Symphonie der Herzen
ist schon wieder vorbei.« Dennoch sah Louisa ihr an, welche Angst auch Georgy hatte.
Während der nächsten Stunde saßen die beiden Schwestern schweigend beieinander, während Georgy in die Handtücher blutete, die Lu ihr gebracht hatte. Als die Krämpfe schließlich fast verebbt waren, half Louisa ihr vorsichtig, aus dem Bett aufzustehen. »Hier. Leg dir das Handtuch zwischen die Beine, und drück die Oberschenkel zusammen.«
Drei Handtücher später hatte die Blutung nahezu aufgehört. Sorgsam schnitt Louisa ein frisches Tuch in kleine Streifen, dann zog sie ihrer Schwester das blutdurchtränkte Nachthemd aus und wusch sie. »Und jetzt hole ich dir wohl am besten ein frisches Hemd.« Vorsichtig zog sie Georgy das blütenweiße und gut gestärkte Nachthemd über den Kopf. »So, und die hier nimmst du als Vorlagen.« Müde, doch schon deutlich weniger besorgt reichte sie Georgy die zurechtgeschnittenen Streifen.
Auch Georgy war sichtlich erleichtert, zugleich aber zitterte sie noch immer vor lauter Entsetzen über die plötzliche Fehlgeburt. »Und du versprichst mir, dass du mich nicht verrätst, Lu, ja?«
»Ich verspreche es dir. Und morgen früh werden wir auch deine Bettwäsche noch einmal wechseln und die alten Handtücher verbrennen.«
»Und schwöre mir noch einmal, dass du niemandem verraten wirst, was hier passiert ist«, flüsterte Georgy, während ihr die Trä
nen der Erschöpfung über die Wangen rannen. »Niemand darf wissen, dass ich schwanger war. Sonst bringe ich mich um.«
»Georgy, ich schwöre dir bei meinem Leben, dass das Ganze unter uns bleiben wird. Und überhaupt solltest du wohl mittlerweile wissen, dass du mir vertrauen kannst. Niemand wird je etwas erfahren.« Mit einem Mal sah Lu, dass ihr Nachthemd und ihre Hände blutbesudelt waren; genau wie in ihrem Albtraum. Mittlerweile war auch sie so erschöpft, dass sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs stand und leise zu schluchzen begann.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet, und ihre Mutter kam herein. »Was um alles in der Welt -«
Starr blickten die drei Frauen einander an.
»O mein Liebling«, seufzte Georgina schließlich, marschierte auf Lu zu und schloss sie in die Arme. »Mein armer, armer Liebling. Du hast eine Fehlgeburt.«
»Nein, Mutter, ich -« Mit einem Mal fiel ihr Blick auf ihre Schwester, die sie mit totenbleicher Miene anstarrte, und Lu verstummte. Ich darf sie nicht enttäuschen!, mahnte Louisa sich im Stillen. Georgy hat schon einmal versucht, sich umzubringen, und sie würde es wieder tun, um dadurch dem drohenden Skandal zu entgehen. Ich muss die ganze Sache auf meine Schultern nehmen. Ich bin stärker als Georgy.
Energisch riss die Herzogin die blutdurchtränkten Bettlaken von Louisas Bett und legte frische auf. Anschließend holte sie ein sauberes Nachthemd aus der Wäschekommode und zog Lu vorsichtig das blutbesudelte Hemd über den Kopf. »Und jetzt legst du dich besser wieder hin.« Behutsam führte sie Louisa zu deren Bett hinüber, während sie Georgy einen eindringlichen Blick zuwarf. »Ihr beide hört mir jetzt einmal genau zu«, zischte sie. »Niemand darf jemals etwas davon erfahren. Niemand. Auch euer Vater nicht - nein, vor allem nicht euer Vater.« Hastig rollte sie die besudelten Handtücher, die Bettlaken und das Nachthemd zusammen. »Ich werde den Dienern sagen, dass ich die Fehlgeburt hatte. Ich hatte ja schließlich schon einmal eine. Und diese ganze Sache hier bleibt unser kleines Geheimnis. Niemand darf jemals davon erfahren.«
Georgy nickte stumm, während sie vor lauter Müdigkeit bereits leicht hin- und herschwankte. »Und du gehst jetzt besser wieder zurück ins Bett«, mahnte Georgina sie. »Ich kümmere mich von nun an um deine Schwester.«
Sie beugte sich vor und drückte Louisa einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. »Solche Dinge passieren leider, mein Liebling. Aber gemeinsam werden wir das durchstehen.«
Montagu House, London August 1894
»Nomen est omen«, murmelte die Herzoginwitwe, als sie ihre Tochter Georgianna Susan musterte, während diese sich mit forschem Schritt durch die Schar der Gäste hindurch auf sie zubewegte.
Ich hatte sie nach meiner Schwester benannt, erinnerte Lu sich. Jedoch hätte ich niemals gedacht, dass mein kleines Mädchen ihrer Tante auch noch so ähnlich sehen würde. Aber mach dir nichts daraus, Liebling. Denn auch wenn du weit davon entfernt bist, eine Schönheit zu sein, so hat dich das doch nicht daran gehindert, die fünfte Gräfin von
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