Symphonie der Herzen
teilen. Dieses Arrangement, dass Lu dort oben auf der Bühne stehen durfte, galt nur für eine Nacht. Die bloße Vorstellung, sie womöglich gar mit der ganzen Welt teilen zu müssen, trieb ihn bereits zur Weißglut. Nein, Louisa gehörte ihm. Ihm ganz allein. »Und ich werde nichts unversucht lassen«, murmelte er, »um sie zu meiner Frau zu machen.«
13
So viel Applaus zu bekommen ist doch das herrlichste Gefühl der Welt! Atemlos und wie benommen stand Louisa noch einen Augenblick lang auf der Bühne, nachdem bereits der letzte Vorhang gefallen war, und flüsterte vor sich hin: »Ich hab’s geschafft!« Sie legte den Kopf in den Nacken, breitete die Arme aus und schlang sie dann wieder ganz fest um sich, während der Stolz und die Freude sie schier übermannten. Sie war geradezu berauscht von ihrem Triumph, ihre Brüste kribbelten vor Erregung, und überhaupt glaubte sie gerade in höheren Sphären zu schweben. Ein warmes Gefühl der Glückseligkeit durchströmte ihren Körper, und für einige Minuten war sie der glücklichste Mensch in ganz London.
Lu war mit Abstand die Letzte, die die Bühne verließ, und als sie in die Garderobe zurückkehrte, war sie noch immer so voller Selbstvergessenheit, dass sie die hasserfüllten Blicke und das neidische Getuschel der anderen Mädchen gar nicht bemerkte.
Abrupt und ohne anzuklopfen stieß James die Tür zur Garderobe auf, in der Hand einen riesigen Strauß leuchtend roter Rosen und Nelken. »Ihr habt es geschafft!«, jubelte auch er. »Und Ihr wart wunderbar.«
Lachend schaute Lu zu ihm auf und nahm die Blumen entgegen. Dann verbarg sie einen Moment lang ihr Gesicht in den zarten Blütenblättern und atmete einmal tief den berauschenden Duft ein.
James breitete die Arme aus und zog Lu an sich, die sich wiederum seufzend gegen seine breite Brust sinken ließ und murmelte: »Ich danke Euch, James. Danke, dass Ihr das alles möglich gemacht habt.«
Die anderen Mädchen, die sich derweil ihrer Kostüme entledigten, starrten ein ums andere Mal neidvoll auf den attraktiven Adligen, der im Abendanzug und mit einem riesigen Strauß Blumen erschienen war, um Lu seine Aufwartung zu machen. Doch die beiden nahmen die anderen gar nicht wahr. Stattdessen standen sie einfach nur eng umschlungen da, während die Mädchen eines nach dem anderen die Garderobe verließen, bis Lu und James ganz allein miteinander waren.
»Lasst mich Euch aus dem Kostüm heraushelfen«, bot er ihr schließlich an.
Vorsichtig legte Lu die Blumen auf einem Tischchen ab und wandte Abercorn ihren Rücken zu. »Ich hasse es, dieses schöne Kostüm schon wieder abzulegen«, murrte sie leise, während er die Häkchen öffnete. Anschließend stieg sie rasch aus ihrem Bühnengewand heraus und schlüpfte wieder in ihren Unterrock und ihr duftiges Kleid. Dann ließ sie sich auf einem Stuhl nieder, um schließlich auch noch ihre Strümpfe überzustreifen und die Strumpfbänder anzulegen.
Galant kniete James vor ihr nieder und half ihr, in ihre Schuhe zu schlüpfen. »Euer Make-up könnt Ihr später abnehmen.« Anschließend nahm er ihren Umhang vom Haken und legte ihn ihr mit liebevoller Geste um die Schultern, ehe er ihre Hand ergriff und sie hinausgeleitete.
Louisa jedoch nahm noch rasch den Blumenstrauß auf und stellte mit Erstaunen fest, dass die Garderobe menschenleer war. »Wo sind denn all die anderen hin?«
James aber schwieg und führte sie ein letztes Mal auf die Bühne, wo sie bedächtig einen Moment hinter dem Vorhang verharrten. »Es fällt Euch sicherlich nicht leicht, Euch von hier zu verabschieden, nicht wahr?«, raunte er. »Wie wäre es also, wenn Ihr die Gelegenheit nutzt und Euch ein letztes Mal verbeugt?«
Louisa war noch immer so euphorisch gestimmt über die geglückte Vorstellung, dass in ihrem Herzen im Augenblick gar kein
Platz war für den Gedanken, dass dies ihr erster und zugleich letzter öffentlicher Auftritt gewesen war. Stattdessen sank sie in einem graziösen Knicks nieder und schenkte James ein strahlendes Lächeln, während er gedämpft applaudierte. Und sie wollte auch ganz bewusst nicht daran denken, was nun folgen würde. Nichts konnte in diesem Moment die Freude in ihrem Herzen schmälern, nichts konnte ihr ihre gute Laune nehmen. Denn dies war ein Traum, der endlich wahr geworden war, und Louisa wünschte, er würde nie enden.
Schließlich aber atmete sie einmal tief durch und besann sich auf das Arrangement, das sie mit James getroffen hatte. Zumal sie
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