Symphonie der Herzen
»Genau genommen finde ich dich sogar ziemlich verführerisch.« Verschwörerisch senkte sie die Stimme. »Wahrscheinlich ist es Euer schmaler Schnurrbart, verehrter König, der mich so schwach macht.«
»Und was mich an Euch anzieht, weiß ich ebenfalls«, flüsterte John und fuhr mit der Fingerspitze einmal zart über den Ansatz ihrer halb entblößten Brüste. »Das Problem ist nur, dass Ihr damit auch so ziemlich jeden anderen Mann auf Euch aufmerksam macht.«
»Aber das gehört doch zu meiner Rolle als Barbara Castlemaine dazu! Sie war ihrem Charles notorisch untreu.«
In diesem Moment kam seine Tochter in einem bodenlangen weißen Gewand die Treppe hinabgeschwebt. Mit anerkennendem Nicken drehte Charles sich zu ihr um und dröhnte: »Na, das nenne ich doch mal eine gelungene Verkleidung. Ja, ich muss sagen, du gibst eine ganz reizende Novizin ab, Lu.«
»Aber ich bin’s doch: Georgy!« Sie nahm ihre weiße Seidenmaske ab.
»Gütiger Himmel, Liebes. Niemals hätte ich vermutet, dass du dir ein Nonnenkostüm aussuchst.« Ernst schaute Georgina ihre Tochter an. »Zumal dieser riesige Kopfputz dein schönes Haar verdeckt.«
»Aber genau das ist doch der Trick daran. Niemand wird mich erkennen, und ich wiederum werde heute Abend jede Menge Spaß haben.«
Als Louisa die Treppe herunterkam, hatte sie sich ganz bewusst bereits ihren Umhang umgelegt, sodass niemand ihr Kostüm erkennen konnte. Sogar ihr schwarzes Haar hatte sie versteckt, und zwar unter einer feuerroten Lockenperücke.
Vor lauter Begeisterung klatschte Georgina in die Hände. »Jetzt weiß ich wenigstens, wie Baby Rachel in einigen Jahren aussehen wird. Und nun kommt, die Kutsche wartet schon. Wir kommen sowieso mal wieder zu spät. Aber wie heißt es doch so schön? Je später der Abend, desto schöner die Gäste. Was Königin Adelaide wohl heute trägt?«
Der Saint James Palace war anlässlich des königlichen Maskenballs beleuchtet worden wie ein Weihnachtsbaum, und sogar die livrierten Diener trugen an diesem Abend Masken. Louisa und Georgy konnten es kaum erwarten, sich endlich von ihren Eltern abzusetzen, und mischten sich bei der erstbesten Gelegenheit unter die Schar der Gäste. Neugierig schaute Louisa sich um, um zu sehen, für welche Auftritte sich die anderen entschieden hatten. Als Erstes entdeckte sie Rotkäppchen und wusste sofort, dass das nur Lady Holland sein konnte. Wie zur Bestätigung stand hinter ihr ein Mann mit einer Wolfsmaske. Kokett tippte Lu ihm einmal auf die Schulter. »Hallo, Onkel Holly. Gewagtes Kostüm.«
Abrupt drehte er sich um und starrte auf eine hübsche Rothaarige hinab, die ein eng geschnürtes Mieder trug, welches überaus reizvoll ihre Brüste betonte, und dazu einen kurzen Rock, der ihre wohl geformten Beine entblößte. Zunächst war er ein wenig verwirrt. Dann aber entdeckte er Louisas grüne Augen hinter der Maske und grinste. »Wie um alles in der Welt hast du herausbekommen, dass ich es bin?«
»Das habe ich ja gar nicht. Aber Beth habe ich wiedererkannt. Und da kann der Wolf ja wohl nur ihr Ehemann sein, nicht wahr?
Ansonsten hätte ich wohl nie geahnt, wer hinter dieser Maske steckt. Wie wäre es also mit einem kleinen Tänzchen? Ich habe noch nie mit einem Wolf getanzt.«
Galant führte Henry sie auf die Tanzfläche. »Du erinnerst mich sehr an deine Mutter. Genau dieses Kostüm hätte sie in deinem Alter bestimmt auch getragen.« Schwärmerisch ging sein Blick in die Ferne.
»Ich stelle heute Nell Gwyn dar, Onkel Holly. Nur vor Vater muss ich mich verstecken. Er wäre von diesem Kostüm bestimmt nicht angetan.«
»Übrigens sucht Teddy bereits nach dir. Er geht heute Abend als Robin Hood und - Wie soll ich es nur sagen? Nun, er ist jedenfalls ziemlich interessiert an dir, meine Liebe. Wenn du weißt, was ich meine.«
»Wie schön«, seufzte Louisa. »Zumal wir uns ja schon seit unserer Kindheit kennen.«
»Ganz genau, das habe ich auch gesagt. Überhaupt gäbe es nichts, worüber Beth und ich uns mehr freuen würden, als wenn du und Teddy ... als wenn ihr endlich zueinanderfändet.«
Louisa atmete einmal tief durch, ehe sie erwiderte: »Teddy und ich sind gute Freunde, Onkel Holly, das ist schon wahr. Aber ich fühle mich ganz einfach noch nicht bereit für die Ehe.« Sie schluckte einmal. »Egal mit wem.«
»Es besteht ja auch keine Eile, meine Liebe. Aber solltest du irgendwann doch den Wunsch verspüren, unserem Robin eine treue Gefährtin sein zu wollen, dann -« Er überlegte
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