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Sweet about me

Sweet about me

Titel: Sweet about me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Sous
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Laufbursche für diese Frau da oben.«
    » Und wie läuft’s in der Schule?«, fragte ich Michelle.
    » Pissig«, antwortete sie und stellte ihre Tasse mit einem Nachdruck hin, dass der Kaffee überschwappte. » Eine Vier minus in der Deutscharbeit, weil Frau Rogler meint, ich würde schlechte Ausdrücke benutzen.«
    » Was denn für schlechte Ausdrücke?«, fragte Betty besorgt.
    » Zum Beispiel chillig«, sagte Michelle. » Oder porno, krass abkacken oder so. Jeder außer Frau Rogler spricht doch so!«
    » Ich spreche nicht so«, sagte Betty, » und ich finde es auch nicht in Ordnung, dass du solche Ausdrücke benutzt.«
    » Immerhin noch eine Vier«, sagte ich schnell. » Als ich in die Schule kam, wurde man geschlagen und kriegte eine Sechs, wenn man nicht Hochdeutsch sprach. Die Lehrerin hasste unseren rheinischen Dialekt. Die verstand uns nämlich nicht, weil sie eine Vertriebene aus Oberschlesien war. In den Pausen schlich sie auf dem Schulhof hinter uns her. Die belauschte uns sogar auf dem Klo. Sprach einer Platt, patsch, hatte er eine kleben und musste eine eng bedruckte Seite aus dem Lesebuch abschreiben.«
    Michelle fragte: » Wo liegt denn Oberschlesien?«
    Es läutete dreimal. Betty sprang auf, als erwartete sie die Beatles in Originalbesetzung. Kaffee schwappte jetzt über den Rand ihrer Tasse. Wenig später hörte ich sie lachen wie schon lange nicht mehr. » Das ist ja eine Überraschung!« Man duzte sich. Betty brachte zwei Männer mit, die dabei waren, ihre Mäntel aufzuknöpfen. Sie gaben Michelle und mir die Hand wie Politiker im Wahlkampf und nannten ihre Vornamen. Betty sagte, Robert und Johannes seien auch im Literaturkreis, zufällig in der Nähe gewesen und würden nun mit uns frühstücken.
    » Aber nur, wenn es keine Umstände macht«, sagte Robert und sah Michelle und mich gewinnend an. Michelle fing wieder an zu schlürfen. Von ihren Augen konnte man leicht den Wunsch ablesen, die Typen sollten möglichst rasch krass abkacken. Ich signalisierte Zustimmung.
    Betty holte Stühle, hantierte mit Tassen und Tellern, bediente die Kaffeemaschine. Sie füllte den Brötchenkorb und sprach mit hoher Stimme. Die drei unterhielten sich über andere aus dem Literaturkreis. Paula im neunten Monat, aber immer noch mit dem Fahrrad unterwegs; Alexander, der sein Chemiestudium mit der Bestnote abgeschlossen hatte.
    » Und wo liegt jetzt Oberschlesien?«, fragte Michelle mich. » Und warum ist deine Lehrerin von da vertrieben worden? Weil die so streng war?«
    Wie ein petzender Schuljunge fragte Johannes, der jüngere der beiden Gäste: » Sind das deine Zigaretten, Betty? Aber du rauchst doch nicht, oder?« Mit spitzem Finger zeigte er auf die Packung, die auf der Fensterbank lag.
    Betty antwortete, eigentlich sei sie Nichtraucherin, nur hin und wieder paffe sie mal eine. Auf einer Feier, nach einem anstrengenden Tag in der Agentur. Sie redete und redete wie eine Angeklagte, versprach, in Zukunft überhaupt nicht mehr zu rauchen. Zum Beweis zerdrückte sie die fast volle Packung und warf sie in den Mülleimer.
    » Was geht das diese Leute an, ob du rauchst oder nicht?«, fragte ich Betty heiser.
    » Das frag ich mich aber auch«, sagte Michelle.
    » Ich bin Ihnen dankbar für diese Frage«, antwortete Robert. Sein wohlwollender Blick, seine sanfte Telefonseelsorgerstimme nervten. Das Telefon läutete.
    » Ein Brot!«, rief Frau Hauenstein. » Und eine Makrele, ein paar Gramm Trüffelleberwurst. Und die Fernsehzeitung. Und Bensons und zwei Flaschen Rotwein, den aus Südafrika, du weißt schon. Ich kaue hier schon auf Papier und Zigarettenkippen herum, aber es eilt nicht! Lass dir ruhig Zeit!«
    Bevor ich das Haus verließ, schaute ich aus dem Fenster. Ich hatte Glück: Tom, Heike, Sammy und Mars fuhren gerade weg. Es war der zweite Adventssamstag und eigentlich die Stunde, in der Tom immer sein Auto auf Hochglanz brachte. Aber das Wetter spielte weiter verrückt. Der Temperatursturz war enorm. Nur ein Wahnsinniger würde bei dieser Kälte sein Auto waschen.
    Die Gehwege waren vereist. Einmal rutschte ich aus. Eine Leierkastenmelodie und die flimmernde Adventsbeleuchtung versuchten mich aufzurichten. Im Tabakladen ging es nicht voran, weil alle Kunden Zigarrenkisten und Schnapsflaschen in Geschenkpapier und mit Goldflitter wünschten. George Michael sang Last Christmas. Meine Brillengläser beschlugen. Im Fischgeschäft gab es Makrelen kistenweise, aber zwanzig Kunden waren vor mir dran. Deshalb kaufte ich

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