Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
in Trance. Sie schloss die Augen. Und mit der Zeit wurde sie ruhig und glaubte, ihr Mann sei in Gedanken bei ihr.
»War das ein Gottesdienst?«, fragte Sven leise seine Mutter, als sie in Berthas Haus zurückkamen.
»Ja, Sven. Sie haben zu Ehren deines Vaters gebetet.«
»Aber wo war der Pfarrer? Ihr habt mir doch erzählt, dass im Gottesdienst der Pfarrer predigt und die Gemeinde singt.«
»Die Quäker haben andere Sitten. Sie kennen keinen Pfarrer, keinen Gesang und keine Predigt. Sie beten alle stumm. Sie vereinigen ihre Gedanken mit Gott. Du hast schon gehört, dass sie sich selbst ›Gemeinschaft der Freunde‹ nennen. Sie lehnen jeden Prunk ab. Sie wollen Gutes tun. Sie wirken manchmal etwas, na ja, verschroben, aber wir haben sie nur als gute und hilfsbereite Menschen kennen gelernt.«
Der kleine Friedhof der Quäker war sehr schmucklos. Acht Hügel mit schlichten Kreuzen zeugten von den Opfern, die die Besiedlung gekostet hatte. Es waren vor allem Kinder, die den Härten des Lebens nicht gewachsen waren.
Vier Männer trugen den schlichten Sarg. Astrid folgte mit ihren beiden Kindern. Man hatte ihnen schwarze Kleidung geliehen.
Der Dorfälteste trat an das offene Grab und wandte sich an Astrid: »Der Herr spricht zu uns in seiner heiligen Schrift: ›Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohesnoch Tiefes noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Jesu Christo ist, unserem Herrn.‹«
Er beugte sich zur Erde und streute eine Hand voll davon über den Sarg. Dann nahm er Astrids Arm und führte sie zum Grab. Astrid hatte einen kleinen Blumenstrauß gepflückt, den sie in die Grube warf. Sie wusste, die Quäker würden keine Blumen zum Grab bringen, aber sie respektierten ihre andere Auffassung. Die Frauen nahmen sich Ingrids an, die sehr weinte. Der Älteste legte Sven, der vor Schmerz wie erstarrt schien, die Hand auf die Schulter.
Dann schaufelten sie das Grab zu und stellten ein einfaches Holzkreuz auf, in das sie eingebrannt hatten:
Einar Larsson
geb. 3.4.1729 gest. 22.9.1763
»Ist Vati jetzt im Himmel?«, fragte die kleine Ingrid, als sie zurück zum Haus gingen.
»Ja, Ingrid. Er sieht uns, er hört uns, und er liebt uns wie immer. Aber wir können ihn nicht mehr sehen und hören. Doch wenn du ganz fest an ihn denkst, wirst du spüren, dass auch er an dich denkt«, antwortete ihr die Mutter.
»Morgen fahren wir in Einars Tal, Astrid Larsson. Wir wollen sehen, ob die Indianer etwas unzerstört ließen. Glaubt Ihr, dass ihr uns begleiten könnt?«
Astrid hatte einen Stich verspürt, als der Mann »Einars Tal« sagte. So hatte es einmal ein Trapper genannt, und sie waren bei dem Namen geblieben. Über fünf Jahre hatten sie es gerodet, bepflanzt und geerntet. Es war ein Tal des Glücks geworden. Ingrid war dort geboren worden und aufgewachsen.
»Ich komme mit, Ben Walker.«
Sie fuhren am nächsten Morgen in aller Frühe mit zwei Wagen los. Auf dem Kutschsitz des ersten Wagens saßen drei Männer. Astrid saß mit zwei anderen auf dem Sitz des zweiten Wagens. Die Männer hatten Musketen. Sie trug ihre Vogelflinte, die sie aus der Blockhütte mitgenommen hatte.
Der ältere Mann neben ihr sagte: »Ich fühle mich gar nicht wohl mit den Gewehren um mich herum. Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen. Wir wollen in Frieden leben. Aber Gott will auch nicht, dass wir uns von einer Horde blutdürstiger Verrückter abschlachten lassen. Hoffentlich können wir bald wieder in Frieden leben.«
»Einar wollte nie etwas anderes. Wer zu uns kam, ob weiß oder rot, wurde in Frieden aufgenommen. Er hat für uns hart gearbeitet, damit es unsere Kinder einmal leichter haben. Und dann haben sie ihn ermordet, Nachbar Ben.«
»Es ist manchmal schwer, Gottes Willen zu verstehen, Astrid Larsson. Aber er ist unser Vater, und am Ende aller Tage werden wir erkennen, dass alles zu unserem Besten war. Nur hier und jetzt können wir es oft noch nicht begreifen.«
Astrid sah das Wäldchen, in dem Einars Pferd gestürzt war, und schluchzte leise vor sich hin. Dann kam die Lichtung, die ihnen oft angezeigt hatte, dass sie nun bald ihr Heim erreichen würden. Und dann endete der Wald, und Einars Tal lag vor ihnen. Die Wagen hielten. Ein Mann sprang vom ersten Wagen ab, lief zum Waldrand und spähte umher.
»Nichts zu sehen«, meldete er. »Kein Rauch, kein Lager,
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