Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
wenn sie weiterhin die englischen Handelsgesetze beachten. Aber wenn sie sie nun auch offen übertreten und mit allen Ländern frei handeln, dann könnten sie es überleben. Doch wird die britische Regierung die Verletzung so wichtiger Gesetze hinnehmen?«
Sven schüttelte den Kopf und betonte: »Das führt zum offenen Kampf!«
Dr. Wilbur nickte. »So sieht es die britische Regierung anscheinend auch. Wir haben Anfang Dezember erfahren, dass sie den Export von Munition in die Kolonien verboten und Admiral Graves angewiesen hat, das Verbot durchzusetzen.«
Sven lachte auf. »Jetzt verstehe ich erst, warum Mr Bradwick sagte, ich solle einen der neuen Schoner nach Kanada segeln und dort mit Kanonen und Munition ausrüsten.«
»Und welche Aufgaben soll der Schoner dann erhalten?«, fragte Dr. Wilbur.
»Er hat sich nicht offen dazu geäußert, aber da der Schoner eine außergewöhnlich große Besatzung erhält, die ich auf der Rückreise an Kanonen und Handwaffen drillen soll, nehme ich an, er will ihn als Kaperschiff segeln lassen.«
Seine Mutter sah ihn erschrocken an, und Dr. Wilbur legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
»Sven, deine Mutter und ich haben ein neues Glück gefunden. Meine Tochter ist ihr so nahe wie Ingrid, und ihre Kinder sind mir so nahe wie Sabrina. Versteh bitte darum, wenn ich dir rate: Nimm einen solchen Auftrag nie an ohne amtlichen Kaperbrief, sei er nun vom Kontinentalkongress oder dem Gouverneur einer Kolonie ausgestellt.Es würde uns das Herz brechen, wenn sie dich wie einen Piraten jagen und hängen würden. Und das würden die Briten tun.«
»Ich werde daran denken und nie ein Kommando ohne amtliche Legitimation übernehmen. Aber nach meinen Gesprächen mit Mr Jonathan Smith auf der Rückreise von der Karibik gehen meine Pläne eigentlich auch in eine andere Richtung.«
»Ist das der Jonathan Smith aus Massachusetts, der in den Zeitungen der Patrioten schreibt?«, fragte Dr. Wilbur.
Sven bestätigte, und Dr. Wilbur sagte, dass er die Meinungen des Herrn Smith zwar nicht teile, ihn aber als scharfsinnigen Argumentierer anerkenne.
»Und zu welcher Einsicht haben dich diese Gespräche nun geführt, Sven?«
Sven atmete tief und sah Dr. Wilbur fest in die Augen.
»Die Trennung zwischen Mutterland und Kolonien ist unausweichlich geworden, weil die Interessengegensätze zwischen beiden zu groß geworden sind.«
»Das glaube ich auch, Sven. Aber welche Argumente haben dich zu dieser Überzeugung gebracht?«
»England ist an den Rohstoffen der Kolonien interessiert, aber nicht an seinen Industrieprodukten. Die Kolonien haben inzwischen aber einen Entwicklungsstand erreicht, in dem sie selbst viele Rohstoffe verarbeiten und auch exportieren wollen. Der Gegensatz wird immer größer. England hat dem zu wenig Beachtung geschenkt. Politisch waren der Regierung die westindischen Inseln und Ostindien immer wichtiger als Nordamerika. In den Kolonien lebt aber eine immer mehr anwachsende Bevölkerung, die zu einem erheblichen Teil nie probritisch gefühlt hat, sondern eher nach Amerika kam, weil sie mit den Zuständen in der alten Heimat nicht zufrieden war. Diese Menschen wollen hier frei leben und sich entfalten können und werden nicht nur wirtschaftlich von England eingeengt, sondern jetzt auch in dem Drang nach Westen, wo nicht mehr die Franzosen unserem Siedlungswunsch einen Riegel vorschieben, sondern jetzt der britische König. Das und mancher andere Interessengegensatz sind unüberbrückbar. Wenn England die Unabhängigkeit nicht gewährt, wird sie erkämpft werden.«
Sie schwiegen alle. Svens Mutter sah ihren Mann an und bat: »Sag du es Sven jetzt.«
Der nickte und seufzte.
»Es ist nicht leicht, mit jemandem darüber zu sprechen, auf den man sich als künftigen Sohn so freute und zu dem ich jetzt von Trennung sprechen muss. Deine Mutter und ich sind zu denselben Schlussfolgerungen gelangt wie du. Aber ich kann den Weg der Kolonien nicht gutheißen. Ich bin in England in Loyalität zum Königshaus groß geworden, ich habe mit einem königlichen Stipendium Medizin studiert und ich bin überzeugt, dass nur die liberale parlamentarische Monarchie den Kolonien den Wunsch nach Selbstständigkeit ermöglicht. In absoluten Monarchien hätten wir gar nicht die jetzigen Freiheiten und würden geknebelt und geknechtet werden wie die spanischen Kolonien. Aber wie du sagst: Die Trennung ist unausweichlich, ob ich sie billige oder nicht. Und der kommende Kampf wird die Bevölkerung
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