Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ballantyne
Vom Netzwerk:
Wimmern, es ist Cal. Er weint im Schlaf, sein ganzer Körper zittert, er weint und flüstert mit seiner fiepsigen Jungenstimme, Mama, flüstert er, Mama.

14
    An einem Samstag, vierzehn Tage nach dem Unfall von Mr Wiggins, hörte ich Stimmen vor dem Haus. Ich hatte mich in meinem Zimmer verkrochen. Es war ein sonniger Tag, das Rollo war herabgelassen. Ich kroch unter dem Bett hervor und ging zum Fenster, das offen stand. Es waren wütende Stimmen, sie gehörten Mrs Kelly und dem fetten Norman. Ich konnte unbemerkt lauschen.
    »Sie sind noch nicht lang genug hier«, sagte Mrs Kelly. »Wenn Sie uns ein bisschen besser kennen würden, würden Sie sich schämen, so etwas zu behaupten. Sie sind doch ein gebildeter Mann, Sie sollten Herr über Ihre Gefühle sein.«
    »Dies ist aber eine Frage des Verstandes«, sagte der fette Norman, »ich bin die Sache verstandesmäßig angegangen. Ich habe auch nichts überstürzt. Glauben Sie mir, Mrs Kelly, meine Frau und ich haben in Ruhe über die Sache nachgedacht, wir handeln sehr überlegt.«
    »Aber es ist doch erst gestern gewesen!«, rief Mrs Kelly. »Wie können Sie behaupten, dass Sie es sich in aller Ruhe überlegt haben?«
    »Gestern?«, sagte er, »Es geht doch schon lange so.«
    »Haben Sie nicht gerade gesagt, dass es gestern war?«, sagte Mrs Kelly. »Gestern hat er Ihrem Sohn erlaubt zu reiten, das haben Sie doch gesagt, oder?«
    »Schon, ja, aber ich –«
    »Also, wie können Sie sich die Sache dann in aller Ruhe überlegt haben?«, rief sie. »Selbst wenn Sie die ganze Nacht lang mit Ihrer Frau geredet haben, hatten Sie doch längst nicht genug Zeit.«
    »Gestern ist nur das Fass zum Überlaufen gekommen«, sagte er. »Ich kann Ihnen versichern, dass ich auch vorher schon Zeit genug hatte, über die Situation nachzudenken. Tatsächlich habe ich schon ein, zwei Tage nach unserer Ankunft begonnen, mir Sorgen zu machen.«
    »Also bitte, wie das denn?«, rief Mrs Kelly, »Und das soll ich ernst nehmen, Mr Norman, wissen Sie eigentlich, was Sie da sagen?«
    »Aber ja, das weiß ich ganz genau«, sagte der fette Norman, »ich sage, dass ich sein Verhalten unerträglich und geradezu abscheulich finde. Ich sage, dass ich ihm genau das auch mitteilen möchte.«
    »Sie sagen aber noch viel mehr«, rief Mrs Kelly, »Sie unterstellen ihm eine große Gemeinheit.«
    »Ich habe bisher nur gesagt, dass ich ihm ein solches Verhalten durchaus zutraue«, antwortete Norman. »Dabei soll es – vorerst – bleiben.«
    »Mr Norman, ich bin doch sehr erstaunt!« Mrs Kelly sprach jetzt leiser und eindringlicher. »Sie scheinen sich überhaupt nicht darüber im Klaren zu sein, welche Konsequenzen Ihre Behauptungen haben, dabei sind Sie doch ein gebildeter Mann! Wissen Sie eigentlich, dass das üble Nachrede ist?«
    »Ach was«, sagte er. »Ich bin ein Vater, ich mache mir berechtigte Sorgen um meine Kinder, das ist alles.«
    »Das gibt Ihnen aber nicht das Recht, jemanden zu verleumden«, sagte Mrs Kelly.
    »Lassen Sie das meine Sorge sein, Mrs Kelly«, sagte der fette Norman, der jetzt seine Lehrerstimme wiedererlangt hatte.
    »Das werde ich natürlich nicht tun!«, rief sie, »nicht, wenn es um jemanden geht, der Ihnen überhaupt nichts getan hat. Ich sage Ihnen mal was: Ich habe langsam wirklich Zweifel, ob man jemandem wie Ihnen unsere Kinder anvertrauen kann. So. Da haben Sie es.«
    Diese letzten Sätze hatte sie in einer Lautstärke hervorgestoßen, die den fetten Norman erst einmal zum Schweigen brachte. Sogar Papa, der in der Küche war, hatte offenbar alles gehört. Er humpelte nämlich gleich zur Haustür und öffnete sie. Ich stand am Fenster und rührte mich nicht, ich überlegte, einen Blick durch das Rollo zu wagen. Und ich fragte mich, ob Caroline in ihrem Zimmer auf der anderen Seite auch zuhörte. Sie war am Abend mit Buster unterwegs gewesen und erst spät nach Hause gekommen. Sie wollte mal richtig ausschlafen, hatte Papa beim Frühstück gesagt, aber bei dem Geschrei, dass Mrs Kelly und der fette Norman veranstalteten, war sie sicherlich aufgewacht.
    »Was ist hier los?«, fragte Papa, »Was streitet ihr euch denn so?«
    »Frank, wir waren gerade auf dem Weg zu dir«, sagte Mrs Kelly. »Mr Norman hat etwas auf dem Herzen. Sagen Sie es ihm, Mr Norman, sagen Sie Frank, was Sie auf dem Herzen haben.« Ich konnte mir gut vorstellen, wie sie den fetten Norman dabei ansah, dieser Blick hatte mich selbst schon oft genug getroffen.
    »Ich kann das ganz

Weitere Kostenlose Bücher