Sven Larsson Bd. 3 - Kurs auf Sieg
waren etwa siebzig Kilometer. Dort ist fast unberührtes Land. Hin und wieder eine Farm. Die Leute sind alle geflüchtet, als sie uns sahen. Am dritten Morgen ging ich mit einem Matrosen voran auf einem Waldweg in südlicher Richtung. Aus einem Gebüsch wurde auf uns geschossen. Wir rannten vom Weg in die Büsche. Plötzlich sprang einer seitlich von mir hinter einem Baum hervor. Ich stolperte vor Überraschung und wäre fast nach vorn gefallen. Er wollte mich mit dem Bajonett abstechen. Durch mein Stolpern traf er mich nur in die Seite. Es war ein furchtbarer Schmerz. Ich habe noch meine Pistole gegriffen, mich umgedreht und ihn erschossen. Wie ich das schaffte, weiß ich selbst nicht mehr.
Meine Kumpel schleppten mich den halben Tag nach Augusta, wo ein Arzt war. Er konnte nicht feststellen, ob die Niere verletzt war, hatmir Schmerztropfen gegeben und mich verbunden. Dann sind wir mit Booten flussabwärts nach Brunswick gebracht worden. Auf dem Schoner hier bin ich mal gesegelt, und sie haben mich mitgenommen. Auf Kumpel kann man sich verlassen, auf Generäle nicht.«
Sven flüsterte zum Schiffsarzt. »Versorgen Sie ihn im Hospital, Dr. Bader. Wir setzen sofort wieder alle Segel, damit wir ihn noch bis Charleston bringen.«
Zu Michael Flinders und zum Kommandanten des Schoners sagte Sven niedergeschlagen: »Was für ein Desaster. Mehrere dieser Art könnten wir kaum vertragen.«
Liberty und Virginia mit ihren Prisen wurden in Charleston wieder herzlich empfangen. Am Kay am Cooper-Fluss standen Menschen und winkten ihnen zu. Und wer immer konnte, winkte zurück.
»Siehste da, det dritte Haus, da neben dem Schuppen, da wohnt meene Liebste. Se wird gleich aus ’nem Fenster winken«, freute sich der Maat am Vormast.
Ein anderer Maat, der ihm zugehört hatte, war erstaunt. »Sach mal, du bist doch verheiratet in Chester am Delaware. Du hast doch och ’n Kind mit deine Frau.«
»Nu mach dir man nich in de Hosen. Die eene weeß nich von der anneren. Det läuft doch alles prima. Ick hab überall ’nen Bett und die Weiber werden bedient. Noch wat?«
Sven ließ sich ans Ufer bringen und suchte die Hafenkommandantur auf. Er wurde freundlich empfangen. Man kannte sich seit langem.
»Na, Mr Larsson. Dasselbe wie immer? Gute Prisen und in Eile. Nun ist es nicht mehr Mr Talbot, zu dem Sie schnell wollen, sondern seine Nichte. Die ist jetzt aber verheiratet, mein Lieber.«
Der alte Hafenkapitän, der Svens Opa noch gekannt hatte, lachte ihn schelmisch an.
»Das weiß ich längst, Kapitän Zoller. Das hat sie mir schon angekündigt. Ihr Onkel hat den Mann ausgesucht.«
Der alte Kapitän wurde ernst. »Ja, der alte Talbot dachte immer nur ans Geschäft. Ich hätte meiner Nichte einen knackigeren und jüngerenMann ausgesucht. Aber schauen Sie sich Mr Fernando nur selbst an. Wir treffen uns ja noch.«
Während die Kutsche zu Talbots Villa ratterte, versuchte Sven, sich über seine Gefühle zu Rosita klar zu werden. Wenn er an sie in letzter Zeit gedacht hatte, wurden nicht nur sachliche und neutrale Gefühle in ihm wach, sondern auch erregende Erinnerungen an einen leidenschaftlichen Körper. Er wollte Sabrina nicht betrügen, aber die Erinnerungen tauchten immer wieder auf.
In Talbots Villa begrüßte ihn der alte Butler und bat ihn in den Salon, servierte ihm einen Tee und ging, um die Herrschaften zu benachrichtigen. Rosita erschien zuerst. Sie hatte sich verändert. Sie hatte auch vor Jahren nicht wie eine Hure gewirkt, aber jetzt war sie noch damenhafter und von einer gepflegten Gelassenheit, die jeden Gedanken an Nacktheit und Leidenschaft verbannte.
Sie lächelte ihn an und reichte ihm die Hand zum Kuss. »Wie schön, dass du wieder einmal vorbeischaust, lieber Sven. Mein Mann freut sich auch, dich kennen zu lernen. Er wird gleich bei uns sein.«
Sven war erleichtert und enttäuscht. Sie förderte keinen der erotischen Gedanken, die ihn erregt hatten. Das erleichterte und bedrückte ihn zugleich.
Mr Fernando war sicher zwanzig Jahre älter als seine Frau, um die fünfzig etwa. Er war schlank, hatte schwarze Haare und einen schwarzen Schnurrbart. Seine Familie stammte aus Spanien, war in Mexiko ansässig geworden, und sein Vater hatte nach Philadelphia geheiratet. Er wirkte lebhaft, gediegen und kultiviert.
Das Gespräch wandte sich nach einleitenden Sätzen über Svens Anreise und das beiderseitige Befinden bald den Prisen zu, die Sven hier auf den Markt bringen wollte. Rosita erkundigte sich nach
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