Symphonie der Herzen
können, nämlich das Haus unseres Ehemannes?«
»Ja, Lu, das ist ja nichts Neues. Dumm nur, dass ich schon fast zwanzig bin. Mir bleibt wesentlich weniger Zeit, einen passenden Mann zu finden, als dir.«
»Und wenn wir uns weigern zu heiraten, dann stehen wir irgendwann mit leeren Händen da.« Louisa war ehrlich empört.
»Also, was mich betrifft, so werde ich mich bestimmt nicht sträuben zu heiraten. Stattdessen werde ich mich jedem einzelnen Mann, der mir begegnet, an die Fersen heften, bis ich den Passenden gefunden habe. Ich sage dir: Das wird ein Spaß! Auf alle Fälle deutlich lustiger, als irgendwann als alte Jungfer dazustehen.«
»Ich will aber keinen Herrn und Meister, der mich nur als seine Zuchtstute ansieht. Viel lieber wäre ich Tänzerin. Ja, genau, ich würde nach wie vor liebend gern auf der Bühne stehen. Immer noch besser, als als Ehefrau und Mutter zu enden.«
»Aber selbst eine Tänzerin kann nicht überleben, wenn sie nicht einen Mann im Hintergrund hat, der ihre Rechnungen bezahlt. Die so genannten Künstlerinnen haben doch allesamt ihre Liebhaber, die für ihre Wohnungen, ihre Kleidung und ihre Kutschen aufkommen und was die Damen sonst noch so haben.«
»Liebhaber? Du meinst Männer, die erwarten, dass man mit ihnen schläft?«
»Männer, die als Gegenleistung für ihre Großzügigkeit sexuelle Dienste erwarten. Ganz recht. Bitte, Lu, jetzt spiel nicht die Naive. Ich jedenfalls schnappe mir da lieber irgendeinen braven Ehemann. Die sind nämlich ziemlich gefügig, wenn man erst mal weiß, wie man sie anzupacken hat.«
Ungläubig starrte Louisa auf das von Grasflecken übersäte Kleid ihrer Schwester und schluckte einmal hart. »Ein kleiner Tipp am Rande, Georgy: Du solltest dir vor dem Abendessen besser ein anderes Kleid anziehen. Wenn Vater herausfindet, was für eine Art von Umgang du mit den Pferdeknechten pflegst, dann ist hier aber die Hölle los.«
»Wie, bitte schön, soll er das denn herausfinden, hmm? Ich meine, solange du es ihm nicht erzählst. Und davon mal abgesehen mache ich auch nichts anderes als Mutter. Alles, was ich weiß, habe ich mir von ihr abgeschaut. Kein Mann kann ihr widerstehen. Und Mutter wiederum hat auch ihren Spaß daran, sich umschwärmen zu lassen. Dick ist für mich also nur eine Art Testobjekt.«
»Sich umschwärmen zu lassen ist ja auch noch nichts Verbotenes. Onkel Holly hat sogar schon ganze Gedichte über Mutters Schönheit verfasst. Das ist rein platonisch.«
»Platonisch?«, spottete Georgy. »Dass,ich nicht lache. Glaub mir, diese so genannte platonische Liebe< gibt es nicht.«
Angewidert wechselte Louisa das Thema. »Was wünschst du dir denn eigentlich zu deinem Geburtstag?«
Verschwörerisch zwinkerte ihre Schwester ihr zu. »Was ich mir wünsche und was ich bekommen werde, das sind wohl zwei ganz unterschiedliche Dinge. Denn am liebsten hätte ich eine ganze Reihe von Verehrern, die mir den Hof machen.« Sie seufzte. »Aber da muss ich wohl noch ein bisschen warten. Und bis es so weit ist, werde ich mich eben mit Dick begnügen.«
Wenige Tage später hatte Edwin Landseer Louisas Porträt fertiggestellt und ließ sie sein Kunstwerk zum ersten Mal sehen.
»Oh, Lanny, auf dem Bild da bin ich ja richtig ... schön. Ihr schmeichelt mir!« Ihr Puls raste, und fast schon glaubte sie, ihren eigenen Herzschlag zu hören.
»Ich habe bloß Eure natürliche Schönheit auf Leinwand gebannt, meine Liebe: Die rosige Frische der Jugend, die Eure Wangen überhaucht; Euer schlanker, elegant geschwungener Hals; und die knospende Weiblichkeit, die sich hinter Eurer Unschuld erahnen lässt.«
Louisa stockte der Atem. Ich glaube, ich liebe Euch, dachte sie verzückt. Erwartungsvoll beugte sie sich zu dem jungen Maler vor, stolperte dann aber etwas unglücklich über ihre Ballettschläppchen.
»Vorsicht! Nicht umkippen«, lachte Lanny unbekümmert und packte sie fest an den Schultern. Gleich darauf aber ließ er sie auch schon wieder los und nahm das fertige Bild von der Staffelei. »Kommt, lasst uns losgehen und Eure Mutter suchen. Sie will das Bild bestimmt auch sehen.«
Louisas Haut kribbelte regelrecht an den Stellen, wo seine starken Hände sie berührt hatten, und schier außer sich vor lauter Erregung dachte sie: Er hat mich berührt! Er hat mich tatsächlich berührt! Und bestimmt hätte er mich auch noch geküsst, wenn er nicht Sorge gehabt hätte, dass ich womöglich aus meinen verdammten Ballettschuhen kippe.
Sie fanden Georgina
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