Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
Schiff den Briten zufügen kann. Das schaffen tausend Mann nicht. Ich bin sicher zu ungeduldig, denn unser neuer Staat kämpft ja erst zweieinhalb Jahre für seine Unabhängigkeit. Ich hätte es nur gern koordinierter, planvoller, mit gut gewählten Schwerpunkten.«
Sabrina nickte: »Ja, Sven. Das liegt dir. Das liegt auch meinem Vater. Ich kenne diese männliche Vernunft. Aber sehr viele Menschen sind nicht vernunftgesteuert, und die Vernünftigen haben auch nicht die gleichen Interessen. Der Farmer an der Indianergrenze will Milizsoldaten zu seinem Schutz. Du bist Seemann mit Leib und Seele und willst Schiffe. Wie sollen wir das abwägen?«
Sven sah sie an und dachte nach. »Du hast recht. In einem so jungen Staat, der von der Hand in den Mund lebt, herrschen die kurzfristigen Interessen vor. Da denkt der Farmer nicht daran, dass wir auf lange Sicht nur überleben können, wenn wir den Feind vor unseren Küsten abwehren und wenn wir mit anderen Kontinenten Handel treiben. Aber irgendwann müssen wir langfristiger planen.«
»Jetzt planst du erst einmal ein Spiel mit Lilian, Liebster, du hast es ihr versprochen.«
Zwei Tage später brachte ein berittener Sonderkurier den Eilbefehl des Marine-Komitees für den Kapitän Sven Larsson. Sven schaffte es gerade noch, dem Boten ein Trinkgeld zu geben. Dann riss er den Umschlag auf und überflog das Schreiben. »Sie werden ersucht und angewiesen ...«, die alte Formel, »... am 15. Januar das Kommando der Sloop Enterprise in Norfolk, Virginia, für ein kurzzeitiges Unternehmen zu übernehmen. Mitte Februar haben Sie das Kommandoüber die Fregatte Liberty , 32 Kanonen, in Charleston, Georgia, zu übernehmen und für ihre Ausrüstung und Bemannung Sorge zu tragen.«
Es folgten noch Details, aber er informierte Sabrina, die aufgeregt neben ihm stand. »Ich soll wieder die Enterprise übernehmen. Danach geben Sie mir eine neue Fregatte. Aber wie soll ich das schaffen, am 15. Januar schon in Norfolk an der Mündung des Delaware zu sein? Die Flüsse sind doch zugefroren.«
Sven ging einige Schritte hin und her. Er merkte gar nicht, dass Sabrina vor Schreck kein Wort von sich gab. Dann sagte er vor sich hin: »Wir müssten zu Pferd nach Red Bank, diesem winzigen Nest am Navesink River, wo die Bermuda-Schoner auch anlegen. Und dort müssen wir ein Schiff kriegen. Dann wäre es zu schaffen. Sabrina, ich muss sofort mit Billy und Joshua sprechen.«
Da erst merkte er, dass sie wie erstarrt dastand und dass ihr Tränen aus den Augen rannen. »Liebste, was ist denn? Wir wussten doch, dass die Nachricht kommen würde.«
»Wissen, dass etwas kommt, und hoffen, dass es nicht geschieht, sind zweierlei«, flüsterte sie tonlos. »Warum fällt dir das Fortgehen von einem Moment zum anderen so leicht?«
»Weil ich zuerst an die Bewältigung der neuen Aufgabe denke. Der Abschiedsschmerz kommt später und dann die Sehnsucht. Was soll ich denn anderes tun? Ich bin doch nun mal kein Farmer oder Metzger. Du wusstest, dass du einen Seemann heiratest.«
»Ja, aber ich wusste nicht, wie weh der Abschied tut.«
Sven informierte Joshua und Samuel, dass sie alles packen müssten. Morgen früh würden sie aufbrechen. Dann rannte er mit Billy durch die Stadt, um die Pferde zu leihen, die Rückgabe zu vereinbaren und Informationen über die Wege einzuholen.
Der Fuhrunternehmer riet ihm zur oft befahrenen Straße über Clinton und Somerville. »Da ist der Schnee festgefahren. Auf den Nebenstraßen kämen Sie nicht durch.« Er riet ihm statt des Packpferdes auch zu einem schmalen Schlitten mit zwei Pferden hintereinander.
»Sie können den Hund nicht die ganze Strecke laufen lassen. Auf der Straße liegen Eisstücke, der Schnee ist manchmal gefroren, da reißt er sich die Pfoten auf.«
Sven leuchtete das ein, und er vereinbarte Preis und Abholzeit am nächsten Morgen.
Im Haus war die Stimmung zwischen ihm und Sabrina ein wenig gespannt. Er spielte mit Lilian. Er sprach mit Billy, ermahnte ihn, weiter so gut zu lernen, damit er im Herbst als Midshipman beginnen könne. Er verabschiedete sich von den Nachbarn und saß dann mit Sabrina am Abendbrottisch.
»Lass uns den letzten Abend nicht miteinander schmollen, Sabrina. Ich kann es doch nicht ändern«, bat er seine Frau.
Sie schwieg ein Weilchen und erklärte ihm dann, dass sie enttäuscht sei, wie schnell er sich dem neuen Kommando zugewandt habe. »Da war kein Zögern, kein Bedauern, dass du dich von den Kindern und
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