Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
sowieso schon über den Prunk der Neureichen spotten.«
»Lieber Bruder, zum Erfolg gehört der Neid. Den musst du ertragen. Ich finde die beiden Türme mit Abstand zu den Flügeln aber schöner.«
Sabrina stieß ihren Mann leicht an und lächelte. »Willst du es ihnen sagen?«
»Was denn sagen?«, fragte Ingrid neugierig.
Sven atmete tief und blickte ergeben drein. »Ich soll zugeben, dass nicht ästhetische Gründe für die Türme entscheidend waren, sondern meine Vorsicht und Wachsamkeit. Sabrina nennt das: ›Ängstlichkeit‹. Von beiden Türmen aus kann man das ganze Gebäude überwachen und verteidigen. Und darum stehen sie da. Wie bei einer Festung.« Er schien auf die Kritik der anderen zu warten.
»Das habt ihr aber ausgezeichnet gelöst«, stellte Henry zu Svens Erstaunen fest. »Ich gebe zu, an Wachsamkeit und Verteidigung hätte ich vielleicht nicht gedacht, weil mein Leben weniger Gefahren bietet als deines. Aber es kann nicht schaden, und ästhetisch ist das eine perfekte Lösung. Wie ich sehe, haben beide Türme auch gedeckte Brücken zum Haus. Ihr könnt sie also jederzeit mit Personal besetzen oder räumen.«
Sven nickte. »Es ist ihr einziger Zugang. Aber nun gehen wir rein. Ich bin so neugierig, wie es innen aussieht.«
Da sie das neue Haus Ende Januar beziehen wollten, war es bereits verputzt. Aber überall schafften Arbeiter an Bodenbelägen, Treppengeländern und anderen Kleinigkeiten. Sabrina erklärte, welche Bemalungen, Tapeten oder Bespannungen die Wände verschönern sollten, und so ergab sich ein recht lebendiges Bild.
Im Erdgeschoss waren Wohnräume, Bibliothek, Küche und ein Festsaal vorgesehen. Oben waren Schlafräume, Kinderzimmer, Nähzimmer und Räume für Dienstboten. Es war, so konnte man sehen, ein schönes Haus, festlich und doch zweckmäßig und gemütlich.
»Es muss wunderschön sein, hier zu leben«, bestätigte Svens Schwester. »Auch die Landschaft ist reizvoll, besonders der Blick auf den Schuylkill River. Aber habt ihr auch daran gedacht, dass ihr älter werdet? Manchen Menschen fällt es sehr schwer, im Alter Treppen zu steigen. Und ihr müsstet immer nach oben ins Schlafzimmer.«
»Wir haben nicht daran gedacht, liebe Schwester. Aber im Notfall müssten wir im Erdgeschoss einen Raum umwidmen oder wir bauen uns ein kleines bequemes Haus dort, wo unsere Kinder leben.« Sven fasste die Hand seiner Schwester. »So, und nun gehen wir zurück nach Gloucester. Ihr kommt doch wieder zur Einweihung?«
In Gloucester erwartete sie der Konstabler. »Es tut mir außerordentlich leid, Sir, Sie während Ihres Familienbesuches stören zu müssen. Aber wir haben erste Erkenntnisse zum Überfall auf Ihre Familie.«
»Das sind wichtige Nachrichten, Mr Robbins, und wir alle sind sehr interessiert, aber wir haben nur einen kurzen Moment Zeit, da wir schon einige Stunden unterwegs und daher durchgefroren, durstig und ermüdet sind. Außerdem höre ich schon unsere Kinder nach uns schreien. Sie verstehen das sicher und werden sich kurzfassen.«
Der Konstabler nickte und berichtete, dass drei der Toten identifiziert worden seien. Sie stammten aus dem Brandy-Viertel, jenem übel beleumdeten Vorort, in dem Sven einmal die Räuber aufgegriffen hatte, die die Reederei Bradwick bestohlen hatten. Einer der Toten hatte auch enge Verbindungen zu der Firma Norton & Co. , deren Name auf dem Zettel stand, den man bei einem Toten gefunden hatte.
»In der Firma wurde bestätigt, dass dieser Tote einen Tag vor dem Überfall dort gewesen sei und mit dem Boss geredet hätte. Der Name des Firmeninhabers, Harry McCall, stimmt, so sagt Ihr Schreiber, mit dem Namen des Mannes überein, der durch Sie nach der Schändung eines Pulverjungen zum Tode verurteilt und im Frühjahr 1778 aufgehängt wurde. Es war sein Bruder Hugh McCall. Der Firmenboss ist ein fanatischer Negerhasser und Sie, Sir, gelten in diesen Kreisen als ›Niggerfreund‹. Es gibt also persönliche und politische Motive. Leider soll der Firmenboss geschäftlich in New York sein.«
Sven wirkte betroffen. »Und warum schickt er erst jetzt die Mörder los?«, fragte Sven erstaunt.
»Er hat vielleicht erst jetzt Einzelheiten erfahren, Sir« antwortete der Konstabler.
»Sein Bruder Hugh, ein verlogener und nichtsnutziger Bursche, hat auch keinen Brief an Angehörige hinterlassen, wie ich mich jetzt erinnere. Da haben Sie sicher recht, Mr Robbins. Ich werde darüber nachdenken und melde mich gleich nach dem Fest bei Ihnen. Vielen Dank
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