Sven Larsson Bd. 3 - Kurs auf Sieg
Alle Luken waren vernagelt. Zur Bewegung kamen sie eine halbe Stunde an Deck. Das war auch die einzige Zeit, frische Luft zu atmen. Kümmerliches, vergammeltes Brot war ihre Hauptnahrung. Jeden Morgen mussten sie die Toten an den oberen Luken stapeln.
»Ausgetauscht mit Gefangenen, die wir gemacht hatten, wurden vor allem die Landsoldaten, Sir. Sie waren bei Weitem in der Mehrheit und besetzten alle Posten unter den Gefangenen. Wir Seeleute konnten nur verrecken. Sie kennen manchen, der dort krepiert ist. Erinnern Sie sich noch an Dirk Salton, Sir, den Spaßmacher? Er starb eine Woche, bevor ich fliehen konnte.«
Sven erinnerte sich. »Verdammt, wir machen doch auch Gefangene. Auf der letzten Bark hatten wir allein zwanzig Feuerwerker, die die Munition betreuen sollten. Ich rede mit dem Hauptquartier, Mr Dickson. Da muss sich was ändern.«
Er beriet sich vorher mit Mr Bradwick und Mr Smith und hatte dann ein langes Gespräch mit dem zuständigen Oberst. Er erhielt die Zusicherung, dass Seeleute künftig im Austausch mit Seeleuten freigelassen werden würden. Noch vor seiner nächsten Ausfahrt kam ein Trupp von zwanzig Freigelassenen.
Nathaniel, Svens Schreiber, hatte der Besatzung erzählt, wie es zu der Freilassung gekommen war. »Wenn ich wieder auf den Beinen bin, gebe ich keine Ruhe, bis ich auf ein Schiff von Mr Larsson komme«, sagte einer der Freigelassenen, und mehr als einer seiner Gefährten nickte.
Svens Schwager, Henry Kellaghan, den die Larssons in Norristown besuchten, hatte auch schon zwei Männer von Gefangenenhulks in seinem Hospital behandelt. »Einen konnte ich nicht retten.«
Seine Frau Ingrid hatte die Idee, die vielen Gefangenen das Lebenerleichtern sollte. »Und warum haben wir Frauen noch keinen Wohltätigkeitsverein gegründet, um diesen armen Kerlen zu helfen? Wir reden immer, wie viel freier und aktiver Frauen heute im öffentlichen Leben sind, aber hier wäre doch ein Gebiet, es einmal zu beweisen. Und es betrifft nicht nur unsere Gefangenen. Ich bin einmal an einem Lager britischer Gefangener vorbeigekommen und habe mich geschämt. Sabrina, hilfst du mir, Gleichgesinnte zu werben und Spenden zu sammeln?«
»Mit ganzem Herzen, Ingrid. Das ist eine wunderbare Idee. Und wir müssen auch mit den Pfarrern reden.«
»Bitte«, sagte Henry mit gespielter Demut. »Das ist wirklich eine großartige Idee. Aber redet erst einmal mit uns. Wir haben euch auch so viel zu erzählen. Ich will Sven doch auch seinen Jack Jackson vorführen.«
»Wer ist denn das?«, fragte Sabrina erstaunt.
»Na, der gehbehinderte Maat, den mir Sven geschickt hat. Jack, komm mal her!«
Aus dem nahe gelegenen Schuppen kam ein junger, kräftiger Mann.
»Aber der geht doch völlig normal«, stellte Sabrina fest.
»Ich werd verrückt«, staunte Sven. »Wie hast du das geschafft? Er konnte doch nur noch hinken.«
Henry lächelte stolz. »Wir haben ihm Stiefel angepasst, die die Lücken, an denen Teile des Fußes fehlen, ausfüllen. Dadurch hat der Fuß wieder Halt und rutscht nicht mehr weg. Zeig doch mal die Schuhe, Jack!«
Jack zog die Hosenbeine hoch, und sie sahen ganz normale Schnürschuhe aus Leder. Jack wandte sich an Sven. »Das Besondere erkennt man erst, wenn man auch das Innere der Stiefel sieht, Sir. Aber ich will Ihnen damit nicht die Begrüßung verderben. Ich zeige es Ihnen morgen.«
»Gut, Mr Jackson. Ich komme morgen auf Sie zu. Und zwei Tage später reisen Sie mit uns zurück, nicht wahr?«
»Wenn Sie mich noch nehmen wollen, Sir.«Die Besuchstage waren voll und ganz ausgefüllt. Die Kinder waren ein Dauerthema, der Ausbau von Henrys Hospital und Praxis war nach einer Besichtigung ein mindestens abendfüllendes Thema. Der neue Hauptsitz der Reederei Bradwick und Co. mit seinen Folgen für das Geschäft entlockte Henry und Ingrid viele Fragen, und die Erlebnisse Svens im Kampf wurden von allen gleichermaßen bestaunt.
Jacks Schuhe mit ihren raffinierten Innenpolstern wurden von Sven, Joshua und den anderen Begleitern bewundernd betastet, und zwei Wächter aus dem neuen Reedereigebäude, die mitgekommen waren, ihre Familien zu besuchen, waren stolz auf die Produkte ihrer Handwerker. William, der früher in Gloucester gearbeitet hatte und dann mit den Kellaghans nach Norristown gezogen war, freute sich, den Larssons die Produkte seiner Arbeit zu zeigen.
Beide Familien unternahmen auch Ausflüge in die schöne Umgebung. Henry zeigte Sven manche Wildpflanzen und erzählte, dass er sie manchmal mit
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