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Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ballantyne
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war ihr Ton, der mir sagte, dass sie nicht übermäßig gelitten hatte, sie war ganz gut ohne mich zurechtgekommen.
    »Merkwürdig, was?«, sagte sie, und das Hündchen schien sie mehr zu interessieren als ich.
    Ich schwieg.
    »Nicht wahr, Harry?«
    »Ja, ja«, sagte ich.
    Die Band hatte aufgehört zu spielen, der Motorenlärm, der von der Koppel herüberkam, war jetzt umso lauter. Und schwoll immer weiter an. Bis er plötzlich ganz aufhörte und die Menge jubelte und applaudierte. Keine Frage, es war soweit, ich wünschte mir, ich wäre einfach dortgeblieben, statt Caroline zu suchen. Was hatte ich nun davon, dass ich sie gefunden, dass ich sie sogar gerettet hatte – außer den aufregendsten Moment der ganzen Kirmes zu verpassen? Mach, was du willst, Caroline, dachte ich, du kannst mich mal.
    »Warum kreischen die Leuten denn so?«, sagte sie. »Wollen wir uns das anschauen?« Doch sie bewegte sich nicht aus dem Ladeneingang. Hatte sie sich überhaupt nicht versteckt, wartete sie etwa auf jemanden?
    »Zu spät«, sagte ich, »das war Buster, der durch den Feuerreifen gesprungen ist. Das macht er bestimmt nur einmal.«
    »Dibs’ Bruder?«, staunte sie, »der Junge, der hinter uns hergefahren ist? Er ist durch den Feuerreifen gesprungen? Harry, warum hast du mir das denn nicht gesagt?«
    Jetzt bewegte sie sich endlich.
    Ich blieb stehen: »Ich habe dir gesagt, dass er auf der Koppel ist, ich hab’s dir vorhin gesagt.«
    »Aber nicht, dass er durch den Feuerreifen springt!« Sie hatte sich umgedreht und sah mich jetzt direkt an.
    »Wusste ich doch selbst nicht«, sagte ich und blieb vor dem Geschäft stehen. »Jetzt ist es zu spät, wir haben es verpasst.«
    »Komm schon, Harry«, sagte sie, »vielleicht springt er noch einmal.«
    »Bestimmt nicht«, antwortete ich. Eigentlich war es noch zu früh, aber ich hatte das Gefühl, dass ich kurz davorstand, in mein schwarzes Loch zu rutschen. Aus der leichten Niedergeschlagenheit von vorhin hatte sich etwas Schweres, Düsteres zusammengebraut.
    Ob sie mich wohl stehenließ? Waren die anderen ihr wichtiger?
    Ich sah sie an.
    Sie sah mir verwirrt in die Augen.
    Es waren Fragen, die sich schon bald in Nichts auflösten, denn die ersten Regentropfen fielen, schwere Tropfen, der Regen setzte ein und hörte überhaupt nicht mehr auf, und Bonnie Braes Freudentag fiel ins Wasser.
    Selbst wenn es nicht geregnet hätte, wäre der Rest des Tages versaut gewesen, es war ja vorher schon furchtbar. Und nur einer war schuld daran – der verdammte Mr Wiggins.

10
    »Und nun«, sagte der fette Norman und setzte sein Kreidehäkchen neben das nächste Wort, »möchte ich ein Beispiel haben für eine Katastrophe .« Er sah sich um, sein Blick landete auf mir.
    Ich meldete mich gleich. »Herr Lehrer, Herr Lehrer!«, rief ich.
    »Ja?«, nickte der fette Norman.
    »Also, Herr Lehrer, wenn jemand Mr Phelps nicht leiden kann und ihm was heimzahlen will, weil er was Böses gemacht hat, dann kann er zum Beispiel die Weiche am Hafen verstellen, und Mr Phelps würde es vielleicht nicht merken, und dann würde Sydney Bridge Upside Down die Lore über die Kaimauer ziehen und ins Meer stürzen, und Mr Phelps würde auch reinstürzen und ertrinken mit seinem Pferd, und die Lore würde auf den Grund sinken, und das, Herr Lehrer, wäre dann eine Katastrophe.«
    Der fette Norman wartete, ob das alles war, und sagte: »Das scheint mir eher ein Beispiel für Rache zu sein. Wie heißt du?«
    »Harry Baird, aber Herr Lehrer, wär das nicht doch eine Katastrophe?«
    Er sah mich eine Weile verwundert an. »Na gut«, sagte er und wandte sich wieder der Tafel zu. Er kreuzte ein weiteres Wort an. »Gibt mir jemand ein Beispiel für ein Dilemma ?«
    »Herr Lehrer!«, rief ich und schnippte.
    Ich war zwar der schnellste, kam aber nicht dran. Der fette Norman sah mich nicht einmal an, er wartete, bis sich jemand anders meldete.
    Typisch, so war unser neuer Lehrer. Außerdem hatte er ein Gedächtnis wie ein Sieb – er hatte mich in drei Tagen dreimal nach meinem Namen gefragt –, und manchmal tat er so, als wüsste er die Antworten nicht auf die Fragen, die er uns stellte. Es schien beinahe, als hätte er mit Rechtschreibung, Rechnen und Erdkunde mehr Schwierigkeiten als ich! Zum Beispiel hatte ich am Tag vorher in Erdkunde erwähnt, dass Mr Dalloway, unser alter Lehrer, einmal gesagt hatte, Calliope Bay käme ihm vor, als wäre es am Rand der Welt, viele Menschen müssten irgendwann mal geglaubt haben, sie

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