Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
wie wir nachts um zwei Uhr erschreckt wurden. Es war ein Lärm auf der Straße. Wagen ratterten, Menschen flohen schreiend, Kinder riefen nach ihren Eltern, Mütter warfen ihre Habseligkeiten weg und trugen ihre Kinder. Wir zogen uns an und gingen zur Tür. Die Engländer marschierten ein, hieß es. Die Loyalisten guckten aus den Fenstern und verspotteten die Fliehenden, dass ihre Revolution nun bald vorbei sei, und sie sollten ja nicht zurückkehren. Es war so furchtbar! Wir entschieden, dass wir uns nicht in das Getümmel stürzen und erst einmal abwarten würden.
Am Morgen beruhigte sich dann alles. Howe steht vor Germantown. Aber in wenigen Tagen wird er so oder so einmarschieren. Wie gut, dass wir nicht auf seinem Weg liegen. Auf der Fähre nach Gloucester traf ich Mr Bradwick, der nach Boston abreist. Er lässt Dich herzlich grüßen und versprach, Dir diesen Brief schnellstens zuzuleiten. Ich bin dann gleich daheim und verspreche dir, besonders vorsichtig zu sein. In Liebe deine Sabrina.«
Sven lehnte sich zurück. Er hatte plötzlich furchtbare Angst. Wenn die Menschen in solche Panik gerieten, wie konnte seine Familie dann sicher sein? Dann waren doch alle Vernunft, alles Rechtsempfinden, jeder Anstand vergessen. Was sollten sie nur tun? Was konnte er tun? Er musste zu ihnen!
Er las dann noch die anderen Briefe, die sehr viel beruhigender klangen. Seiner Mutter und dem Stiefvater ging es gut. Sie hatten sich sehr gut eingelebt. Die Praxis floriere und man solle sie doch einmal besuchen.
Auch bei seiner Schwester Ingrid und ihrem Mann war alles bestens. Ingrid war schwanger und fühlte sich wohl. Die Praxis des Schwagers lief gut. Um die Briten machten sie sich nicht viel Sorgen. Ärzte brauche jeder. Sven musste lächeln. Auf einmal lebte er in einer Familie mit zwei Ärzten, und er war der einzige Seemann.
Dann nahm er wieder Sabrinas Brief in die Hand und ging zur Karte. Er war jetzt über tausend Kilometer von den Seinen entfernt. Aber musste zu ihnen. So oder so.
Rocky wurde nicht schlau aus seinem Herrchen. Immer wieder stand er aus seinem Bett auf, ging an den Tisch, wühlte in Briefen und Karten und wälzte sich dann wieder im Bett. Erst gegen Morgen fanden beide etwas Ruhe.
Aber als Martin den Morgenkaffee brachte, schickte ihn Sven sogleich, Leutnant Bauer zu holen. Als Karl erstaunt kam, musste Martin einen weiteren Kaffee bringen. Dann schickte Sven ihn aus der Kajüte.
»Ich muss nach Hause, Karl! Die Briten haben Philadelphia besetzt. Sabrina hat eine Panik bei der Flucht der Einwohner erlebt. Sie ist schwanger. Ich kann sie nicht allein lassen. Du musst die Enterprise übernehmen!«
»Sven! Wir sind zu weit entfernt. Bis du dort bist, kann alles vorbei sein. Wer sagt dir, dass um Gloucester gekämpft wird? Die Briten sind doch von der Chesapeake-Bucht gekommen.«
»Aber jetzt wollen sie den Delaware freikämpfen. Das ist vor unserer Haustür.«
»Aber der Kongress hat dir das Kommando erteilt. Wer soll mir das hier übertragen?«
»Die Prisenagenten Clarkson und Dorsius vertreten auch das Marine-Komitee. Sie müssen es einfach tun, sonst verlasse ich den Dienst.«
»Sven, du weißt, dass ich dir helfe, wenn ich kann. Aber ich fürchte, hier reicht meine Hilfe nicht aus. Du ruinierst deine Karriere.«
»Ich pfeife auf Karriere. Ich muss meiner Familie helfen. Sie ist alles, was in meinem Leben zählt.«
»Und deine Freunde, Sven?«
»Verzeih! Aber sie sind auch Sabrinas Freunde. Bitte, hilf uns.«
»Was ich tun kann, tue ich. Aber ich fürchte, dein Teil wird zu schwer für dich.«
Sven führte die beiden Prisenagenten zuerst auf die erbeutete Brigantine, wo er ihnen Leutnant Bauer vorstellte. Ihm überließ er auch weitgehend die Vorstellung des erbeuteten Schiffes. Dann gingen sie gemeinsam zum unbeschädigten Prisenkutter.
Danach teilten sie sich. Sven übernahm mit Mr Clarkson die eine Hälfte der Handelsschiffe, Karl Bauer mit Mr Dorsius die andere. Die Agenten ließen sich über Schäden informieren, sahen die Schiffspapiere durch und überprüften stichprobenartig die Ladung.
Sie trafen sich wieder in Svens Kajüte. Die beiden Agenten, wesentlich älter als Sven und sehr würdevoll, waren sichtbar beeindruckt von den gekaperten Prisen. »Wir rechnen es Ihnen sehr hoch an, Kapitän Larsson, dass Sie auch zwei feindliche Kriegsschiffe erbeutet und die eigenen Verluste so gering gehalten haben. Das war eine sehr erfolgreiche Kreuzfahrt. Wir werden dem Kongress
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