Sweet about me
selbst zwei Bodyguards, Sammy und Mars, große schwarze Hunde, nicht ganz so kurzhaarig wie ihr Besitzer, gebändigt von Stachelhalsbändern aus Stahl.
Während er mit einem Putzleder zärtlich die Beifahrertür bearbeitete, erzählte Tom, wie er beim Straßenverkehrsamt draufgezahlt hatte, um S und M, die Anfangsbuchstaben der beiden Hundenamen, auf sein Autokennzeichen zu bekommen. Eigentlich hätte Tom lieber MS als SM gehabt; zum einen, weil M im Alphabet lange vor S erscheint, zum anderen, weil Mars’ Gebissmuskulatur noch mörderischer, sein Charakter noch gnadenloser als der von Sammy war. Tom lachte. Er sah mich so lange dabei an, bis ich nicht anders konnte und höflich mitlachte.
Aber Tom wollte Sammy nicht das Gefühl geben, zweitrangig zu sein, irgendwie weniger geliebt zu werden, und so hatte er das Los entscheiden lassen. Auf die Rückseite eines Bierdeckels hatte Tom ein großes M, auf einen zweiten ein großes S gemalt, und dann hatte er die Bierdeckel mit geschlossenen Augen gemischt und schließlich das Los mit dem S gezogen.
» Eigentlich«, sagte die regennasse Heike, » müsste auf dem Kennzeichen ja ein H stehen. H wie Heike, verstehst du? Aber die Hunde gehn wie immer vor. Die sind wie Kinder für uns.« Tom und Heike lachten und sahen mich an, bis ich mitlachte.
» Weißt du, mit dreiundzwanzig haben sie mir die Eierstöcke weggeschnitten«, sagte Heike lächelnd. » Wegen Krebsverdacht.«
Tom polierte weiter seinen Wagen, und Heike betrachtete mit stiller Begeisterung die Hunde, bis die an der Leine zerrten und Heike mit sich fortrissen.
» Bin dann auch mal weg«, sagte ich.
» Verlass dich auf mich«, sagte Tom. » Wirst sehn, dieser Umzug wird ’ne super Party.«
Mayas Kinderzimmermöbel, die vielen Tierzeitschriften und Poster sollten nicht mit in die neue Wohnung. Michelle sagte, sie sei zu alt dafür. Pippi-Langstrumpf-Krempel, Jim-Knopf-Babykram. Bücher, die Maya besonders gern gelesen hatte, und ihre selbst gemalten Schmetterlingsbilder sortierte Betty aus und verpackte sie behutsam in Kisten.
Drei Tage vor dem Umzug organisierte Tom einen Kleintransporter. Betty wollte unbedingt zur Mülldeponie mitfahren. Ich versuchte, sie umzustimmen, aber sie ließ sich nicht überreden. Anfangs ging alles gut. Wir brachten Hefte und Bücher zum Container. Auch Betty beteiligte sich, als sei alles bloß Altpapier. Danach waren das Bett dran, der Kleiderschrank, der Schreibtisch. Bevor wir gemeinsam anpackten, bat ich Tom, die Möbel möglichst geräuschlos auf den anderen Sperrmüll fallen zu lassen. Tom grinste wie üblich und sagte etwas, das ich nicht verstand. Als die Ladefläche des Transporters leer geräumt war, dachte ich schon, wir hätten es überstanden.
» Irgendwie ist es besser so«, sagte ich zu Betty und wollte sie in den Arm nehmen. Sie stieß mich weg. Überrascht stolperte ich rückwärts über ein paar Bretter und fiel auf den Hintern. Tom nahm die schwarze Mütze ab, die seinen geschorenen Kopf vor dem Novemberwetter schützte, und setzte sie wieder auf. Zwei Arbeiter, die in Gartenabfällen herumstocherten, wechselten Blicke und lachten.
Am nächsten Tag fuhren wir zu den Möbelhäusern außerhalb der Stadt. Betty musste dort lange um einen Parkplatz kämpfen. Zweimal wäre sie fast auf ein anderes Auto aufgefahren. Es wurde gehupt, gebrüllt, gedroht.
» Lass mich doch fahren«, sagte ich. Betty würgte den Motor ab. Ein übergewichtiger Familienvater machte obszöne Handbewegungen. Betty sagte, am liebsten wäre sie tot. Ich zerkratzte mir die Unterarme. Michelle saß mit Kopfhörern auf dem Rücksitz.
Ein Nikolausdarsteller zerrte an seinem juckenden Bart. Fröstelnde Engel verteilten Luftballons und Süßes.
Michelle hatte einen ganz anderen Möbelgeschmack als Maya, Betty und ich. Konservativ, ohne Pfiff. Alle Bekehrungsversuche schlugen fehl. Außerdem achtete Michelle nicht auf den Preis, obwohl wir an den Kredit für die Wohnung denken mussten. Und es war viel zu warm, zu laut und eine Qual, bis Verkaufspersonal frei war. Nach jedem Kauf gab Michelle uns artig einen Kuss. In einer überfüllten Cafeteria stellten wir uns ihr zuliebe für ungesundes Zeug an, dazu gab es Weihnachtslieder im Techno-Sound und quengelnde Kinder.
Auf der Rückfahrt am späten Nachmittag machten wir uns nach langer Stille plötzlich lustig über Leute, die so dumm waren, ausgerechnet am ersten Adventssamstag durch Möbelhäuser zu ziehen. Betty imitierte einen der
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