Symphonie der Herzen
Unverschämt! Mein Angebot, die Kosten für die Renovierungsarbeiten und die neuen Möbel eures Stadthauses am Cavendish Square zu tragen, hat sie jedoch nicht abgelehnt.«
»Das ist ja auch in der Tat überaus großzügig von dir, Georgina, und ich danke dir vielmals. Ich denke also, dass du dir Bessys Animositäten wahrscheinlich bloß einbildest.«
»Nein, das tue ich nicht. Nicht zuletzt hat sie mir ja sogar vorgeworfen, die Erkrankung deines Vaters >aufzubauschen<. So schlimm stände es ja gar nicht um ihn. Aber lassen wir das. Ich für meinen Teil bin einfach nur froh, dass sich sein Zustand schon wieder so weit gebessert hat. Und ich freue mich, dass du gekommen bist, um ihn zu sehen. Zumal du nun ja auch auf Dauer in England bleiben willst, nicht wahr?«
Langsam wandte Lu sich wieder ab und ging in die gleiche Richtung zurück, aus der sie gekommen war. Bessy kapiert einfach nicht, dass es Vater nur deswegen schon wieder so viel besser geht, weil Mutter sich so aufopferungsvoll um ihn gekümmert hat!, dachte sie wütend. Doch sie kam nicht weit mit ihren stummen Hasstiraden gegen ihre Schwägerin, denn völlig unvermittelt kam selbige plötzlich aus der Bibliothek von Lus Vater getreten und baute sich vor Lu auf.
»Louisa, wie nett, dich zu sehen. Ich habe gerade ein bisschen Zeit mit Seiner Hoheit verbracht. Ich bin gerne bei ihm. Er ist so galant und so ... umgänglich.«
»Ja, sein Gesundheitszustand hat sich in den letzten Monaten enorm gebessert. Und das verdanken wir allein meiner Mutter, die sich so liebevoll um ihn gekümmert hat. Unentwegt hat sie an seinem Bett gewacht, nicht selten sogar vierundzwanzig Stunden am Stück, bis langsam eine Besserung in Sicht war. Sie hat sich fürchterliche Sorgen um ihn gemacht.«
»Absolut verständlich, dass deine Mutter Angst gehabt hat«, entgegnete Elizabeth erstaunlich verständnisvoll, wechselte dann, nach einem knappen Lächeln, aber auch schon wieder das Thema: »Wo steckt denn eigentlich mein kleiner Hastings?«
»Ich schätze, er ist unten am Fluss. Gemeinsam mit meinen Brüdern. Ich kann dich ja hinbringen, wenn du das möchtest.« Zuvorkommend bot sich Lu ihrer Schwägerin an und führte sie dann im Gleichschritt den Korridor hinab in Richtung Garten.
»Wie gesagt«, ergriff Bessy schließlich als Erste wieder das Wort, »kein Wunder, dass deine Mutter schier außer sich vor lauter Sorgen war. Denn wo hätte sie denn auch hingesollt, wenn der Herzog gestorben wäre, nicht wahr? Sie und ihre zahlreichen Kinder.«
Empfindlich getroffen zuckte Louisa zusammen und musste sich regelrecht zwingen, um gemessenen Schrittes weiterzugehen. »Wie meinst du das?«
»Aber das liegt doch auf der Hand, meine Liebe: Sollte dein Vater irgendwann sterben, dann wäre deine Mutter quasi mittellos. Denn dann erbt Francis, Herzog Russells ältester Sohn, nicht nur den Titel, sondern auch Woburn Abbey, das Geld und all die Häuser und Besitztümer, die sonst noch dazugehören. Es ist also nur verständlich, dass deine Mutter alles tut, um den Herzog, so lange es noch irgend geht, am Leben zu erhalten.«
»Wie kannst du es nur wagen, derart abschätzig und gehässig über meine Eltern zu reden? Meine Eltern lieben einander. Darum kümmert Mutter sich um Vater.«
»Wie dem auch sei. In jedem Fall besteht kein Zweifel daran, dass dein Vater sie regelrecht vergöttert. Was sie sich auch wünscht: Ihr Wunsch ist ihm Befehl. Und darum zahlt es sich für sie am Ende ja doch irgendwo aus, wenn er noch nicht so schnell verstirbt.«
Nun war es mit Louisas Geduld endgültig vorbei. Wütend blieb sie ganz in der Nähe von Georginas Salon stehen und stemmte die Hände in die Hüften. »Elizabeth, ich denke, du findest den Weg in den Garten auch ohne mich. Und sowieso ist Hastings meist schon von Weitem zu hören: Er ist der, der so schrill kreischt wie ein Mädchen.« Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und betrat energischen Schrittes den Salon von Georgina Russell.
»Ah, da bist du ja, William«, steuerte sie geradewegs auf ihren Stiefbruder zu und improvisierte rasch: »Bessy zieht es nach unten an den See. Sie hat Sehnsucht nach ihrem Kind. Am besten, du begleitest sie.« Energisch nahm sie William einfach den kleinen Teller und das leere Weinglas aus den Händen und stellte beides mit Nachdruck auf dem Teewagen ab.
William lächelte ein wenig verwundert, erhob sich aber gehorsam von seinem Platz und erwiderte: »Dann sollte ich sie wohl tatsächlich besser begleiten.
Weitere Kostenlose Bücher