Symphonie der Herzen
was dann mit Mutter geschehen würde. Vater könnte einen weiteren Schlaganfall erleiden ...
Reglos stand sie hinter der schweren Eichentür in dem großen Salon und versuchte, sich irgendwie mit ihrem Schicksal zu arrangieren. Schließlich ließ sie die Hand langsam sinken. Nun, dann | werde ich ihn eben heiraten, überlegte sie. Das ist immer noch besser, als wenn Georgy sich das Leben nimmt. Plötzlich aber tauchte vor ihrem geistigen Auge wieder James Hamiltons grimmige Miene auf, und Lu erschauderte aufs Neue. Tue ich auch wirklich das Richtige?
»James! Wie schön, Euch zu sehen.« Mit freundlichem Lächeln erhob der Herzog von Bedford sich, kam hinter seinem Schreibtisch hervorgetreten und schüttelte Abercorn mit herzlicher Geste die Hand.
Dann hat die Herzogin also tatsächlich die Wahrheit gesagt, dachte James. Der Herzog weiß von nichts. »Euer Hoheit. Ich war gerade erst aus Irland zurückgekehrt, als mich Euer Brief erreichte.«
Höflich bat der Herzog Abercorn, sich zu setzen. »Ja, wir haben Euch in der Tat vermisst. Aber nun seid Ihr ja hier. Es gibt nämlich grandiose Neuigkeiten, was das Gesetzesvorhaben betrifft. Und ich zähle darauf, dass Ihr mich zu den Debatten ins Oberhaus begleiten werdet. Am besten sogar, wir reisen einfach alle gemeinsam wieder zurück nach London. Na, wie klingt das für Euch?«
»Das hört sich in der Tat fantastisch an«, erwiderte James. »Allerdings komme ich eigentlich wegen einer ganz anderen Sache zu Euch.«
Sofort bemerkte John Russell den geschäftsmäßigen Unterton in James’ Stimme und hob fragend eine Braue.
»Ich bin hier, um um Lady Louisas Hand anzuhalten.«
»James!«, rief der Herzog überrascht. »Aber das ist ja wundervoll. Und glaubt mir: Nichts wäre mir lieber. Ich muss gestehen, dass Louisas Mutter und ich nämlich sogar schon darauf gehofft hatten, dass Ihr und meine Tochter irgendwann zusammenfinden würdet... Auf alle Fälle haben wir vollstes Vertrauen in Euch und glauben, dass Ihr alles unternehmen werdet, um Louisa glücklich zu machen, nicht wahr?«
Von »glücklich machen« war nie die Rede gewesen, murrte James im Stillen. Denn das Glück einfangen zu wollen, das ist ungefähr genau so Erfolg versprechend, als versuchte man, das Licht der Sonne in eine Flasche einzusperren. Laut hingegen antwortete er: »Aber natürlich. Zuvor müssen sich unsere Anwälte allerdings kurz zusammensetzen und miteinander beraten - ehe wir den Ehevertrag aufsetzen können, meine ich.« Damit legte er Angus Murrays Visitenkarte auf den Schreibtisch des Herzogs. »Dies ist mein Notar und Anwalt in Edinburgh. Zudem werden wir auch noch einige Auskünfte von Rowan Maloney, meinem irischen Anwalt, benötigen. Er kümmert sich um alles, was Barons Court betrifft.«
Der Herzog von Bedford aber lachte nur. »Mein lieber James, finanzielle Abreden können meiner Erfahrung nach schnell etwas hektisch werden. Am besten, wir überlassen das Reglement den Anwälten. Ich werde meinem Notar hier in Woburn, Horace Woodfine, sagen, mit wem Ihr zusammenarbeitet, und er soll sich dann um alles Weitere kümmern.«
»Sehr schön ... Dann werde ich wiederum Mr. Murray über die geplante Vorgehensweise informieren.«
»Gut so, James. Und nun, denke ich, sollten wir auch endlich die Damen hinzubitten, nicht wahr? Jetzt dürfte ein kleiner Toast wohl angebracht sein!«
Noch immer lachend rief der Herzog seinen Butler zu sich. »Trommelt die Damen zusammen, Mr Burke. Und bringt auch gleich noch ein, zwei Flaschen Champagner mit.«
Reglos hatte Louisa durch die großflächigen Fenster des Blauen Salons nach draußen gestarrt - und hatte doch nichts gesehen. Erst jetzt, da hinter ihr die Tür geöffnet wurde, erwachte sie aus ihrer Trance und wirbelte herum. Das herzliche Lächeln ihres Vaters schien sich vom einen Ohr bis zum anderen zu erstrecken; nur Abercorn blieb ernst. Und auch Georginas Gesichtsausdruck war nur schwer zu deuten, während Georgys Blick neugierig vom einen zum anderen schweifte und Mr Burke leise lächelnd zwei Flaschen Champagner öffnete.
Vorsichtig füllte der Butler eines nach dem anderen die kostbaren Kristallgläser, welche der Herzog wiederum mit galanter Geste an seine Familie weiterreichte. »Meine Lieben, dies ist ein ganz besonderer Tag«, verkündete er. »James Hamilton hat soeben um die Hand unserer lieben Louisa angehalten, und ich habe mein Einverständnis zu der Eheschließung gegeben.« Damit hob er sein Glas. »Auf das glückliche
Weitere Kostenlose Bücher