Sven Larsson Bd. 3 - Kurs auf Sieg
Recht, seitdem sie alt genug waren, ihm entgegenzugehen oder zu krabbeln. Sie wollten nicht nur gedrücktund geküsst werden, sie warteten auch auf mitgebrachte Geschenke. Auch diesmal fragte Lilian nach dem ersten Abgedrücke: »Hast du uns was mitgebracht?«
Sabrina sah sie strafend an, aber Billy hatte Sven schon den kleinen Sack gereicht, den er vom Schiff nach Gloucester gebracht hatte. Sabrina wunderte sich immer wieder, wie Sven es schaffte, Geschenke zu erwerben, auch wenn er nicht in Städten anlegte, wo er durch Geschäfte streifen konnte.
Diesmal hatte er eine Puppe für Lilian und ein kleines Schaukelpferd für Einar. Die beiden waren nun erst einmal beschäftigt, und Sven musste sich den Hausangestellten widmen. Auch für sie hatte er kleine Geschenke: hübsche Umhängetücher für die Frauen und eine Flasche guten Rums für John.
Dann konnte er mit Sabrina nach oben gehen und sich umziehen. Sven blickte Sabrina schon verlangend an, aber sie flüsterte: »Du musst dich noch gedulden. Ich habe gesehen, dass Martha schon eine Torte auf den Tisch gestellt hat.«
Nun, das würde auch vorbeigehen. Während sie Kaffee tranken und Torte aßen, erzählte Sven, dass er ihr einen neuen Hausangestellten als Hilfe für John vorschlagen wolle. »Ich habe einen sehr geschickten und zuverlässigen Zimmermannsmaat, etwa dreiundzwanzig Jahre alt. Er ist bei einem Gefecht vor Newport an beiden Füßen verwundet worden. Er kann nicht mehr an Bord dienen, aber mit besonderen Schuhen könnte er ohne Weiteres als Kutscher arbeiten und im Garten helfen. Seine Familie ist von Indianern ermordet worden, und ich möchte nicht, dass er mit den paar Cents vom Staat auf der Straße bettelt.«
Sabrina war einverstanden. »Wenn du ihn vorschlägst, wird er gut sein. Und wir können wirklich Hilfe gebrauchen, seitdem ich so oft in die Stadt zu Mr Bradwick muss. Nun habe ich das Unterrichten aufgegeben und habe doch kaum mehr Zeit.«
»Aber dein Unterricht hat auch Erfolg gehabt. Mein Erster Leutnant und der Master loben Billys Wissen als Midshipman. Er selbst macht auch einen zufriedenen Eindruck.«Sabrinas und Svens Liebe war reifer geworden. Vielleicht waren ihre Vereinigungen weniger stürmisch, aber sie waren inniger. Sie trennten sich kaum in diesen ersten Tagen. Sie sahen ihren Kindern zu. Sie erzählten von den Tagen der Einsamkeit, aber auch von den Ereignissen dieser Tage.
Sven erfuhr, welche Waren knapp und teuer geworden waren. Tee, Gewürze, Seide und manche Artikel der weiblichen Schönheitspflege. »Am nachhaltigsten hat sich der Pakt mit Frankreich wohl auf die Parfümpreise ausgewirkt«, klärte ihn Sabrina auf. »Wir können endlich wieder unter mehreren Sorten wählen und mit stabilen Preisen rechnen.«
Sven fasste sie lachend um. »So positiv hat mir noch niemand diese Allianz geschildert. Wird denn schon ein Parfüm nach d’Estaing benannt?«
»Du mit deinen Scherzen! Aber vor einigen Wochen wurde mir ein Artillerieoffizier bei Bradwicks vorgestellt. Er fragte mich, ob ich was mit ›Larssons Schießpulver‹ zu tun hätte. Sie schossen seit zwei Wochen damit. Es sei beste britische Qualität. Was sagst du nun?«
Sven war sprachlos. Damit hatte er nicht gerechnet.
Die Tage vergingen. Sven war an zwei Tagen der Woche auf dem Schiff, kümmerte sich um notwendige Reparaturen und Ergänzungen, besprach den Personalbedarf mit seinem Ersten und die Krankheitsfälle mit seinem Schiffsarzt.
Dr. Bader überraschte ihn eines Tages mit einem neuen Fall. Ein Mann, abgemagert fast bis zum Skelett, bleich, die Haut mit Geschwüren bedeckt, lag im Lazarett. »Er hat nur nach Ihnen gefragt, Sir, und die Leute schleppten ihn zur Liberty . Sie werden ihn nicht erkennen. Er heißt Gilbert Dickson und war Maat auf dem Schoner Freedom . Bei einem Landungsunternehmen geriet er in britische Gefangenschaft und war auf einer Hulk in New York eingesperrt. Durch Zufall gelang ihm die Flucht.«
»Kriegen Sie ihn durch, Doktor?«
»Ja. Es sieht schlimmer aus, als es ist. Herz und Lunge sind in Ordnung. In zwei Tagen redet er mit Ihnen.«
Sven hatte schon von Gefangenenhulks in New York und in England gehört. Er wusste, dass die Gefangenen bei minimaler Kost und Bewegung auf alten, außer Dienst gestellten Schiffen zusammengepfercht wurden, aber was er dann von Gilbert Dickson hörte, übertraf jede Fantasie.
Hunderte von Gefangenen mussten auf einem Schiff leben, das vorher vielleicht mit dreißig Mann Besatzung auskam.
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