ein. »Der Bootsmann sagt, ich müsse für meine Kleidung noch drei Pfund von der Heuer abbezahlen. Ich hatte doch nichts, als ich zu euch kam.«
»Da werden die Nutten aber weinen«, scherzte Karl. »Ich erinnere mich noch, wie scharf die junge Blonde auf schwarze Männer war.«
»Ja, die war gut«, nickte Joshua und genoss die Erinnerung.
»Deck! Segel backbord querab!«, rief der Ausguck.
Der wachhabende Untersteuermann rief: »Adam, nimm dir ein Teleskop und entere auf. Ich will wissen, wer sich da rumtreibt!«
Adam verzog sein Gesicht, holte das Teleskop vom Ruderhaus und stieg die Wanten empor. Nach einer Weile meldete er: »Schebecke auf konvergierendem Kurs.«
Die älteren Matrosen sahen sich bedeutungsvoll an, und der Untersteuermann ließ den Kapitän holen. Der befragte Adam, ob er mehr erkennen konnte.
»Nein, Mr Preston. Die Schebecke ist noch mindestens sieben Meilen entfernt.«
Der Kapitän grübelte und massierte sein Kinn. »Lassen Sie alle Segel setzen, Mr Margot, und steuern Sie so hart am Wind wie möglich. Wir wollen sehen, dass wir dem Segel bis zur Nacht davonlaufen. Morgen früh sollten wir dicht vor Madeira stehen. Da wird sich auch ein verdammter Korsar zurückhalten.«
Sie brassten die Segel, so gut es ging, um möglichst viel Fahrt herauszuholen. Als es dem Kapitän noch nicht genügte, holten sie mit den Eimern Wasser aus dem Meer und feuchteten die unteren Segel an. Das war eine Arbeit, die mit vielen Güssen und Spritzern verbunden war.
»Ich weiß nicht, wer dabei mehr nass wird, das Segel oder ich«, schimpfte Adam, als er wieder einen Schwall über die
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