Switching Places 01 - Spiel Mit Der Leidenschaft
erschöpften Gesichter der Spieler. Madeline vermutete, dass die meisten vom Brandy und der Erregung wach gehalten ohne Schlaf ausgekommen waren, bis sie ausgeschieden waren. Jetzt saßen sie im Raum verteilt in ihren Sesseln und betrachteten schweigend den einzig verbliebenen Tisch in der Mitte.
Dort, im Zentrum der Aufmerksamkeit, saßen sich Gabriel und Mr. Rumbelow die Spielkarten in Händen gegenüber.
Madeline sog Gabriels Anblick förmlich ein, bemerkte seine lockere Haltung, die gelassene Miene, die ruhigen Hände. Er musste irgendwann eine Pause eingelegt haben, denn sein weißes Halstuch war glatt, das schwarze Jackett wie frisch gebügelt. Er trug nur einen einzigen Ring, seinen Siegelring, was Madelines Aufmerksamkeit auf seine Hände richtete - langfingrig, präzise und ruhig. Er spielte um hunderttausend Pfund genauso, wie er um zehn Shilling gespielt hätte: kühl und ohne sichtbare Anzeichen der Anstrengung.
Er sah sie nicht an. Er sah niemanden an. Aber sie wusste, er war sich ihrer Anwesenheit bewusst, ihrer aller Anwesenheit.
Ihn anzusehen, mit ihm im gleichen Zimmer zu sein, erfüllte sie mit einer solchen Liebe, dass sie sich zurückhalten musste, nicht zu ihm zu gehen, die Arme um ihn zu legen und allen zu erklären, dass er ihr gehörte.
Ein ganzes Dutzend Lakaien folgte den Gästen ins Spielzimmer und verteilte sich wie die Wachmannschaften in Newgate über den ganzen Raum.
Madelines Beklommenheit nahm zu. Dieser Augenblick, dieses Finale, war der Grund, weshalb Mr. Rumbelow darauf bestanden hatte, dass keiner den Landsitz verließ. Aber was hatte er vor? Einen simplen Raubüberfall? Die Wandbehänge und Teppiche erstickten jeden Laut. Mr. Rumbelow und Gabriel saßen wortlos da, die anderen Spieler waren verstockt. Als die Familienangehörigen sich zu ihren Männern gesellt hatten, lag eine profunde Stille über dem Raum.
Die Frauen küssten ihre Männer und murmelten, es mache ihnen nichts aus, dass ein Jahreseinkommen oder mehr verloren war. Die kleinlauten Kinder scharten sich um die Sessel, und aller Augen waren auf die Spieler gerichtet.
Die Atmosphäre knisterte vor Spannung. Die Zuschauer beugten sich bei jedem Spielzug vor und zählten mit. Madeline sah, dass den anderen Spielern jedes Mal, wenn eine Karte ausgespielt wurde, die Hände zuckten und dass sie beim Punkteaddieren die Lippen bewegten.
Sie hasste es, wenn ihr Vater spielte. Wenn er die reale Welt gegen einen Ort tauschte, wo Ruhm und Reichtum immer ein Stück außer Reichweite waren. Magnus war nicht hier, aber sie registrierte an jedem dieser Männer die gleiche Gier und Verzweiflung. Und sie wusste, sie wusste, dass direkt vor ihren Nasen eine Gefahr lauerte, die sie vor lauter Aufregung nicht bemerkten.
Madeline wartete, dass Gabriel ihr ein Zeichen gab, zu ihm zu kommen.
Aber er sah nicht in ihre Richtung, sondern lümmelte im Stuhl, als sei ihm ihre Anwesenheit gleichgültig.
Big Bill war ihre Anwesenheit nicht gleichgültig. Er scheuchte die restlichen Gäste herein, schloss hinter ihnen die Tür und bewachte sie mit verschränkten Armen. Er beobachtete Madeline mit einer Feindseligkeit, dass sie am liebsten nach ihrer Pistole gegriffen hätte - aber die war immer noch in der Reisetasche. Sie hatte Big Bill während des Spaziergangs ermutigt und ihm dann in eklatanter Weise einen Korb gegeben, indem sie sich einen anderen Liebhaber genommen hatte. Sie hatte ihm einen Kinnhaken verpasst und ihn vor seinen Kumpeln zur Lachnummer gemacht.
Befriedigend aber zweifelsohne unklug. In seinem feindseligen Blick konnte sie sehen, welches Schicksal sie erwartete, falls sie ihm in die Hände fiel. Er würde ihr wehtun. Er würde seinen Spaß daran haben, ihr wehzutun.
»Madeline!«, rief Thomasin leise und gedehnt. »Kommen Sie und stellen Sie sich zu uns.«
Madeline gehorchte, und Thomasin platzierte Madeline gezielt hinter Lady Tabards ausladender Gestalt außer Sichtweite Big Bills.
Madeline bemerkte, dass sie die einzige Gesellschafterin im ganzen Raum war. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass sie nicht hätte kommen sollen. Es war niemandem in den Sinn gekommen, es ihr zu verbieten. Aber warum war Mr. Darneils Kammerdiener hier? Der junge Mann wirkte verstört und deplaziert. Er redete leise und eindringlich auf Mr. Darnell ein. Mr. Darnell sah Mr. Rumbelow mit zusammengezogenen Augen an, als sei er verstimmt.
Mr. Rumbelow bemerkte es nicht. Warum auch? Hier konnte ihm niemand zu nahe treten.
Das
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