Sweet Valentine's - Rache zum Valentinstag
ziemlich
heftig mit Barry gestritten. Wegen unserer Scheidung, ihr wisst schon. Ich dachte,
dass Jacob oben in seinem Zimmer spielt, aber er stand auf der Treppe und hat
alles mitbekommen. Und da ist er weggelaufen. Ich habe nur gehört, dass die Tür
zugefallen ist. Aber seine Stiefel und seine Jacke sind weg.«
Sie
schluchzt heftig auf und schlägt beide Hände vor das Gesicht. »Oh mein Gott,
ich habe solche Angst um ihn.«
Während
Kyle versucht, sie ein wenig zu beruhigen, kommt Noah zu Tür herein. Auch er
wirkt äußerst besorgt. Er ist in Uniform und spricht leise in sein Funkgerät.
Dabei wendet er sich ab, aber ich bin sicher, dass er Rick und Gordon befragt,
seine Deputies, die nach dem Kleinen Ausschau halten. Seiner Miene nach zu
urteilen haben sie ihn bisher nicht gefunden.
»Was
ist mit Barry?«, erkundigt sich Holly währenddessen. »Er sucht doch sicherlich
schon nach Jacob. Vielleicht hat er ihn längst gefunden.«
Milla
schüttelt den Kopf und schluchzt wieder auf, bevor sie antworten kann.
»Er
ist weg«, sagt sie dann und verzieht verbittert das Gesicht. »Einfach
abgehauen. Jacob ist ihm doch scheißegal.« Sie scheint die erstaunten und
betroffenen Gesichter um sich herum gar nicht wahrzunehmen. »Bitte, ihr müsst
mir helfen, ihn zu finden.«
»Hast
du bei seinen Freunden angerufen?«, erkundigt sich Noah in sachlichem Tonfall.
Er hat jetzt ganz in den Polizisten-Modus geschaltet. »Vielleicht ist er zu
einem von ihnen gelaufen.«
»Nein.«
Wieder schüttelt Milla den Kopf. »Das habe ich schon probiert. Ich habe alle
angerufen, aber er ist bei keinem von ihnen aufgetaucht. Sie wissen auch nicht,
wo er sein könnte.«
Ich
erinnere mich, dass ich als Kind immer zu einem besonders alten, knorrigen Baum
gegangen bin, wenn ich unglücklich war oder allein sein wollte. Oben in seinen
bemoosten Ästen war mein absoluter Lieblingsplatz. Den Baum gibt es schon lange
nicht mehr, aber möglicherweise hat Jacob auch einen Ort, an den er sich gern
zurückzieht, wenn er Kummer hat.
»Hat
Jacob vielleicht einen Lieblingsplatz?«, frage ich vorsichtig. »Irgendeinen
Ort, an den er gehen würde, wenn er traurig ist?«
Milla
sieht mich direkt an. An ihrer Miene erkenne ich, dass ihr der Gedanke auch
schon gekommen ist, sie ihn aber schnell wieder verdrängt hat.
»Ja,
den hat er«, sagt sie leise. Sie beißt sich leicht auf die Unterlippe und sieht
noch besorgter aus als vorher. »Bei den Wasserfällen.«
Einen
Moment lang sagt niemand ein Wort, doch die betroffenen Gesichter um uns herum
sprechen Bände. Erschüttert greife ich nach Jaydens Hand und halte sie ganz
fest.
Die
Green Falls, die oberhalb des Ortes liegen und ihm ihren Namen verliehen haben,
sind schon im Sommer nicht ungefährlich. Sie sind lange nicht so beeindruckend
wie die Multnomah Falls oder die anderen Wasserfälle in der Nähe, aber sie
liegen an einem schwer zugänglichen Steilhang. Durch das aufwirbelnde Wasser
ist die Umgebung bemoost und glitschig – und im Winter eisglatt.
»Wir
müssen ihn dort sofort suchen«, höre ich Jayden sagen, und die anderen nicken
zustimmend. Uns allen ist klar, dass der Junge in großer Gefahr schwebt, wenn
er tatsächlich in Richtung der Wasserfälle gelaufen ist.
»Ich
laufe hoch und suche ihn«, schlägt Kyle vor. Sofort melden sich die meisten der
anderen, um ihn zu begleiten. Auch Jayden und ich wollen natürlich helfen.
»Wir
sollten aber auch bedenken, dass er eventuell doch woanders hingelaufen sein
könnte«, wirft Noah ein. »Am besten wird sein, wenn wir uns in mehrere Gruppen
aufteilen.«
Während
er die Organisation übernimmt, die Gruppen aufteilt und jeder Gruppe ein
Suchgebiet vorgibt, gehe ich zu Tony, den Besitzer des Mountainview Inn, und
lasse mir einen Erste-Hilfe-Kasten geben. Für mich ist klar, dass ich mit zu
den Wasserfällen gehe. Wenn Jacob wirklich dorthin unterwegs gewesen ist,
könnte er sich verletzt haben. Und dann könnten meine Kenntnisse doch noch
nützlich sein, auch wenn ich noch keine fertig ausgebildete Ärztin bin.
Ich
verstaue gerade das unhandliche Päckchen in meinem Rucksack, als ich plötzlich
Hollys Stimme höre. Sie steht ganz in der Nähe und redet auf Milla ein, die den
Kopf gesenkt hält.
»Ich
verstehe das nicht«, sagt sie kopfschüttelnd. »Du und Barry, ihr habt euch doch
andauernd gestritten. Warum reagiert Jacob denn ausgerechnet dieses Mal so
extrem und rennt weg? Er kennt das doch schon.«
»Diesmal
war es anders.« Millas
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