Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
unsicher. Sabrina war nicht weniger schön und reizvoll als die Frauen, die er besessen hatte. Aber sie war völlig anders. Auf so etwas konnte man sie nicht ansprechen. Man konnte es nicht andeuten, ja, eigentlich auch nicht denken.
»Nun, Sven, willst du gar nichts sagen zu Ingrids Behauptung?«, fragte Sabrina und riss ihn aus seinen Gedanken.
»Was soll ich sagen, Sabrina? Ja, ich liebe die Seefahrt. Ich möchte meinen Beruf ausüben. Muss ich deswegen auf die Liebe einer Frau, auf Kinder und ein Heim verzichten? Es gibt doch auch an Land Menschen, die ihr Beruf immer wieder von ihrer Familie fortführt. Und wenn man sich dann wieder sieht, dann fühlt man die Vereinigung doppelt so stark. Meine Oma und mein Opa waren doch auch ein glückliches Ehepaar.«
»Ich verstehe dich, Sven«, sagte Sabrina und lächelte ihn an. »Aber es muss schon eine innige Liebe sein, die diesen Trennungen gewachsen ist. Ja, ich kann es mir vorstellen.«
»Du kannst dir vorstellen, dass dein Ehemann nur von Zeit zu Zeit bei dir ist, Sabrina?«, fragte Ingrid ungläubig.
Sabrina nickte.
Sven sah es. Wärme und Zuneigung erfüllten ihn, die er so noch nicht gekannt hatte.
Im zweiten Stock des Gebäudes der Hafenverwaltung in Philadelphias Front Street ließ sich der Schreiber auch von dem gequälten Blick seines Chefs nicht abhalten, sondern brachte sein Anliegen vor: »Sir, der Mann lässt sich nicht mehr abweisen. Er sagt, Sie hätten ihn schon einmal empfangen. Er sei vom Arzt in Gloucester und habe eine wichtige Nachricht.«
Der Leiter der Hafenverwaltung, ein etwas älterer Herr mit gepuderter Perücke, stutzte bei der Erwähnung »Arzt in Gloucester«, überlegte einen Moment und sagte dann: »Lass er ihn rein!«
Der untersetzte und kräftige Mann, der bald darauf das Zimmer betrat, verneigte sich und sagte: »Sir, mein Name ist William Costin. Ich brachte Ihnen einmal ein Schriftstück von Dr. Wilbur. Ich bin sein Kutscher.«
»Ja, ich erinnere mich. Dr. Wilbur sandte mir eine Denkschrift zur Seuchenkontrolle bei einlaufenden Schiffen. Was bringt er heute?«
Der Kutscher überraschte ihn mit der Mitteilung, dass Dr. Wilbur nichts von seinem Hiersein wisse. Er wolle einen Deserteur der britischen Flotte anzeigen.
»Wer ist es?«
»Sven Larsson aus Gloucester. Er ist von einer Sloop in Antigua desertiert und mit dem Schiff Victoria nach Philadelphia gesegelt.«
Der Chef klingelte mit einer kleinen Glocke und befahl seinem Schreiber, ihm die Liste der Deserteure des letzten Jahres zu bringen.
»Hier steht nichts von einem Sven Larsson!«
»Er hat einen falschen Namen benutzt, Sir.«
»Und woher weiß er das?«
»Er ist der Stiefsohn von Dr. Wilbur und hat es ihm erzählt. Ich hörte es zufällig. Dr. Wilbur ist zu gutherzig, um dieses Verbrechen anzuzeigen.Er glaubt auch, dass sein Stiefsohn schanghait wurde. Er hat zuletzt auf der Sloop Eagle als Steuermannsmaat gedient, Sir.«
Der Leiter des Hafenamtes studierte noch einmal seine Liste. »Hier sind vier Deserteure dieser Sloop angeführt. Einer ist der Steuermannsmaat Ben Larsberg.«
»Das muss er sein, Sir«, beteuerte der Kutscher.
»Und warum zeigt er ihn an?«
»Es ist doch meine Pflicht als Untertan des Königs. Und eine Belohnung soll es auch geben, wenn Sie ihn ergreifen.«
»Gut! Ich notiere ihn als Informanten. Sobald der Kerl ergriffen ist, erhält er die Belohnung.«
Als er später mit seinem Sekretär beriet, war der Leiter nicht mehr so zuversichtlich. »Wir können mit unseren Beamten keine Verhaftung durchführen lassen. Die Bevölkerung würde ihn sofort wieder befreien und unsere Leute verprügeln. Wir müssen warten, bis in etwa zehn Tagen die Fregatte Ajax einläuft. Dann können wir einen Trupp Seesoldaten schicken.«
»Eine ausgezeichnete Idee, Sir. Ich werde alles notieren. Der Informant hieß William Costin, nicht wahr Sir?«
Der Chef nickte.
»Es wird alles notiert und veranlasst, Sir.«
Spät am Abend meldete der Diener dem Reeder Bradwick noch einen Besucher. »Nanu, was will denn Mr Harlow noch so spät?«
Mr Harlow berichtete dem Reeder, nachdem der Diener die Tür geschlossen hatte, dass er im Hafenamt auf eine interessante Meldung gestoßen sei. »Der Kutscher eines Dr. Wilbur aus Gloucester hat ein Gespräch belauscht, wonach ein Sven Larsson, Stiefsohn des Doktors, aus der britischen Flotte desertiert sei. Sobald die Seesoldaten der Ajax verfügbar sind, soll er verhaftet werden.«
Mr Bradwick zuckte
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