Sydney Bridge Upside Down
schnell erklären«, sagte der fette Norman, »es gibt keinen Grund, hysterisch –«
»Sagen Sie Frank, was Sie mir gesagt haben«, unterbrach Mrs Kelly.
»Mr Baird, ich nehme mir das Recht zu erklären, dass ich nicht wünsche, dass der Kerl da unten am Hafen meine Kinder belästigt. Das ist es, was ich sagen will, das ist schon alles.«
»Das war aber noch nicht alles, was Sie mir gesagt haben. Sie haben gesagt, dass Sam Phelps ein übler Kerl ist, ein böser Mensch.«
»Sam Phelps?«, staunte Papa.
»Ich habe gesagt, dass ich ihn für fähig halte, etwas Böses zu tun. Es ist möglich, dass sein Interesse an meinen Kindern völlig harmlos ist. Ich wünsche aber nicht, es darauf ankommen zu lassen.«
»Das ist doch üble Nachrede, oder, Frank?«, sagte Mrs Kelly.
»Hört sich eher nach einem Missverständnis an«, meinte Papa. »Mr Norman, glauben Sie mir, Mr Phelps ist völlig harmlos.«
»Habe ich ihm ja auch gesagt«, rief Mrs Kelly, »aber er lässt überhaupt nicht mit sich reden. Er hat schon am ersten Tag, als er in Calliope Bay angekommen ist, beschlossen, dass Sam Phelps ein bösartiger Mensch ist, er lässt sich nicht davon abbringen. Ich bin doch erstaunt, dass ein gebildeter Mensch so verstockt sein kann, nur weil dieser Mann allein lebt und seine Ruhe haben will.«
»Warum hat er dann meinen Sohn auf sein Pferd gesetzt?«, fragte der fette Norman. »Und warum steht er immer hier an der Straße und beobachtet unsere Häuser? Er hat es doch auf die Kinder abgesehen!«
»Ach, Mr Norman, so würde ich das nicht sehen«, meinte Papa. »Ich verstehe schon, was Sie sagen wollen, aber da sind Sie wirklich auf dem Holzweg. Wir kennen Sam Phelps alle sehr gut. Er ist wirklich harmlos.«
»Genau das habe ich auch gesagt«, sagte Mrs Kelly »Ich finde es unsäglich, dass er eine Gefahr wittert, nur weil der kleine Bruce mal auf dem Pferd sitzen darf. Sie sollten sich schämen, Mr Norman. Was wollen Sie denn als Nächstes tun? Wollen Sie zum Hafen runtergehen und ihn lynchen? Wären Sie dann zufrieden?«
»Ich wollte ja nur sagen –«, fing Mr Norman an.
»Hören Sie sich doch um! Fragen Sie doch die Leute!«, rief Mrs Kelly. »Fragen Sie meinen Mann – da kommt er gerade.«
Jetzt wagte ich einen Blick. Mrs Kelly, Papa und Mr Norman standen an der Straße, sie sahen in die Richtung, aus der der Motorenlärm kam. Der Reo hielt vor dem Haus der Kellys.
»Juhuu!«, rief Mrs Kelly und winkte ihren Mann herüber. Sie sah Papa an, als wollte sie sagen, jetzt kommt endlich jemand, der dem fetten Norman mal die Meinung sagt.
Das war auch mein Wunsch. Ich fürchtete nämlich, dass der fette Norman nun erzählen könnte, wie er eigentlich auf den Gedanken gekommen war, dass Sam Phelps etwas Schlimmes verbrochen haben könnte. Ich wollte nicht, dass mein Name in diesem Streit fiel, es war besser, wenn sie überhaupt nicht an mich dachten, wenn ich unbemerkt blieb. Noch während ich überlegte, verstand ich auf einmal, wie dumm der fette Norman eigentlich war. Kein Wunder, dass Bruce ihn nicht leiden konnte. Was sollte die ganze Aufregung? Nur weil Bruce einmal Sydney Bridge Upside Down reiten durfte? Wenn er wüsste, dass sein Sohn gerade mit Dibs und Cal zum Angeln am Hafen war, würde er vollkommen ausrasten.
Jetzt also trat Mr Kelly hinzu, er sagte: »Ich wollte eh rüberkommen, das hier ist für dich, Frank, der lag im Laden.« Er reichte Papa einen Brief.
»Und war das Fleisch auch schon da?«, fragte Mrs Kelly. Ihr Mann nickte, worauf sie sich wieder dem fetten Norman zuwandte: »Man kann sich ja auf die Lieferungen nicht mehr verlassen«, sagte sie, »bei Mr Wiggins war das ganz anders, der kam immer pünktlich.«
Papa warf einen kurzen, mürrischen Blick auf den Brief und steckte ihn ungelesen in die Hosentasche.
»Ich bring mal das Fleisch rein«, sagte Mr Kelly. Er wollte schon wieder gehen.
»Warte mal!«, rief Mrs Kelly. »Du musst dir anhören, was Mr Norman von Sam Phelps hält. Sagen Sie es ihm, Mr Norman, sagen Sie ihm, was Sie von Sam Phelps halten!«
»Ich habe nur ge-.«
»Er verlangt, dass wir Mr Phelps lynchen«, rief Mrs Kelly.
»Unsinn«, sagte der fette Norman. »Ich habe nur gesagt, dass ich nicht wünsche, dass sich der Kerl mit meinen Kindern abgibt. Ich traue alten Männern wie ihm nicht.«
»Wenn Sam sich gelegentlich rasieren würde, wüssten Sie, dass er gar nicht so alt ist«, sagte Mr Kelly. »Er könnte ein bisschen gepflegter aussehen.
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