Sydney Bridge Upside Down
zu erzählen, dass ich Onkel Pember vor dem Rathaus getroffen hatte, aber dann hätte ich ja Mr Wiggins erwähnen müssen, was ihr sicher nicht recht gewesen wäre.
Und so erklärte ich: »Ich würde gern noch mehr von deiner Autobiographie hören, besonders die Sache mit dem Onkel, mit dem schwarzen Bart.«
»Onkel Pember?«, sagte Caroline. »Ja, der hatte wirklich ein schockierendes Geheimnis.«
»Weiß ich ja«, sagte ich, »das hast du mir erzählt. Genau darüber würde ich gern mehr wissen. Wir könnten ja die frühen Lebensjahre überspringen, und du liest mir gleich die Sache mit dem Geheimnis vor.«
»So ist das aber nicht gedacht, Harry, du musst schon geduldig sein.«
»Und wenn ich dir mein schockierendes Geheimnis verrate, verrätst du mir dann das von Onkel Pember?«
»Nein«, sagte sie lachend, »du musst dich schon ein wenig gedulden!«
Sie glaubte überhaupt nicht, dass ich ein Geheimnis hatte. Selbst wenn ich es verraten hätte, hätte sie es kaum geglaubt, bestimmt hätte sie vermutet, ich würde es nur erfinden, um ihr Onkel Pembers Geschichte zu entlocken.
Jetzt standen wir an einem Zelt neben der Koppel. Caroline hatte dort einen Boxer entdeckt, der vor dem Zelt auf einem Podium tänzelte. Ein harter Typ, er hatte eine schiefe Nase und Pomade im Haar, sein Körper war stark behaart. Alle paar Sekunden landete er einen kräftige Treffer gegen einen unsichtbaren Gegner. Am Podium hing ein Schild, auf dem stand, dass der Boxer Kid Savage jede Herausforderung annehmen würde. Wer drei Runden überstand, erhielt einen Preis.
Hier und da standen Leute, die ihm aufmerksam zuschauten. So auch Caroline. Mich dagegen langweilte es schon bald, wie er seine unsichtbaren Gegner fertigmachte. Ich zupfte Caroline am Ärmel, aber sie wollte nicht mitkommen. Ein paar Schritte weiter, gleich neben dem Podium, ließ ein Junge die Fäuste auf eine Boxsack prasseln, wenn er zurückschnellte, musste er jedes Mal ausweichen oder nachsetzen.
»Lässt du mich auch mal ran?«, fragte ich den Jungen und vergewisserte mich, dass Caroline immer noch mit dem Boxer beschäftigt war.
Der Junge trat zur Seite. Ich schlug zu, und der Sack flog und schnellte zurück, ich schlug wieder, immer härter und immer schneller, ich stellte mir vor, auf dem Sack wäre ein Gesicht, schon klar, wen ich da vor mir sah, oder? Ein Gesicht, das mich herausforderte, anstachelte, ich schlug immer härter zu, den Jungen, der wieder dran wollte, ignorierte ich einfach. Ich war jetzt richtig wütend, ich war so wütend, dass ich nicht mehr richtig traf, ich bekam einen Schlag, war getroffen, mir blutete die Nase, was mich noch wütender machte. Ich trommelte auf den Sack ein, bis mich der andere Junge wegschubste, ich stand da und schnappte nach Luft und wischte mir mit dem Ärmel das Blut von der Nase. Bis das Nasenbluten aufhörte, war der ganze Ärmel verschmiert, ich krempelte ihn auf.
Dann fiel mir Caroline ein. Ich rannte zurück zu der Stelle, wo ich sie zurückgelassen hatte, konnte sie aber nicht finden. Kid Savage boxte immer noch gegen seinen Schatten, die Leute schauten ihm immer noch zu. Nur Caroline war verschwunden.
Ich suchte sie überall, bei den anderen Zelten und Buden, ich ging die Hauptstraße zurück bis zum Rathaus, ich sah mich sogar in den Seitenstraßen um. Erst jetzt kehrte ich zu Kid Savage zurück. Wie konnte sie mich nur so im Stich lassen?, fragte ich mich, wieso hatte sie mir nichts gesagt? Sie musste mich doch an dem Boxsack gesehen haben, es war ja klar, dass ich mir nur die Zeit vertrieb, bis sie genug von Kid Savage hatte, ich hatte doch nur auf sie gewartet. Und sie ließ mich nun im Stich!
Oder hatte sie mich etwa doch nicht gesehen? Vielleicht dachte sie, ich wäre zur Koppel gegangen. Ich lief gleich hin, um nachzusehen, ob sie noch da war.
Aber an der Pferdekoppel war es beinahe unmöglich, sie zu finden. An der Absperrung standen mehr Leute als auf der ganzen Hauptstraße! Sie wollen wohl das Springreiten sehen, dachte ich, aber weit gefehlt, gerade wurden Motorräder auf die Wiese geschoben! Als ich mich an die Absperrung gedrängt hatte, war von den Maschinen nichts zu hören, es sah aus, als würden die Männer die Motorräder nur schieben. Doch kurz darauf begannen sie, einer nach dem anderen, ihre Motoren anzuwerfen, schließlich war der Lärm so gewaltig, das sogar die Band übertönt wurde, sodass noch viel mehr Menschen von der Hauptstraße zur Koppel drängten. Ich steckte fest, es
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