Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
spalten. Rebellen müssen radikal sein, das war immer so. Die Anhänger des Königs werden verfolgt werden. Deine Mutter und ich wollen das nicht abwarten. Wir beide wollen uns nicht mehr trennen. Wir haben alles vorbereitet, um dieses Haus und das Land sofort an unsere drei Kinder zu überschreiben. Wir wandern im Sommer nach Toronto am Ontario-See aus. Ein Studienfreund von mir leitet dort eine Klinik und hat mir eine Arztpraxis verschafft. Dort in Kanada werde ich wohl britischer Untertan bleiben können. Es ist auch nicht so weit. In acht Tagen kann man von einem Ort zum anderen. Deine Schwestern wissen das noch nicht so genau, obwohl wir es andeuteten. Sie werden wohl hier bleiben. Sie legen im Frühjahr ihr Examen ab und haben schon eine Schule im Blick, an der sie unterrichten möchten. Und wenn du als größerer Bruder wenigstens zeitweilig bei ihnen bist, werden sie den Haushalt mit dem bewährten Personal hier halten können.«
Astrid hatte während dieser Rede Svens Hand ergriffen und blickte ihn an, um Verständnis bittend. Sven drückte ihre Hand, konnte aber noch nichts sagen.
»Ist das nicht alles zu früh? Ihr seid doch hier anerkannt und geachtet. Warum wartet ihr nicht ab?«, fragte er schließlich.
Dr. Wilbur sah ihn traurig an.
»Weil wir in Frieden scheiden wollen, Sven, bevor man uns vertreibt. Auch die Geschichte Englands zeigt uns, wie furchtbar Bürgerkriege sich entwickeln. Wenn es dann um Sieg oder Niederlage geht, wird der Andersdenkende nicht toleriert. Er wird vertrieben und enteignet. Wir wollen gehen, solange man uns achtet. Du hast in der britischen Flotte bestimmt auch Menschen gefunden, die du achtest. Aber wenn es zum Kampf kommt, wirst du sie bis zum Tod bekämpfen müssen.«
Sven blickte zu Boden.
»Das sind furchtbare Gedanken, aber ihr habt recht. Ich habe gute und kompetente Menschen in der Flotte kennen gelernt. Es ist mir schwer gefallen, ihr Vertrauen zu enttäuschen und heimlich zu fliehen. Aber hier sind meine Familie und meine Heimat.«
»Dann schreib ihnen, Sven«, forderte seine Mutter. »Erklär ihnen deine Motive, und bitte sie um Verständnis. Es kommt auf jede kleine Geste der Menschlichkeit in dieser schlimmen Zeit an.«
»Deine Mutter hat recht, Sven. Aber ich bin jetzt nach diesem harten Tag zu müde, um noch weiter zu diskutieren. Doch erlaube mir noch eine Frage, bevor ich mich zurückziehe: Du hast vorhin gesagt, die Gespräche mit Mr Smith hätten dir einen anderen Weg gezeigt als die Kaperei. Was meinst du damit?«
»Er hat gesagt, dass die Kolonien jetzt aus dem Nichts Armeen und Flotten schaffen müssten. Es wäre angesichts meiner Erfahrungen eine Pflicht, sich für die Bildung einer Flotte zur Verfügung zu stellen. Ich halte es eigentlich auch für wichtiger als die Kaperschifffahrt.«
Dr. Wilbur nickte und sah seine Frau an.
»Es ist eine Freude, einen Sohn mit so klugen Gedanken und so ehrenhafter Gesinnung zu gewinnen, und es ist traurig, so bald von ihm scheiden zu müssen.«
»Wir werden uns nur räumlich trennen, Vater, nie in unseren Gedanken. Und wir werden uns wiedersehen.«
Es war schön, dieses Einleben in eine neue Familie und das Wiederfinden der alten Heimat. Sven plauderte gern mit seinen Schwestern, undwenn die Wintersonne schien, dann ging er mit ihnen am Delaware entlang legte seine Arme um ihre Schultern und drückte sie an sich.
»Es ist so schön, mit der Familie daheim zu sein. Man fühlt sich so geborgen«, bekannte er.
Ingrid blickte skeptisch zu ihm herüber.
»Das sagt er jetzt, liebe Sabrina, weil ihm die britische Flotte noch in den Knochen steckt. Aber warte nur drei oder vier Wochen ab. Dann merkst du, wie die Unruhe in ihm hochkriecht, wie er immer zappeliger wird, auslaufenden Schiffen immer sehnsüchtiger hinterherschaut. Dann hört er dir gar nicht mehr richtig zu. Das Fernweh hat ihn im Griff. Er wird immer die Menschen verlassen, die er am meisten liebt. Das ist wie bei Oma und Opa. Und doch hätte es die Oma nicht anders haben wollen. Für mich wäre das nichts.«
Sabrina schaute fragend zu Sven hinüber. Ihr Blick machte ihn unsicher. Was sollte er sagen? Sabrina bedeutete ihm von Tag zu Tag mehr. Sie war nicht nur eine gute Freundin seiner Schwester, nicht nur ein guter Kamerad, da war noch mehr. Sie war hübsch, sie war klug, sie hatte Gemüt, sie hatte so unendlich viel, was Sven gern besser kennen gelernt hätte, von dem er sich Freude, Erfüllung und Glück versprach. Aber er war
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